Kinderhandel

Kampf gegen den Kinderhandel

Jedes Jahr werden weltweit mehr als 10.000 Menschen als Opfer von Menschenhandel identifiziert. Darunter sollen 13% Mädchen und 9% Jungen sein. (UNODC, 2009) Diese Zahlen spiegeln allerdings nur den geringen Anteil von identifizierten Opfern wider. Der Kinderhandel ist stark mit Kinderarbeit verbunden und in allen Regionen der Welt verbreitet. Somit ist er eine Folge auf die Nachfrage nach billigen oder kostenlosen Arbeitskräften und führt zu verschiedenen Formen der Ausbeutung von Kindern (Zwangsheirat, Prostitution, Betteln, …), wodurch diese ihrer Grundrechte beraubt werden.

Definition von Kinderhandel

Kinderhandel ist gekennzeichnet durch den Prozess der Ausbeutung eines Kindes mittels Anwerbung, Transport, Weitergabe, Beherbergung oder Entgegennahme eines Kindes (International Labour Office, 2011). Gemäß internationalem Recht ist Kinderhandel ein Verbrechen und stellt eine Verletzung der Kinderrechte dar. Die Internationale Konvention über die Rechte des Kindes von 1989 besagt insbesondere, dass „das rechtswidrige Umsiedeln ohne Rückkehrrecht von Kindern“ verboten ist. 

Ferner zeichnet sich der Kinderhandel durch nachfolgende illegale Handlungen aus: Anwendung von Gewalt oder Zwang, Entführung, Täuschung, Betrug sowie Missbrauch von Autorität; oder auch das Angebot von Zahlungen oder Vorteilen an das Opfer oder eine Autoritätsperson des Opfers. Kinder, die Opfer von Menschenhandel sind, werden nicht nur missbraucht, vielmehr werden den meisten von ihnen auch ihre Grundrechte vorenthalten, wie das Recht auf Bildung, das Recht auf Recht auf Gesundheit oder das Recht auf Schutz, die für eine kindgerechte Entwicklung notwendig sind (ONU Info, 2015). 

Laut UNICEF sind „etwa 8,4 Millionen Jugendliche in den schlimmsten Formen der Kinderarbeit, einschließlich der Prostitution, beschäftigt. Viele sind versklavt: Sie werden gezwungen zu arbeiten, um eine Schuld zu begleichen und leben dadurch in einer sklavenähnlichen Situation“ (UNICEF, 2005).

Laut ILO wird ein Kinderhändler folgendermaßen definiert „jede Person, die zu einem der einzelnen Prozesse des gesamten Menschenhandelsprozesses mit der Absicht beiträgt, das Kind auszubeuten. Dies bezieht sich auf diejenigen, die in keiner Phase des Prozesses aktiv sind, wie Anwerber, Vermittler, Dokumentenlieferanten, Transporteure, korrupte Beamte, Dienstleister und skrupellose Arbeitgeber“ (Bureau International du Travail, 2011).

Formen der Ausbeutung

Kinder, die Opfer von Menschenhandel sind, werden je nach Alter und Geschlecht auf unterschiedliche Weise benutzt (Terre des Hommes, 2004) :

Sexuelle Ausbeutung 

Es sind hauptsächlich weibliche Jugendliche, die für die Prostitution oder die Herstellung von Kinderpornografie missbraucht werden. Diese Praktiken findet man vor allem an Orten, an denen der Sextourismus weit verbreitet ist. In der Regel werden die Jugendlichen in andere Länder verkauft und reisen mit gefälschten Ausweispapieren. Laut UNODC macht die sexuelle Ausbeutung 79% des Menschenhandels aus (UNODC, 2009).

Auch wenn der Sextourismus seit der Corona-Pandemie stark zurückgegangen ist, so ist dennoch eine neue Form der sexuellen Ausbeutung von Kindern auf dem Vormarsch: die Kinderpornografie. Auf den Philippinen ist etwa jedes fünfte Kind, d. h. fast 2 Millionen Kinder, von sexueller Ausbeutung bedroht. 

Die extreme Armut sowie der Zugang zu Internet-Breitbandanschlüssen in Regionen mit extremer Armut sind die Erklärung für dieses Phänomen. Um ihre Lebensbedingungen zu verbessern, beuten Eltern ihre Kinder als Ware aus, indem sie kinderpornografisches Material gegen Bezahlung an ausländische Interessenten schicken (Bicker, 2022). 

Zwangsheirat 

Zwangsheiraten von Jugendlichen sind zwar deutlich zurückgegangen, kommen aber in verschiedenen Formen wie arrangierten Ehen oder auch Entführungen immer noch vor. Diese Praxis ist insbesondere in China aufgrund des Frauenmangels, der durch die Politik der „Ein-Kind-Familien“ entstanden ist, weit verbreitet. Häufig wird dieser Handel über „Heiratsvermittler“ abgewickelt und ist international verbreitet. Laut UNICEF werden weltweit über 80 Millionen Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet (ONU Info, 2015). 

Adoption

Wie bei den meisten Formen der Kinderausbeutung wurde auch die Adoption von den Menschenhändlern in ein profitables Geschäft verwandelt. Dies betrifft Babys und Kleinkinder, vor allem aus lateinamerikanischen Ländern nach Nordamerika sowie aus osteuropäischen Ländern in die westeuropäischen Länder. 

Während einige Eltern dafür bezahlt werden, wenn sie ihr Baby oder Kleinkind verkaufen, gibt es aber auch Fälle von Korruption in Krankenhäusern, in denen man der Mutter mitteilt, dass ihr Baby eine Totgeburt sei. Diese Anwerbungen werden durch die Fälschung von Dokumenten und durch Korruption unterstützt. Barbara Hintermann, Geschäftsführerin von Terre des Hommes, berichtete im Juni 2022, dass seit Beginn des Konflikts in der Ukraine im Februar 2022 350.000 ukrainische Kinder verschleppt und zur Adoption an russische Familien freigegeben worden seien. (Hintermann, 2022)

Sklaverei

Sklaverei ist eine der schlimmsten Formen der Kinderarbeit. Sie bedeutet, dass Kinder ihren Arbeitgeber nicht verlassen können und zudem auch nicht das Mindestalter zum Arbeiten haben oder für niedrige Löhne arbeiten (Terre des Hommes, 2004). Manchmal akzeptieren die Eltern auch eine Vorauszahlung für die Arbeit ihres Kindes für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum. Darüber hinaus sind Kinder, die als Hausangestellte arbeiten, eine Form der Ausbeutung, die in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen hat.

Die Kinder werden fortgeschickt, um bei Familien im Ausland als Hausangestellte zu leben und zu arbeiten. Die Menschenhändler nutzen die Unwissenheit der Eltern aus und machen sich die Verletzlichkeit der arbeitenden Kinder zunutze. 

Darüber hinaus gibt es, obwohl Kinder auch für sich selbst oder ihre Familien betteln, viele Fälle, in denen Kinder dafür rekrutiert und ausgebeutet werden, um „die Neigung der Öffentlichkeit, Almosen zu geben, auszunutzen, insbesondere wenn dies als religiöse Pflicht angesehen wird“ (Terre des Hommes, 2004). Abgesehen davon werden einige Kinder ausgebeutet, um im Auftrag von Erwachsenen, von denen sie kontrolliert werden, illegale Aktivitäten wie Einbrüche durchzuführen.

Darüber hinaus nutzen einige Arbeitgeber den illegalen Status von Kinderhandelsopfern zur Verrichtung von gefährlichen Arbeiten aus. So werden beispielsweise seit Jahren Jungen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, als Jockeys bei Kamelrennen in den Golfstaaten eingesetzt.

Und zudem wird geschätzt, dass der Organhandel zwischen 5 und 10% der jährlich weltweit durchgeführten Nierentransplantationen ausmacht (Busuttil, 2012). Obwohl es zahlreiche Berichte und Zeugenaussagen über diesen Handel mit Kinderorganen gibt, gibt es keine offiziellen Quellen, die solche Taten erfassen.

Sozioökonomische Faktoren, die zu Kinderhandel führen

Die am stärksten von Kinderhandel bedrohten Kinder stammen häufig aus armen Verhältnissen oder aus Regionen, in denen Krieg, politische Konflikte und/oder wirtschaftliche Unsicherheit herrschen. Es sind gerade diese Umstände, die für die mit dem Kinderhandel verbundenen wirtschaftlichen Gewinne viel anfälliger sind. Kinder mit geringer Bildung sind ebenfalls gefährdete Zielgruppen. Zudem ist Kinderarbeit auch ganz besonders mit Schulabbruch verbunden. 

Laut der Internationalen Arbeitsorganisation gehen nämlich „mehr als ein Viertel der Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren und mehr als ein Drittel der Kinder im Alter von 12 bis 14 Jahren, die Kinderarbeit leisten müssen, nicht zur Schule“ (Organisation Internationale du Travail, 2012). Schließlich sind Kinder, die diskriminiert oder verfolgt werden, sowie ehemalige Opfer von Menschenhandel stärker gefährdet, (erneut) Opfer von Menschenhandel zu werden, da sie sich ihrer Grundrechte nicht bewusst sind. 

Andererseits kann der Einsatz von Kinderhandel durch verschiedene sozioökonomische Faktoren erklärt werden, wie z. B. die Nachfrage nach billigen oder kostenlosen Arbeitskräften in bestimmten Branchen, um deren Produktionskosten und damit die Verkaufspreise zu senken. 

Ebenso begünstigen Ungleichheiten zwischen den Ländern in Bezug auf Bildung und Beschäftigung sowie fehlende Chancengleichheit, Diskriminierung und Missbrauch den Kinderhandel, da viele Menschen in armen Ländern Schwierigkeiten haben, eine Arbeit zu finden, von der sie gut leben können, insbesondere wenn sie in reichere Länder auswandern.

Mittel zur Bekämpfung des Kinderhandels

Um den Kinderhandel zu bekämpfen, muss in drei Hauptbereiche investiert werden (Département de la Justice de l’Irelande du Nord, 2021):

  • Verfolgung der an diesen Praktiken beteiligten Personen durch Aufdeckung, Ermittlung und Verurteilung, um Kinderhandelsorganisationen zu zerstören (Département de la Justice de l’Irelande du Nord, 2021);
  • Schutz der Kinder vor Menschenhandel und Sklaverei durch bessere Identifizierung und Unterstützung sowie Begleitung von kindlichen Opfern, um die durch Menschenhandel und Sklaverei verursachten Schäden zu verringern (Département de la Justice de l’Irelande du Nord, 2021);
  • Langfristige Verhinderung des Kinderhandels durch die Bekämpfung sozioökonomischer Ungleichheiten in der Welt, indem die Nachfrage nach Kindern, die Opfer von Menschenhandel und Sklaverei werden, verringert wird und gleichzeitig die Praktiken des Menschenhandels und der Sklaverei unrentabel gemacht werden. Ebenso ist es wichtig, das Verständnis der Öffentlichkeit und der Fachkräfte für das Thema durch Aufklärung zu verbessern (NSPCC, 2021).

Daher sind hier einige Punkte aufgeführt, die es jedem ermöglichen sollen, Kinder, die Opfer des Kinderhandels sind, zu identifizieren (NSPCC, 2021):

  • Wenn ein Kind einen Großteil seiner Zeit mit Hausarbeit verbringt und keine Zeit hat, aus dem Haus zu gehen oder auch nur zu spielen;
  • Wenn ein Kind verwaist ist oder von seiner Familie getrennt wird, während es in einer schlechten Unterkunft lebt;
  • Wenn ein Kind nicht in der Schule oder in der Praxis eines Allgemeinmediziners eingeschrieben ist;
  • Wenn sich ein Kind an ungeeigneten Orten wie Bordellen oder Fabriken aufhält;
  • Wenn ein Kind nur ungern persönliche Informationen preisgibt oder seinen Wohnort mitteilt, und eine Geschichte erzählt, die so aussieht, als sei sie im Voraus vorbereitet worden.

Wenn Sie sich Sorgen um ein Kind machen, wenden Sie sich an die Rechtsberatungsstelle von Humanium, die Polizei und/oder die zuständigen örtlichen Kinderschutzbehörden. 

Geschrieben von Marie Cuvelier

Übersetzt von Margit Bertling

Korrektur gelesen von Franziska Theis

Zuletzt aktualisiert am 21. März 2023

Bibliographie:

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Busuttil, F. (2012, Décembre 16). Trafic d’enfants. Consulté le 01 Mars 2023, sur Humanium: https://www.humanium.org/fr/trafic-enfants/.

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Hintermann, B. (2022, Juin 22). letemps.ch. Consulté le 25 Avril 2023, sur letemps.ch: https://www.letemps.ch/opinions/forces-captures-deportes-scandale-enfants-dukraine.

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