Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Individualbeschwerdeverfahren, 2011

Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Individualbeschwerdeverfahren, 2011

Über das Protokoll

Das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Individualbeschwerdeverfahren wurde am 19.12.2011 von der UN-Generalversammlung verabschiedet. Es trat am 28.05.2012 in Kraft. 

Entstehung des Protokolls

Dank der Arbeit eines Zusammenschlusses von 80s NGOs, die sich für die weltweite Achtung der Kinderrechte einsetzen, verabschiedete die UN-Generalversammlung am 19.12.2011 ein drittes Fakultativprotokoll zum Kinderrechtsübereinkommen. Die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen hatte dem Protokoll am 17.06.2011 einstimmig zugestimmt.

Die ersten beiden Fakultativprotokolle zur Kinderrechtskonvention (Englisch):

Jeder Vertragsstaat der Konvention kann auf Wunsch auch Teil des dritten Fakultativprotokolls werden.

Inhalt

Einführung eines Individualbeschwerderechts

Das neue Protokoll gibt jedem Kind die Möglichkeit, selbst Beschwerde beim Komitee für die Rechte des Kindes einzulegen.

Zu Beginn gab es, wie von der Kinderrechtskonvention festgelegt, kein Verwaltungsverfahren für Individualbeschwerden. Die Teilnahmestaaten der Konvention wurden hingegen verpflichtet, bei dem Komittee für die Rechte des Kindes Bericht über die Lage der Kinder im Land zu erstatten.

Das neue Protokoll bekräftigt die bereits bestehenden Mechanismen.

Glaubt ein Kind, dass eine Verletzung seiner Grundrechte vorliegt,  kann es bei dem Komitee Beschwerde einlegen.

Eine Beschwerde kann unter folgenden Bedingungen erfolgen:

  • Es muss bereits vom Kind oder dessen gesetzlichen Vertretern Beschwerde bei einem nationalen Gericht eingelegt worden sein. Bleibt dieses Verfahren ohne Erfolg, kann das Komitee eingeschaltet werden;
  • Die Beschwerde muss innerhalb eines Jahres nach dem Ende des nationalen Gerichtsverfahrens eingereicht werden;
  • Die Beschwerde darf weder anonym, noch unbegründet oder unter Verletzung von Rechten anderer eingereicht werden;
  • Die Beschwerde ist in geschriebener Form einzureichen

Diese Bedingungen limitieren den Einsatz der Beschwerde, besonders das Zeitlimit für das Erheben einer Beschwerde vor dem Komitee.

Das Untersuchungsverfahren

Im Falle eines begründeten Verdachts auf schwerwiegende Verstöße gegen die Konvention oder  ihre Protokolle, ermöglicht das Untersuchungsverfahren dem Komitee, notwendige Schritte einzuleiten. Da es sich hierbei um ein unabhängiges Verfahren handelt, sind in dieser Situation zwischenstaatliche sowie Individualbeschwerden unnötig. Das Komitee kann im Verdachtsfall Beobachter vor Ort entsenden, die den Wahrheitsgehalt der eingegangen Informationen überprüfen. Dieses Verfahren ist vertraulich.

Einschränkungen: Um ein Untersuchungsverfahren in Gang zu setzen, muss das Komitee die Erlaubnis des betreffenden Staates erhalten. Da einige Unterzeichnerstaaten jedoch eine allzu systematische Prozedur befürchteten, wurde dieser Abschnitt im Protokoll optional. Die Staaten sind frei, diesen anzuerkennen oder auch nicht.

Beschwerden gegen andere Staaten

Im Protokoll ist auch die Möglichkeit für Staaten vorgesehen, gegen andere Unterzeichnerstaaten Beschwerde einzulegen. Diese ist vom zuständigen Staatsanwalt beim Komitee für die Rechte des Kindes einzureichen. Während dieses Rechtsinstrument im begrenzten Rahmen bereits auf europäischer Ebene im Zusammenhang mit dem Europäischen Menschengerichtshof Verwendung fand, hält sich dessen Gebrauch in der Praxis insgesamt in Grenzen. 

Große Fortschritte

Die Kinderrechtskonvention war bis dahin das einzige Rechtsinstrument für Menschenrechte,  in welchem kein Individualbeschwerdeverfahren vorgesehen war.

So enthielten sowohl die Anti-Rassismus-Konvention von 1965 als auch die Anti-Folter-Konvention von 1984 bereits entsprechende Passagen. Desweiteren sind auch die Frauenrechtskonvention von 1979 und die Behindertenrechtskonvention von 2006 mit dahingehenden Fakultativprotokollen ausgestattet.

Die Grenzen des dritten Protokolls

Die Möglichkeit eines Kollektivbeschwerdeverfahrens wurde nicht in den endgültigen Entwurf des dritten Fakultativprotokolles übernommen. Ein solches Verfahren hätte es unabhängigen Menschenrechtsorganisationen, NGOs und vom Komitee anerkannten Vermittlungsinstitutionen ermöglicht, Beschwerde gegen Kinderrechtsverletzungen einzulegen.

Siehe auch den endgültigen Entwurf des dritten Fakultativprotokolls, der der UN-Generalversammlung vom Menschenrechtskomitee vorgelegt wurde.