Saudi-Arabiens unbeugsame Position zu Folter und Todesstrafe für Jugendliche

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Momentan warten in Saudi-Arabien mindestens vier Personen wegen Straftaten, die sie als Minderjährige begangen haben, auf ihre Hinrichtung durch Enthauptung oder Kreuzigung. Saudi-Arabien muss im Jugendstrafrecht angemessene Standards einhalten.

 

Eine Vertragspartei der UN-Kinderrechtskonvention

Obwohl das Königreich Saudi-Arabien eine Vertragspartei der UN-Kinderrechtskonvention ist, verhindern seine Vorbehalte gegen dieses juristische Instrument, dass verschiedene Aspekte der Bedürfnisse und Interessen von Kindern in angemessener Weise angegangen werden.

Saudi-Arabien begründet seine Zurückhaltung mit dem Vorrang des islamischen Rechts gegenüber dem internationalen Übereinkommen.

Trotz Saudi-Arabiens deklarativer Anerkennung der Bedeutung der den Kinderrechten zugrundeliegenden Werten und der verkündeten Zusage zu ihrer Umsetzung muss gesagt werden, dass der geltende Rechtsrahmen und die Position der Behörden zu angeklagten und verurteilten Minderjährigen humanitären Werten nicht entspricht und nicht anerkennt, dass Kinder ihrem Alter und ihren Bedürfnissen entsprechend behandelt werden müssen.

 

Gesetze aus dem Mittelalter bestimmen, wer als Kind gilt

Das Jugendstrafrecht in Saudi-Arabien unterliegt größtenteils der Scharia, die in Ermangelung eines Strafgesetzbuchs befolgt wird.

Diese lückenhafte Rechtsgrundlage gibt den Strafverfolgungsbeamten einen breiten Ermessenspielraum bei der Anwendung des Erwachsenenstrafrechts bei Minderjährigen und der Festlegung von Straftaten, für die Jugendliche festgenommen und inhaftiert werden können.

Kinder im Alter von sieben bis fünfzehn Jahren, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten, sollten in Saudi-Arabien eigentlich nur mit Disziplinarmaßnahmen bestraft werden können. Rechtlich kann aber nicht verhindert werden, dass ein Richter einem Kind unter fünfzehn die notwendige Reife attestiert, um als Erwachsener angeklagt und bestraft zu werden.

Leider ist es keine Überraschung, dass in einem Land mit einem Justizsystem, das solche Ausnahmen erlaubt, die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Kinder unter fünfzehn eine weitverbreitete und gängige Praxis ist.

Da die Rechtsprechung auf der Scharia beruht, unterscheidet das System zwischen Straftaten, die durch Vergeltung bestraft werden (Auge-um-Auge-Prinzip), Straftaten, deren Strafe genauestens durch die Scharia festgelegt ist, und Straftaten, bei deren Bestrafung Ermessensspielraum vorhanden ist.

Die Todesstrafe und die Hinrichtung für Straftaten, die im Kindesalter begangen wurden, die mangelnde Bereitschaft, die Voraussetzungen für ein faires Verfahren einzurichten und zu befolgen, sowie die Nichteinhaltung des absoluten Folterverbots sind unbestritten die charakteristischen Merkmale der saudischen Rechtsordnung.

 

Der Konflikt mit dem Gesetz ist mit körperlichen Schmerzen verbunden

Die am wenigsten akzeptablen Positionen in den spezifischen Stellungnahmen des Landes zu den verschiedenen Bestimmungen der Kinderrechtskonvention betreffen die Achtung des Rechtes auf Leben für Kinder und das Folter- und Misshandlungsverbot.

Artikel 37 der Konvention verpflichtet die Vertragsparteien, alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen einzusetzen, damit Kinder keine Folter oder andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafen erleiden. Er verbietet die Todesstrafe und die lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit vorzeitiger Entlassung für Straftaten, die von Minderjährigen begangen wurden.

Zum Beispiel erlaubt das saudische Kinderstrafrechtsgesetz von 1975 noch immer die Verhängung von körperlichen Strafen für Kinder, die Gesetze gebrochen oder religiöse Vorschriften missachtet haben.

Die Bestimmungen dieses Gesetzes genehmigen die Bestrafung von Person unter achtzehn durch Steinigung, Amputation und Auspeitschung. Diese Maßnahmen können auf willkürlichen Entscheidungen beruhen und nach dem freien Ermessen der Richter verhängt werden.

 

In Saudi-Arabien ist Folter noch erlaubt

Laut den jüngsten Berichten des Ausschusses für die Rechte des Kindes sind in Saudi-Arabien noch der Folter gleichkommende Verhörmethoden erlaubt. Diese Methoden werden oft von den Behörden eingesetzt, um Jugendliche zum Unterschreiben von Geständnissen zu zwingen.

Die besten Indikatoren für die aktuelle Position von Kindern im Konflikt mit dem Gesetz sind vielleicht, dass die Prügelstrafe trotz der Verabschiedung des Kinderschutzgesetzes im Jahr 2014 weiterhin in allen Situationen legal ist (einschließlich in der Familie), und dass die gegenwärtigen Rechtsverordnungen zu Festnahme und Inhaftierung Auspeitschungen und andere körperliche Strafen als Disziplinarmaßnahmen erlauben und fördern.

Besonders problematisch ist die Einstellung der Behörden gegenüber Jugendlichen, die an politischen Demonstrationen teilnehmen. In zahlreichen Fällen wurden Kinder von Sonderstrafgerichten wegen Vorwürfen von ‚Terrorismus‘ oder‚Störung der öffentlichen Ordnung‘ zum Tode verurteilt.

 

Anzeichen für eine alarmierende Entwicklung

Zurzeit erwarten mindestens vier Personen ihre Exekution durch Enthauptung oder Kreuzigung wegen Straftaten, die sie vor Vollendung ihres 18. Lebensjahrs begangen haben.

Zwischen 1992 und 2013 wurden in Saudi-Arabien mindestens acht Minderjährige hingerichtet. Leider gibt es Anzeichen, dass derartige Aktivitäten zunehmen.

Da mindestens vier Jugendliche jeden Moment hingerichtet werden könnten und bestätigt wurde, dass mindestens vier der 47 am 2. Januar 2016 in einer Massenhinrichtung Getöteten zum Zeitpunkt der ihnen vorgeworfenen Straftaten jünger als achtzehn waren, besteht kein Zweifel, dass die saudischen Behörden gegenwärtig nicht die Absicht haben, angemessene Standards im Jugendstrafrecht einzuhalten oder im besten Interesse von Kindern zu handeln, die im Konflikt mit den Gesetzen des Landes stehen.

 

Verfasst von Goran Batinica
Übersetzt von Andrea Muller
Revision von Sascha Pries

 

Quellen:
UN-Kinderrechtskomitee (25. Oktober 2016) Concluding observations on the combined third and fourth periodic reports of Saudi Arabia. Abgerufen von: http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CRC/C/SAU/CO/3-4&Lang=En
Death Penalty Information Center (o. Datum). Execution of Juveniles in the U.S. and other countries. Abgerufen von: https://deathpenaltyinfo.org/execution-juveniles-us-and-other-countries