Dreißig Jahre UN Kinderrechtskonvention – Verbesserungen und Probleme der Kinderrechte überall auf der Welt

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Vor dreißig Jahren, am 20. November 1989, wurde die UN-Kinderrechtskonvention angenommen und zur Unterzeichnung, zur Ratifizierung und zum Beitritt durch eine Resolution der Generalversammlung im New Yorker Hauptsitz der Vereinten Nationen aufgelegt.

Die Resolution in Form von 54 Artikeln und von 140 Staaten unterzeichnet, wurde der am weitesten ratifizierte Menschenrechtsvertrag der Geschichte und hat seither dazu beigetragen, das Leben von Kindern auf der ganzen Welt zu verbessern. Die Konvention hat einen enormen Einfluss, doch trotzdem sind Kinderrechte weltweit massiven Einschränkungen ausgesetzt.

Wie definiert und schützt die Konvention Kinder?

Gemäß der Konvention ist ein “Kind” eine Person unter 18 Jahren, wenn nicht relevante Gesetze ein früheres Erwachsenenalter festlegen. In manchen Bereichen sind Staaten gezwungen ein Mindestalter anzusetzen, z.B. für die Zulassung zur Beschäftigung und die Beendigung der Pflichtschulzeit. In anderen Bereichen allerdings verbietet die Konvention ausdrücklich eine Herabsetzung des Mindestalters, z.B. hinsichtlich lebenslanger Haft ohne die Möglichkeit einer Freilassung oder die Todesstrafe für Menschen unter 18 Jahren.

Zum Schutz des Kindes wurden vier sogenannte “generelle Prinzipien” geschaffen:

  1. Diskriminierungsfreiheit (Artikel 2)
  2. Kindeswohl (Artikel 3)
  3. Recht auf Leben und Überleben sowie die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 6)
  4. Recht auf rechtliches Gehör (Artikel 12)

Diese Prinzipien sind die Eckpfeiler der Kinderrechte in der modernen Welt. Gemeinsam mit den optionalen Protokollen bilden sie die Grundlage der Regeln, die den Schutz, die Chancen und die Gleichberechtigung für alle Minderjährigen gewährleisten.

Was haben die Abkommen erreicht?

Seit den Abkommen wurden Kinderschutzgesetze in fast allen entwickelten Ländern angenommen. Regionale und nationale Initiativen traten als Antwort auf Probleme, wie Kinderhandel, schädliche und gefährliche Kinderarbeit, Obdachlosigkeit und unbegleitete Minderjährige, hervor. Nach der Unterzeichnung der Abkommen fügten Länder, wie Tunesien, Angola oder Bangladesch, Klauseln zum Kinderschutz in ihre Verfassungen ein.

Die Anerkennung des Kinderschutzes hat zu einem stärkeren Bewusstsein der Verletzlichkeit von Kindern geführt und zu wichtigen Initiativen als Antwort auf Vernachlässigung und Missbrauch geführt. Dazu gehört auch der potentielle Missbrauch durch korrupte oder unrechtmäßige Anbieter*innen von Kinderbetreuung oder sogar gefährliche kriminelle Organisationen.

Die Statistiken:

  1. Seit der Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention ist Kinderarmut um die Hälfte gesunken.
  2. Dank der Verbesserung in der Mütterbetreuung sind die Chancen, dass ein Kind sein/ihr fünftes Lebensjahr nicht erreicht seit 1989 um die Hälfte gesunken.
  3. Im Vergleich zu 1989, als 17,6 Prozent der Kinder im Grundschulalter nicht die Schule besuchten, ist diese Zahl gemäß der Weltbank heute auf 8,2 Prozent gesunken.
  4. 56 Länder haben seit der Unterzeichnung der Konvention jegliche Form körperlicher Züchtigung gegenüber Kindern verboten. Insgesamt 61 Länder haben Gesetze, die die körperliche Züchtigung gegenüber Kindern verbieten.

Mit Hilfe globaler Gesetzgebung und einer generell erhöhten Aufmerksamkeit gegenüber der Verletzlichkeit von Kindern hat die Konvention sowohl direkt als auch indirekt das Leben von Kindern weltweit verbessert.

Wo werden Kinderrechte nach wie vor verletzt?

Obwohl die Konvention einen großen positiven Einfluss auf das Leben von Minderjährigen hat, existieren nach wie vor in vielen Teilen der Welt ungezügelter Kindesmissbrauch und Respektlosigkeit gegenüber Kinderrechten. 

In armen Ländern arbeitet ein Großteil der Kinder, ihr Zugang zu Schulbildung ist gering oder gar nicht vorhanden. Dies ist vor allem in westafrikanischen Ländern weit verbreitet. Im Tschad, in Burkina Faso, Guinea-Bissau, Kamerun und Sierra Leone gehen mehr als 50 Prozent der Kinder zwischen 7 und 14 Jahren einer Vollzeit-Beschäftigung nach.

Die Art der Arbeit, die diese Kinder erledigen sind oftmals gefährlich und nicht reguliert. In Zentral- und Ostafrika haben Untergrund-Gruppierungen oft mehr Macht über bestimmte Regionen als die gewählten Regierungen der jeweiligen Länder. In Zeiten von Bürgerkrieg oder inneren Unruhen wird die lokale Bevölkerung häufig gezwungen in verschiedenen Formen für die Opposition zu arbeiten – dies betrifft auch die Kinder. Aktuelle Nachforschungen des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) haben ergeben, dass etwa 40.000 Kinder in den Mienen der Demokratischen Republik Kongo arbeiten. Sie bauen für weniger als einem Dollar am Tag das Kobalt ab, das bei der Produktion der Batterien unserer Mobiltelefone verwendet wird.

Eine weitere große Gefahr für Kinder auf dem afrikanischen Kontinent ist es, als Kindersoldat eingezogen zu werden. Sowohl bewaffnete oppositionelle Gruppen als auch Regierungsmilizen sind für diese Verbrechen verantwortlich, von denen geschätzt 120.000 Kinder auf dem Kontinent betroffen sind. Kindersoldaten werden gewaltsam in Konfliktzonen rekrutiert, da sie dort kaum Perspektiven haben, weil sie einfacher zu manipulieren sind als Erwachsene und in manchen Fällen aufgrund ihres limitierten Verständnis vom Tod. 

Es ist allerdings einfach mit dem Finger auf Entwicklungsländer und Konfliktregionen zu zeigen. Die Inhaftierung von Kindern ist in entwickelten westlichen Ländern keine Seltenheit. In den Vereinigten Staaten von Amerika (das einzige Land, das die UN-Kinderrechtskonvention nicht ratifiziert hat) wurden alleine in diesem Frühjahr 20.000 unbegleitete Kinder von Beamt*innen der Grenzschutzbehörde ICE und ihren Partnerorganisationen festgenommen. Auch Länder wie Australien, Ungarn und Griechenland müssen sich wegen ihres Umgang bei der Inhaftierung von Minderjährigen vor Gericht verantworten.

Vor 2012 war es möglich die Konvention so zu interpretieren, dass sie die Inhaftierung von Migrantenkindern hätte erlauben können:

„Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass keinem Kind die Freiheit rechtswidrig oder willkürlich entzogen wird. Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe darf bei einem Kind im Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden.“

Dieser Artikel bezieht sich jedoch nicht spezifisch auf Migrantenkinder. Er bezieht sich auf die Inhaftierung von Kindern in allen Situationen, inklusive der Haft von Kindern, die wegen einer Straftat verurteilt wurden, die ernsthafte Gesundheitsprobleme haben oder bei denen umgehende Schutzmaßnahmen erforderlich sind.

Die Frage des Umgangs mit Migrantenkindern wurde 2012 geklärt und der UN-Kinderrechtsausschuss verabschiedete strengere Standards. Die heutige Norm besagt, dass auch die Inhaftierung von Kindern in Hafteinrichtungen für Immigrant*innen eine Verletzung der Kinderrechte darstellt. Der UN-Kinderrechtsausschuss hat sich hierzu klar positioniert:

 “Die Inhaftierung eines Kindes aufgrund des Migrantenstatus seiner Eltern entspricht einer Verletzung der Kinderrechte und verstößt immer gegen das Prinzip des Kindeswohls. In diesem Sinne sollten Staaten die Inhaftierung von Kindern auf Basis ihres Migrationsstatus zügig und vollständig beenden.”

Das Problem an dieser Text-Änderung ist, dass sie für die Regierungen nicht bindend ist. Somit ist sie nicht mehr als ein Vorschlag, dessen Umsetzung ohne den guten Willen der Unterzeichnerstaaten nicht erfolgt.

Die Kinderrechtskonvention und Humanium

Humanium wurde vor elf Jahren am Tag der Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention mit einem einzigen Ziel gegründet: das Wohlergehen der Kinder weltweit zu stärken.

Unser Verein strebt nach konkreten Verbesserungen der Lebenssituationen und der Grundrechte von Kindern.

Humaniums Ziele umspannen drei sich ergänzende Ansätze: 

Unsere Organisation implementiert derzeit fünf Projekte in Ruanda und Indien. Jedes der Projekte hat das Ziel, das Leben von Kindern durch die Stärkung der lokalen Gemeinschaften und die Unterstützung von Individuen zu verbessern. Humanium ist stolz darauf, an der Seite der lokalen Gemeinschaften zu arbeiten, statt über ihre Köpfe hinweg. Unsere Projekte zielen auf eine nachhaltige Entwicklung der Gemeinschaften und schließlich auf die Unabhängigkeit der Menschen von unserer Organisation.

Humanium strebt an, den Respekt gegenüber Kindern und die Erfüllung der vier Grundpfeiler und acht Kinderrechte der Kinderrechtskonvention auf globaler Ebene hochzuhalten.

Obwohl heute nach wie vor viele Barrieren dem Kindeswohl im Wege stehen, haben die vergangenen dreißig Jahre seit der Unterzeichnung vorrangig positive Veränderungen in der Gesetzgebung, weltweiten Einstellungen und allgemein in der generelle Lebensqualität von Kindern weltweit hervorgebracht. Die Verbesserungen der Lebenssituation von Minderjährigen in den nächsten dreißig Jahren beginnt mit uns als Individuen und zu welchem Handeln wir uns entscheiden.

 “Es kann keine schärfere Offenbarung der Seele einer Gesellschaft geben als die Art und Weise, wie sie mit ihren Kindern umgeht.“

Nelson Mandela, ehemaliger Präsident Südafrikas

Geschrieben von Julian M.G. Sharp

Übersetzt von Andrea Quaden

Quellen

ONHCR, Convention on the Rights of the Child Adopted and opened for signature, ratification and accession by General Assembly resolution 44/25 of 20 November 1989 entry into force 2 September 1990, in accordance with article 49, abrufbar unter: https://www.ohchr.org/en/professionalinterest/pages/crc.aspx

Esteban Ortiz-Ospina and Max Roser (Our World in Data) Violence against children and children’s rights, abrufbar unter: https://ourworldindata.org/violence-against-rights-for-children

Human Rights Watch, More Than 120,000 Child Soldiers Fighting in Africa, abrufbar unter: https://www.hrw.org/news/1999/04/18/more-120000-child-soldiers-fighting-africa

CBS News, CBS News finds children mining cobalt for batteries in the Congo, abrufbar unter: https://www.cbsnews.com/news/cobalt-children-mining-democratic-republic-congo-cbs-news-investigation/

Sharon Bessell and Nigel Spence (Devpolicy),Has 25 years of children’s rights made any difference?, abrufbar unter: https://devpolicy.org/has-25-years-of-childrens-rights-made-any-difference-20141120/

UNESCO Institute for Statistics ,Children out of school (% of primary school age), abrufbar unter: https://data.worldbank.org/indicator/SE.PRM.UNER.ZS?view=chart

Lindsay Harris (the borgen project), Why are child soldiers used in war, abrufbar unter: https://borgenproject.org/why-are-child-soldiers-used-in-war/

UNHCR, Detention, abrufbar unter: https://www.unhcr.org/detention.html

Josie Thum (Humanium), Child Immigration Detention: Part 1, abrufbar unter: https://www.humanium.org/en/child-immigration-detention-part-1/