Europäisches Übereinkommen über die Ausübung von Kinderrechten

Europäisches Übereinkommen über die Ausübung von Kinderrechten

25. Januar 1996 (vollständigen)

Präambel

Die Mitgliedstaaten des Europarats und die anderen Staaten, die dieses Übereinkommen unterzeichnen,

in der Erwägung, daß es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen;

im Hinblick auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, insbesondere Artikel 4, der die Vertragsstaaten verpflichtet, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung der in dem genannten Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen;

in Anbetracht des Inhalts der Empfehlung 1121 (1990) der Parlamentarischen Versammlung über die Rechte des Kindes;

überzeugt, daß die Rechte und das Wohl von Kindern gefördert werden und Kinder zu diesem Zweck Gelegenheit haben sollten, ihre Rechte insbesondere in sie berührenden familienrechtlichen Verfahren auszuüben;

in der Erkenntnis, daß Kinder sachdienliche Auskünfte erhalten sollten, damit diese Rechte und dieses Wohl gefördert werden können, und daß die Meinung der Kinder gebührend berücksichtigt werden sollte;

in Anerkennung der Bedeutung der Rolle der Eltern beim Schutz und bei der Förderung der Rechte und des Wohls von Kindern und in der Erwägung, daß die Staaten sich erforderlichenfalls auch an diesem Schutz und dieser Förderung beteiligen sollten;

in der Erwägung jedoch, daß es im Konfliktfall wünschenswert ist, daß die Familien sich zu einigen versuchen, ehe sie die Angelegenheit einer Justizbehörde unterbreiten,

Sind wie folgt übereingekommen:

Kapitel I – Anwendungsbereich und Ziel des Übereinkommens sowie Begriffsbestimmungen

Artikel 1 – Anwendungsbereich und Ziel des Übereinkommens

1. Dieses Übereinkommen ist auf Kinder anzuwenden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

2. Ziel dieses Übereinkommens ist es, zum Wohl von Kindern deren Rechte zu fördern, ihnen prozessuale Rechte zu gewähren und die Ausübung dieser Rechte zu erleichtern, indem sichergestellt wird, daß Kindern selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Stellen in Kinder berührenden Verfahren vor einer Justizbehörde Auskunft erteilt und die Teilnahme gestattet wird.

3. Im Sinn dieses Übereinkommens sind Kinder berührende Verfahren vor einer Justizbehörde familienrechtliche Verfahren, insbesondere in bezug auf die Ausübung der elterlichen Verantwortung, zum Beispiel die Bestimmung des Aufenthalts von Kindern und den persönlichen Umgang mit ihnen.

4. Jeder Staat gibt bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung mindestens drei Arten von familienrechtlichen Verfahren vor einer Justizbehörde an, auf die dieses Übereinkommen anzuwenden ist.

5. Jede Vertragspartei kann durch eine weitere Erklärung zusätzliche Arten familienrechtlicher Verfahren angeben, auf die dieses Übereinkommen anzuwenden ist, oder Auskünfte über die Anwendung des Artikels 5, des Artikels 9 Absatz 2, des Artikels 10 Absatz 2 und des Artikels 11 erteilen.

6. Dieses Übereinkommen hindert die Vertragsparteien nicht, Regeln anzuwenden, die für die Förderung und die Ausübung von Kinderrechten günstiger sind.

Artikel 2 – Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Übereinkommens bedeutet:

1. „Justizbehörde“ ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde mit entsprechenden Befugnissen;

2. „Träger elterlicher Verantwortung“ Eltern und andere Personen oder Stellen, die berechtigt sind, elterliche Verantwortung teilweise oder in vollem Umfang auszuüben;

3. „Vertreter“ eine Person, zum Beispiel einen Rechtsanwalt, oder eine Stelle, die bestellt ist, ein Kind vor einer Justizbehörde zu vertreten;

4. „sachdienliche Auskünfte“ Auskünfte, die dem Alter und dem Verständnis des Kindes angemessen sind und die erteilt werden, um es zu befähigen, seine Rechte in vollem Umfang auszuüben, sofern nicht die Erteilung solcher Auskünfte dem Wohl des Kindes widerspricht.

Kapitel II – Verfahrensrechtliche Maßnahmen zur Förderung der Ausübung von Kinderrechten

A. Verfahrensrechte eines Kindes

Artikel 3 – Recht, in Verfahren Auskunft zu erhalten und seine Meinung zu äußern

Einem Kind, das nach innerstaatlichem Recht als hinreichend verständig angesehen wird, werden in es berührenden Verfahren vor einer Justizbehörde folgende Rechte gewährt, die zu verlangen es berechtigt ist:

1. alle sachdienlichen Auskünfte zu erhalten;

2. angehört zu werden und seine Meinung zu äußern;

3. über die möglichen Folgen einer Berücksichtigung seiner Meinung und die möglichen Folgen einer Entscheidung unterrichtet zu werden.

Artikel 4 – Recht, die Bestellung eines besonderen Vertreters zu beantragen

1. Vorbehaltlich des Artikels 9 hat ein Kind das Recht, persönlich oder mit Hilfe anderer Personen oder Stellen einen besonderen Vertreter in einem es berührenden Verfahren vor einer Justizbehörde zu beantragen, soweit nach innerstaatlichem Recht die Träger elterlicher Verantwortung wegen eines Interessenkonflikts zwischen ihnen und dem Kind von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sind.

2. Es steht den Staaten frei, das in Absatz 1 vorgesehene Recht auf Kinder zu beschränken, die nach innerstaatlichem Recht als hinreichend verständig angesehen werden.

Artikel 5 – Andere mögliche Verfahrensrechte

Die Vertragsparteien erwägen, Kindern in bezug auf sie berührende Verfahren vor einer Justizbehörde zusätzliche Verfahrensrechte zu gewähren, insbesondere:

1. das Recht, den Beistand einer geeigneten Person ihrer Wahl zu beantragen, die ihnen hilft, ihre Meinung zu äußern;

2. das Recht, selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Stellen die Bestellung eines gesonderten Vertreters, in geeigneten Fällen eines Rechtsanwalts, zu beantragen;

3. das Recht, ihren Vertreter selbst zu bestellen;

4. das Recht, in diesen Verfahren die Rechte von Verfahrensparteien teilweise oder in vollem Umfang auszuüben.

B. Aufgaben der Justizbehörden

Artikel 6 – Entscheidungsprozeß

Bevor die Justizbehörde in einem ein Kind berührenden Verfahren eine Entscheidung trifft:

1. hat sie zu prüfen, ob sie über hinreichende Auskünfte verfügt, um eine Entscheidung zum Wohl des Kindes zu treffen, und erforderlichenfalls insbesondere bei den Trägern elterlicher Verantwortung weitere Auskünfte einzuholen;

2. hat sie, sofern das Kind nach innerstaatlichem Recht als hinreichend verständig angesehen wird:

* sicherzustellen, daß das Kind alle sachdienlichen Auskünfte erhalten hat,

* in geeigneten Fällen das Kind persönlich, erforderlichenfalls unter vier Augen, selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Stellen in einer dem Verständnis des Kindes angemessenen Weise anzuhören, sofern dies nicht dem Wohl des Kindes offensichtlich widersprechen würde,

* dem Kind zu erlauben, seine Meinung zu äußern;

3. hat sie die von dem Kind geäußerte Meinung gebührend zu berücksichtigen.

Artikel 7 – Pflicht zu zügigem Handeln

In einem ein Kind berührenden Verfahren hat die Justizbehörde zügig zu handeln und unnötige Verzögerungen zu vermeiden; es müssen Verfahren zur Verfügung stehen, die sicherstellen, daß ihre Entscheidungen schnell vollzogen werden. In dringenden Fällen ist die Justizbehörde befugt, gegebenenfalls Entscheidungen zu treffen, die sofort vollziehbar sind.

Artikel 8 – Handeln von Amts wegen

In Verfahren, die ein Kind berühren, ist die Justizbehörde befugt, in den nach innerstaatlichem Recht bestimmten Fällen, in denen das Wohl des Kindes ernstlich gefährdet ist, von Amts wegen zu handeln.

Artikel 9 – Bestellung eines Vertreters

1. In einem ein Kind berührenden Verfahren, in dem nach innerstaatlichem Recht die Träger elterlicher Verantwortung wegen eines Interessenkonflikts zwischen ihnen und dem Kind von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sind, ist die Justizbehörde befugt, für das Kind in diesem Verfahren einen besonderen Vertreter zu bestellen.

2. Die Vertragsparteien erwägen vorzusehen, daß die Justizbehörde in einem ein Kind berührenden Verfahren befugt ist, einen gesonderten Vertreter, in geeigneten Fällen einen Rechtsanwalt, zu bestellen, damit er das Kind vertritt.

C. Aufgaben der Vertreter

Artikel 10

1. In einem ein Kind berührenden Verfahren vor einer Justizbehörde hat der Vertreter, sofern dies nicht dem Wohl des Kindes offensichtlich widersprechen würde:

1. dem Kind, wenn es nach innerstaatlichem Recht als hinreichend verständig angesehen wird, alle sachdienlichen Auskünfte zu erteilen;

2. dem Kind, wenn es nach innerstaatlichem Recht als hinreichend verständig angesehen wird, Erläuterungen zu den möglichen Folgen einer Berücksichtigung seiner Meinung und zu den möglichen Folgen einer Handlung des Vertreters zu geben;

3. die Meinung des Kindes festzustellen und der Justizbehörde diese Meinung vorzutragen.

2. Die Vertragsparteien erwägen, Absatz 1 auf die Träger elterlicher Verantwortung zu erstrecken.

D. Erweiterung des Anwendungsbereichs einiger Bestimmungen

Artikel 11

Die Vertragsparteien prüfen, ob die Anwendung der Artikel 3, 4 und 9 auf Kinder berührende Verfahren vor anderen Stellen und auf Kinder berührende Angelegenheiten, die nicht Gegenstand eines Verfahrens sind, erweitert werden kann.

E. Innerstaatliche Stellen

Artikel 12

1. Die Vertragsparteien unterstützen durch Stellen, die unter anderem die in Absatz 2 genannten Aufgaben erfüllen, die Förderung und die Ausübung von Kinderrechten.

2. Diese Aufgaben sind:

1. Vorschläge zur Stärkung der Rechtsvorschriften über die Ausübung von Kinderrechten zu machen;

2. Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen über die Ausübung von Kinderrechten abzugeben;

3. den Medien, der öffentlichkeit sowie Personen und Stellen, die mit Fragen in bezug auf Kinder befaßt sind, allgemeine Auskünfte über die Ausübung von Kinderrechten zu geben;

4. die Meinung von Kindern einzuholen und ihnen sachdienliche Auskünfte zu geben.

F. Sonstige Angelegenheiten

Artikel 13 – Vermittlungs- oder andere Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten

Um Streitigkeiten vorzubeugen oder sie beizulegen oder um Kinder berührende Verfahren vor einer Justizbehörde zu vermeiden, fördern die Vertragsparteien in von ihnen zu bestimmenden geeigneten Fällen die Schaffung von Vermittlungsmöglichkeiten oder anderen Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten und deren Anwendung, um eine Einigung zu erzielen.

Artikel 14 – Prozeßkosten- und Beratungshilfe

Ist nach innerstaatlichem Recht Prozeßkosten- oder Beratungshilfe für die Vertretung von Kindern in sie berührenden Verfahren vor einer Justizbehörde vorgesehen, so werden solche Bestimmungen in bezug auf die in den Artikeln 4 und 9 erfaßten Angelegenheiten angewendet.

Artikel 15 – Verhältnis zu anderen internationalen übereinkünften

Dieses Übereinkommen schränkt die Anwendung anderer internationaler übereinkünfte nicht ein, die bestimmte Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz von Kindern und Familien zum Gegenstand haben und denen eine Vertragspartei dieses Übereinkommens als Vertragspartei angehört oder angehören wird.

Kapitel III – Ständiger Ausschuß

Artikel 16 – Einsetzung und Aufgaben des Ständigen Ausschusses

1. Für die Zwecke dieses Übereinkommens wird ein Ständiger Ausschuß eingesetzt.

2. Der Ständige Ausschuß überprüft Probleme im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen. Er kann insbesondere:

1. einschlägige Fragen betreffend die Auslegung oder Durchführung des Übereinkommens prüfen. Die Schlußfolgerungen des Ständigen Ausschusses betreffend die Durchführung des Übereinkommens können die Form einer Empfehlung haben; Empfehlungen werden mit Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen angenommen;

2. änderungen des Übereinkommens vorschlagen und nach Artikel 20 vorgeschlagene änderungen prüfen;

3. die innerstaatlichen Stellen, die Aufgaben nach Artikel 12 Absatz 2 wahrnehmen, beraten und unterstützen sowie die internationale Zusammenarbeit zwischen diesen Stellen fördern.

Artikel 17 – Zusammensetzung

1. Jede Vertragspartei kann im Ständigen Ausschuß durch einen oder mehrere Delegierte vertreten sein. Jede Vertragspartei hat eine Stimme.

2. Jeder in Artikel 21 bezeichnete Staat, der nicht Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, kann im Ständigen Ausschuß durch einen Beobachter vertreten sein. Dasselbe gilt für jeden anderen Staat oder für die Europäische Gemeinschaft, nachdem sie nach Artikel 22 zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladen worden sind.

3. Sofern eine Vertragspartei nicht spätestens einen Monat vor der Tagung dem Generalsekretär ihren Einspruch mitgeteilt hat, kann der Ständige Ausschuß zur Teilnahme an allen seinen Tagungen, an einer Tagung oder an einem Teil einer Tagung als Beobachter einladen:

* jeden Staat, der nicht in Absatz 2 bezeichnet ist;

* den Ausschuß der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes;

* die Europäische Gemeinschaft;

* jede internationale staatliche Stelle;

* jede internationale nichtstaatliche Stelle mit einer oder mehreren in Artikel 12 Absatz 2 genannten Aufgaben;

* jede nationale staatliche oder nichtstaatliche Stelle mit einer oder mehreren in Artikel 12 Absatz 2 genannten Aufgaben.

4. Der Ständige Ausschuß kann mit den einschlägigen Organisationen, die mit der Ausübung von Kinderrechten befaßt sind, Informationen austauschen.

Artikel 18 – Tagungen

1. Der Generalsekretär des Europarats lädt den Ständigen Ausschuß am Ende des dritten Jahres nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens und danach jederzeit von sich aus zu einer Tagung ein.

2. Beschlüsse können im Ständigen Ausschuß nur gefaßt werden, wenn mindestens die Hälfte der Vertragsparteien anwesend ist.

3. Vorbehaltlich der Artikel 16 und 20 faßt der Ständige Ausschuß seine Beschlüsse mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder.

4. Vorbehaltlich dieses Übereinkommens gibt sich der Ständige Ausschuß eine Geschäftsordnung und bestimmt die Geschäftsordnung einer gegebenenfalls zur Wahrnehmung aller geeigneten Aufgaben nach dem Übereinkommen eingesetzten Arbeitsgruppe.

Artikel 19 – Berichte des Ständigen Ausschusses

Nach jeder Tagung übersendet der Ständige Ausschuß den Vertragsparteien und dem Ministerkomitee des Europarats einen Bericht über seine Beratungen und die gefaßten Beschlüsse.

Kapitel IV – änderungen des Übereinkommens

Artikel 20

1. Jede von einer Vertragpartei oder dem Ständigen Ausschuß vorgeschlagene änderung der Artikel dieses Übereinkommens wird dem Generalsekretär des Europarats übermittelt und von ihm mindestens zwei Monate vor der nächsten Tagung des Ständigen Ausschusses den Mitgliedstaaten des Europarats, jedem Unterzeichner, jeder Vertragspartei, jedem nach Artikel 21 zur Unterzeichnung des Übereinkommens eingeladenen Staat und jedem Staat oder der Europäischen Gemeinschaft, die nach Artikel 22 zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladen worden sind, übersandt.

2. Jede nach Absatz 1 vorgeschlagene änderung wird vom Ständigen Ausschuß geprüft, der den mit Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen angenommenen Wortlaut dem Ministerkomitee zur Genehmigung vorlegt. Nach seiner Genehmigung wird dieser Wortlaut den Vertragsparteien zur Annahme übersandt.

3. Jede änderung tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von einem Monat nach dem Tag folgt, an dem alle Vertragsparteien dem Generalsekretär mitgeteilt haben, daß sie die änderung angenommen haben.

Kapitel V – Schlußbestimmungen

Artikel 21 – Unterzeichnung, Ratifikation und Inkrafttreten

1. Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats und für die Nichtmitgliedstaaten, die an seiner Ausarbeitung beteiligt waren, zur Unterzeichnung auf.

2. Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.

3. Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem drei Staaten, darunter mindestens zwei Mitgliedstaaten des Europarats, nach Absatz 2 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.

4. Für jeden Unterzeichner, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.

Artikel 22 – Nichtmitgliedstaaten und die Europäische Gemeinschaft

1. Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats von sich aus oder auf Vorschlag des Ständigen Ausschusses und nach Konsultierung der Vertragsparteien durch einen mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit gefaßten Beschluß und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben, jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats, der an der Ausarbeitung des Übereinkommens nicht beteiligt war, sowie die Europäische Gemeinschaft einladen, dem Übereinkommen beizutreten.

2. Für jeden beitretenden Staat oder die Europäische Gemeinschaft tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.

Artikel 23 – Räumlicher Geltungsbereich

1. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.

2. Jede Vertragspartei kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes andere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken, für dessen internationale Beziehungen sie verantwortlich ist oder für das sie Verpflichtungen eingehen kann. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.

3. Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.

Artikel 24 – Vorbehalte

Vorbehalte zu diesem Übereinkommen sind nicht zulässig.

Artikel 25 – Kündigung

1. Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.

2. Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.

Artikel 26 – Notifikationen

Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates, jedem Unterzeichner, jeder Vertragspartei und jedem anderen Staat oder der Europäischen Gemeinschaft, die zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladen worden sind:

1. jede Unterzeichnung;

2. jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;

3. jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach Artikel 21 oder 22;

4. jede nach Artikel 20 angenommene änderung und den Tag, an dem sie in Kraft tritt;

5. jede nach den Artikeln 1 und 23 abgegebene Erklärung;

6. jede Kündigung nach Artikel 25;

7. jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu Straßburg am 25. Januar 1996 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats, den Nichtmitgliedstaaten, die an der Ausarbeitung dieses Übereinkommens beteiligt waren, der Europäischen Gemeinschaft und allen zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.