Kinder in Lettland

Kinder in Lettland

Die Verwirklichung der Kinderrechte in Lettland

 

Trotz einer Bewertung von 8,99/10 nach dem Index der Realisierung von Kinderrechten ist die Lage der lettischen Kinder nicht unbedingt beneidenswert. Sie sind deutlichen Gefahren ausgesetzt, vor allem was Gewalt, sexuelle Ausbeutung und Diskriminierung der Minderheiten betrifft. Zur erfolgreichen Verbesserung der Kinderrechte, muss Lettland seine Maßnahmen weiter ausbauen.

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Index der Realisierung von Kinderrechten: 8,99/ 10
Gelbe Stufe: Befriedigende Situation

Bevölkerung: 1,9 M.
Bev. 0-14 Jahren: 13,5 %

Lebenserwartung: 72,2 Jahre
Kindersterblichkeit: 8 ‰

 

Hauptprobleme, mit denen die Kinder in Lettland konfrontiert sind:

Das Recht auf Gesundheit

For some Latvian children access to healthcare Für manche Kinder ist der Zugang zum Gesundheitswesen in Lettland aus finanziellen und/oder geographischen Gründen trotz der Einführung von Maßnahmen zur Erweiterung der Grundgesundheitsversorgung, weiterhin begrenzt.

Zusätzlich treten Erkrankungen wie Tuberkulose und Hepatitis zunehmend auf, während gleichzeitig Eisenmangel und Mangelernährung weiterhin bestehen. Aus diesem Grund, aber auch in Folge von Gewalt, Verkehrsunfällen, etc. ist die Kindersterblichkeitsrate hoch (8%).

Bezüglich Jugendlicher fällt besonders die hohe Zahl an Schwangerschaften unter 15 bis 17-jährigen Mädchen auf. Es ist auch üblich, dass sie auf Abtreibungen zurückgreifen, weil keine Verhütungsmittel benutzt wurden. Psychisch kranke Jugendliche werden oft in spezielle Einrichtungen gebracht, weil die Eltern über nicht ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um sie zu pflegen. Leider werden diese Jugendlichen im großen Maße ihrer Freiheit entzogen.

Das Recht auf Bildung

In Lettland sind Grundschule und Sekundarstufe kostenlos und gehören zur Pflichtschule. Außer den traditionellen Schulen gibt es auch Schulen für ethnische Minderheiten, in denen der Unterricht nicht auf Lettisch abgehalten wird. Doch alle Schüler, die in einer anderen Sprache unterrichtet werden, müssen auch Lettisch lernen und Prüfungen in dieser Sprache bestehen.

Das Kinderrechtskomitee stellte eine hohe Abwesenheit in lettischen Schulen fest. Dies lässt sich auf Armut, schlechte Verkehrsanbindungen oder die Schließung von Schulen in dünn besiedelten Gegenden, auf mangelndes Interesse der Eltern für die Bildung Ihrer Kinder und auf Mobbing in den Schulen zurückführen.

Kinder von Minderheiten

In Lettland hat sich der Gedanke der Nichtdiskriminierung noch nicht vollkommen etabliert. Kinder aus ethnischen Minderheiten wie der Roma, russischsprachige Kinder, Kinder mit Behinderungen oder die, die in ländlichen Gegenden Leben, haben keinen Zugang zum Gesundheitswesen und zu Bildungseinrichtungen.

Russischsprachige Bevölkerung

Die Diskriminierung in Lettland gegen die russischsprachige Bevölkerung, die ein Drittel ausmacht, wird stark kritisiert. Beispielsweise müssen sie, um die lettische Staatsangehörigkeit zu erhalten, mindestens 16 Jahre in Lettland gelebt haben und einen lettischen Sprachtest bestehen.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz hat den lettischen Behörden empfohlen, die Verbesserung des lettischen Bildungssystems für ethnische Minderheiten zu gewährleisten, so dass Chancengleichheit in der Zulassung zur Hochschulbildung, sowie auf dem Arbeitsmarkt besteht. Des Weiteren wurde geraten, die Sprachen der Minderheiten und deren Kultur in die Lehrpläne einzubauen.

Roma

Neben der russischsprachigen Bevölkerung stellen die Roma eine der Diskriminierung am meisten ausgesetzte Gruppe dar. Bislang wurden keinerlei Versuche unternommen, den Einbürgerungsprozess von in Lettland geborenen Kindern aus Familien nicht lettischer Herkunft, die nach 1991 hinzugezogen sind, zu erleichtern.

Stattdessen wurde ein besonderer Unterricht für Roma-Kinder eingeführt, was diese Minderheitengruppe weiter stigmatisiert. Die Anti-Rassismus-Kommission des Europarats plädiert für die Aufhebung dieses Unterrichts und die Eingliederung der Roma-Kinder in den gewöhnlichen Unterricht.

Gewalt

Missbrauch

Gesetzlich ist die körperliche Züchtigung in Lettland verboten. Dennoch ist Gewalt gegen Kinder im Land weit verbreitet. In Schulen wird die körperliche Züchtigung weiterhin angewandt und es wurden bislang keine geeigneten Sanktionen dagegen eingeführt. Auch die Auffassung, dass es sich bei Gewalttaten in der Familie um private Angelegenheiten handle, trägt nicht dazu bei, diesen demütigenden Handlungen ein Ende zu setzen.

Sexuelle Gewalt

Viele lettische Kinder erfahren auch sexuelle Gewalt wie etwa Vergewaltigung oder Missbrauch. So sind 10% der Kinder im Alter von 15 Jahren bereits missbraucht worden. Aufgrund von mangelndem Personal in Jugendheimen und Internaten leben Kinder oft isoliert und unbeaufsichtigt in Gefahr, von Gleichaltrigen missbraucht zu werden. So fügen junge Opfer von sexuellen Missbrauchs häufig anderen Kindern dasselbe zu, wie auch manche Eltern aus demselben Grund ihre Kinder missbrauchen.

Laut dem Dardedze Center – einer lettische NGO, die sich gegen die Gewalt gegen Kinder engagiert – ist die Zahl der angezeigten Fälle sexuellen Missbrauchs gegen Kinder, sowie sexueller Gewalt in den letzten Jahren gestiegen. Dies könnte auch daran liegen, dass die Bevölkerung das Problem erkannt hat und daher immer mehr Fälle angezeigt werden.

Rassistisch motivierte Gewalt

Am meisten fallen Roma, sowie deren Kinder, der rassistisch motivierten Gewalt zu Opfer. Doch oft zeigen Roma solche Angriffe aus Angst vor der Polizei nicht an.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz plädiert dafür, dass die lettischen Behörden ihre Anstrengungen bzgl. dieses Problems verstärken. So haben Skinheads und andere rechtsextremistische Parteien wiederholt rassistisch motivierte Angriffe gegen die Roma ausgeführt. Daher empfiehlt die Kommission Lettland die Überwachung der Aktivitäten und die Umsetzung von Bildungsinitiativen für Kinder in Schulen.

Sexuelle Ausbeutung

Die sexuelle Ausbeutung von Kindern ist in Lettland ein schwer zu lösendes Problem. Oft wird es verleugnet oder verschwiegen und viele weitere Faktoren tragen zum weiteren Bestehen bei.

Viele Straßenkinder sind in Prostitution verwickelt. Auch werden Kinder in Waisenheimen häufig skrupellos zum Zweck der sexuellen Ausbeutung verkauft.

So werden auch Kinder aus armen Verhältnissen, deren Familien über keine ausreichenden finanziellen Mittel und Zeit, um sich um die Kinder zu kümmern, verfügen, verkauft. Solche Familien und Kinder geraten oft in die Falle der Menschenhändler, die die Kinder zur sexuellen Ausbeutung zwingen.

Kinderhandel

Offiziell gilt der Kinderhandel im Land als ausgerottet, dennoch gehört Lettland zu den Herkunftsländern von Kinderhandel. Dabei sind Straßenkinder aufgrund ihrer Verletzlichkeit am meisten von dieser Art von Handel betroffen.

Über den Kinderhandel gibt es wenige, offizielle oder inoffizielle Informationen oder Statistiken. Laut einer Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte aus dem Jahre 2009 lag in den letzten vier Jahren die höchste monatliche Zahl von verkauften Kindern bei 100. Dennoch wird nicht geklärt, ob diese Zahl auch die tatsächliche Situation wiederspiegelt.

Inhaftierte Kinder

Gesetzlich können Minderjährige Einwanderer unter 14 Jahre, die in Lettland ankommen, nicht inhaftiert werden. Doch ein Bericht der US-amerikanischen Regierung von 2010 prangerte die Bedingungen an, unter denen männliche Jugendliche inhaftiert werden und brachte ans Licht, wie sie täglich neben erwachsenen Gefangenen – oft auch für lange Zeiträume – leben müssen.

Zusätzlich sind die Voraussetzungen für die Festnahme unangemessen und entsprechen den festgelegten Kriterien des internationalen Rechts nicht. Die inhaftierten Kinder haben keinen Bezug zur Außenwelt und keinen ausreichenden Platz und verfügen über kein Wasser, keine Heizung und keine entsprechenden sanitären Einrichtungen. Sie werden ohne Zugang zum Gesundheits- und Bildungswesen isoliert und oft auch ohne Zugang zu einer rechtlichen Beratung deportiert. In Haft geborene Kinder erhalten keine Geburtsurkunde und bleiben somit unerkannt.

Letztlich fördert die Gesetzgebung auch die Familienzusammenführung nicht. Dies ist für unbegleitete Kinder und für diejenigen, die von ihren Familien getrennt wurden, äußerst bedauernswert, da es ihre Entwicklung hindert und sie dadurch ihr Recht auf Familie nicht wahrnehmen können.