ISIS rekrutiert Kindersoldaten in alarmierendem Umfang, was bedeutet dies für die Zukunft der Terrororganisation?
Laut jüngsten Untersuchungen rekrutiert der IS immer mehr Kindersoldaten. Es ist beunruhigend zu sehen, dass Kinder zunehmend an der Seite von Erwachsenen kämpfen. Dies stellt eine neue Entwicklung der Taktik bezüglich Kindersoldaten dar.
Der Einsatz von Kindersoldaten vonseiten militanter Gruppen
Weltweit rekrutieren gewaltbereite extremistische Gruppierungen Kindersoldaten in alarmierendem Ausmaß – damals als auch heute. Die pakistanischen Taliban, die Huthi-Rebellen im Jemen und die libanesische Hisbollah sind nur einige Beispiele extremistischer Rebellengruppen aus der heutigen Zeit, die Kindersoldaten für militärische und propagandistische Zwecke mobilisieren.
Die UN definiert Kindersoldaten als all jene, die unter 18 Jahre alt sind und von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden, um dann in verschiedenen Funktionen tätig zu sein – hierunter fällt beispielsweise auch die sexuelle Ausbeutung von Kindersoldaten. Kindersoldaten werden ganz nach Tradition zwangsverpflichtet, um Verluste auf dem Schlachtfeld auszugleichen oder um einen besonderen psychologischen Effekt beim Gegner auszulösen, der womöglich nicht darauf vorbereitet ist, gegen Kinder zu kämpfen. Ein weiteres Anliegen gewaltbereiter extremistischer Gruppierungen ist der Missbrauch von Kindersoldaten zu Propagandazwecken, um sich weltweit mediale Aufmerksamkeit zu sichern – und der IS bildet hier keine Ausnahme.
Der Islamische Staat und der Einsatz von Kindersoldaten
Der IS entführt, kauft und versklavt Kinder, um sie dann zum Beitritt in die militante Gruppe zu zwingen. Die UN schätzt, dass im Mai 2015 800-900 Kinder in Mossul (Irak) vom IS verschleppt wurden. Darüber hinaus geben einige Eltern ihre Kinder auch in die Hände des IS, der sie mit der propagandistischen Losung lockt, ‚richtige Männer‘ aus den Jungen zu machen – Anführer der ‚nächsten Generation‘. In einigen Gebieten in Syrien und im Irak, die unter der Kontrolle des IS sind, sind die Schüler und Studenten gezwungen, den Extremisten die Treue zu schwören, um ihre Ausbildung absolvieren zu können. Einmal in den Fängen des IS, werden die Kinder religiöser Indoktrination unterzogen und diejenigen, die älter als 10 Jahre sind, müssen ein militärisches Training absolvieren. Andersdenkende werden entweder so lange geschlagen, bis sie sich der IS-Doktrin unterordnen oder sie werden ermordet.
In den Gebieten in Syrien und im Irak, die unter der Kontrolle des IS stehen, werden massenhaft Kindersoldaten eingesetzt
Forscher der Georgia State University haben die Propaganda des IS analysiert, um mehr über die Nationalität, das Alter, die Funktion beim IS und die Todesursache junger Kindersoldaten herauszufinden. Mithilfe des Propaganda-Materials bestätigten sie den Tod von 89 Jungen im Alter von 8 bis 18 Jahren, vorwiegend syrischer oder irakischer Herkunft. Eine besonders verstörende ‚Taktik‘ ist der Missbrauch von Kindern als ‘inghimasis’: Kinder, die zunächst eine feindliche Gruppe angreifen, um sich Sekunden später in die Luft zu sprengen. Sie machten 20 Prozent der untersuchten Todesfälle aus.
Den Daten zufolge ist der Rückgriff auf Kindersoldaten beim IS sehr viel umfangreicher als bei anderen Gruppierungen dieser Art ‚üblich‘. Den Daten zufolge verfügten sie 2015 über drei Mal so viele Kindersoldaten wie noch 2014. Laut Berichten gab es 2015 doppelt so viele Kindersoldaten wie 2014. Dahinter steckt vermutlich das avisierte Ziel des IS, sich als legitimes und dauerhaftes Staatsgebilde zu präsentieren – indem er schon heute die ‚nächste Generation‘ für seine Zwecke indoktriniert und instrumentalisiert, so die Hoffnung des IS, wird es in Zukunft schwieriger sein, ihn komplett zu eliminieren.
Die Auswirkungen auf die Kinder
Die körperlichen und psychologischen Auswirkungen von Kriegen auf Kinder sind immens. Die Folgen von Kriegen können bei Kindern dauerhaft Schäden hinterlassen, verursacht durch die Häufung unzähliger traumatischer Erfahrungen. Kindersoldaten leben oftmals in konstanter Angst, sie riskieren vergewaltigt, gefoltert oder getötet zu werden, falls sie versuchen zu fliehen; und weil sie kontinuierlich Gewalt ausgesetzt sind, können sie irgendwann abstumpfen.
Während des Trainings schüren Mitglieder des IS Hass auf Nichtgläubige in den Kindersoldate, die beim IS auch als “Caliphate Cubs” (Kalifat-Welpen) bezeichnet werden. Das ist eine erschreckend effektive Taktik, da Kinder sich mitten in ihrer moralischen Entwicklung befinden und der IS somit mühelos Misstrauen gegenüber beliebigen Menschen hervorrufen kann, die eigenen Eltern miteingeschlossen. Kindersoldaten, die für den IS kämpfen, tun dies an der Seite von Erwachsenen: eine seltene und verstörende Entwicklung, die das besondere Moment des Kindseins völlig außen vor lässt. Das Alter der Kinder wird in Propagandavideos zumeist nicht erwähnt, was vermuten lässt, dass zwischen Kinder- und gewöhnlichen Soldaten kein Unterschied gemacht wird.
Ein junger Syrer, der unter ärmsten Bedingungen lebt
Als Soldaten verpassen junge Kinder die entscheidendsten Jahre ihrer Bildung, was die Reintegration in die Gesellschaft am Ende von Kriegen extrem schwierig macht. und kriminelles bzw. antisoziales Verhalten befördert. Was Menschenrechtsorganisationen und NGOs am meisten Sorge bereitet, ist, dass es für die internationale Staatengemeinschaft sehr schwer sein wird, die Kinder nach ihrem Leben unter der Herrschaft des IS zu resozialisieren, da die Werte, die normalerweise greifen – Religion und Familie – bereits durch den IS manipuliert und verfälscht worden sind. Es wird erwartet, dass der erhöhte militärische Druck aus dem In- und Ausland auf den IS dazu führen wird, dass noch mehr Kindersoldaten eingesetzt werden. Diese große Zahl an Kindersoldaten ist bislang beispiellos und macht es umso schwieriger, die langfristigen, globalen Folgen dieser groß angelegten Indoktrination seitens des IS vorherzusagen.
Written by : Agnes Collet Translated by : Melek Bazgan Proofread by : Jana Kärgel |
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Promotional sentence:
Der IS setzt in großem Umfang auf den Einsatz von Kindersoldaten, um durch die Ausbildung der ‚nächsten Generation‘ sein langfristiges Überleben sicherzustellen.
Übersetzt von Melek Bazgan
Korrektur gelesen von Jana Kärgel
