Familientrennungen an der US-Grenze

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Durch die „Null Toleranz“ – Politik der Trump-Regierung, die die Festnahmen illegaler Einwanderer an der US Grenze fordert, wurden tausende von Kindern von ihren Eltern getrennt. In den USA und auf der ganzen Welt sprachen sich Politiker, Richter und Zivilbürger gegen die unmenschlichen Einwanderungsregeln aus. Die Vorgehensweise der amerikanischen Staatsgewalt ist hochumstritten und die Vereinten Nationen riefen Washington dazu auf, die Trennung von Zuwanderungsfamilien „umgehend zu beenden“.

 

Der Hintergrund

Inhaftierungen illegaler Einwanderer und Familientrennung gab es in den USA bereits zuvor, jedoch hat das Ausmaß dieser Vorgehensweise unter Trump massiv zugenommen. Obama und seine Vorgänger hatten den Schwerpunkt auf Zivilverfahren gegen illegale Einwanderer gesetzt. Kinder wurden nur dann von den Erwachsenen getrennt, mit denen sie in die USA kamen, wenn keine Beziehung zwischen ihnen nachgewiesen werden konnte, wie zum Beispiel bei Verdacht auf Kinderhandel. Auch wenn es in Familienunterkünften nicht genug Platz gab, kam es zu Familientrennungen.

Präsident Trump hat diese Richtlinie deutlich ausgebaut. Sein Dekret signalisiert einen alarmierenden Rückschritt im Vergleich mit der Einwanderungspolitik der Obama-Ära. Unter Trumps Führung können die Behörden illegale Einwanderer in den USA systematisch festnehmen und strafrechtlich verfolgen. Deren Kinder werden an das Office of Relocalization of Refugees (ORR) überführt, das für die der Relokalisierung von Flüchtlingen zuständig ist.

Allein 2017 schob Präsident Trump doppelt so viele Menschen ohne kriminelle Vergangenheit ab als Obama im Vorjahr. Diese Entwicklung hat die Bedenken internationaler Organisationen, wie den Vereinten Nationen, weiter verschärft. Zwischen dem 1. Oktober 2017 und dem 31. Mai 2018 wurden mindestens 2.700 Kinder von ihren Eltern getrennt, 1.995 davon in den letzten sechs Wochen. In diesem Zeitraum wurden aufgrund der strengeren Grenzkontrollen, die die Trump-Regierung eingeführt hatte, im Durchschnitt täglich 45 Kinder von ihren Eltern oder Familien isoliert. US-Justizminister Jeff Sessions hatte im April 2018 eine „Null Toleranz“-Politik angekündigt, gemäss der alle illegalen Einwanderer in den USA strafrechtlich verfolgt werden sollen.

 

Die Gesetzeslage

Der Immigration and Naturalization Act (ICA), die amerikanische Gesetzgebung im Rahmen von Einwanderungs- und Einbürgerungsrecht, unterliegt bestimmten Grundsätzen: Familienzusammenführung, Aufnahme qualifizierter Einwanderer, die zur Wertschöpfung der amerikanischen Wirtschaft beitragen, Vielfalt und Flüchtlingsschutz.

Das Flores Settlement ist ein Abkommen über das Verfahren mit Kindern, die in staatlichen Gewahrsam kommen. Es dient der Einhaltung nationaler Vorgaben, die die Behandlung, Inhaftierungsbedingungen und Freilassung von Minderjährigen bestimmen. Gebunden an dieses Abkommen sind sowohl das amerikanische Gesundheitsministerium, als auch Behörden, die für die Neuansiedlung von Flüchtlingen zuständig sind.

Der Trafficking Victims Protection Reauthorization Act (TVPRA) legt Rechtsvorschriften im Rahmen von Opferschutz im Menschenhandel fest, darunter auch Bestimmungen zum Schutz ausländischer Kinder, die ohne Begleitung in die USA kommen. Dem Gesetz zufolge sollen das Gesundheitsministerium zusammen mit anderen Bundesbehörden Richtlinien und Verfahren entwickeln die gewährleisten, dass betroffene Minderjährige sicher in ihre Heimat zurückgeführt werden.

Durch das Flores Settlement und den TVPRA ist die amerikanische Bundesregierung gesetzlich dazu verpflichtet, Kinder aller Altersgruppen würde- und rücksichtsvoll zu behandeln. Dies gilt für alle Phasen des Verfahrens und bedeutet menschenwürdige Festnahmen, sichere und saubere Haftbedingungen und eine unverzügliche Überführung von der Immigrationsbehörde in die Schutzhaft.

 

 

Ravina Shamdasani, Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, prangerte am 5. Juni 2018 die neue Regelung an, die „dazu geführt hat, dass illegale Einwanderer strafrechtlich verfolgt und ihnen ihre, teilweise sehr jungen, Kinder weggenommen werden. Die USA müssen diese Vorgehensweise umgehend unterbinden. Familientrennung ist ein willkürlicher und rechtswidriger Eingriff in das Familienleben und ein Verstoß gegen die Rechte des Kindes“.

Artikel 3 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes besagt, dass das Wohl des Kindes, besonders in Migrationsfragen, im Vordergrund stehen muss. Obwohl die USA das einzige Land sind, das sich diesem Übereinkommen nicht angeschlossen hat und die Teilnahme auch weiterhin ablehnt, ist die amerikanische Regierung dennoch an die internationalen Menschenrechte gebunden.

 

Die Rechtfertigung der Politik

Der Stabschef des Weißen Hauses, John Kelly, erklärte, dass die Trennungen für Immigranten eine „effektive Abschreckung“ darstellen. Justizminister Sessions sagte weiter, dass die neue Regelung eine rechtmäßige Warnung an die Leute sei, die mit ihren Kindern in die USA einreisen wollten.

Es scheint zweifellos unvertretbar und eine Form von Misshandlung, Kinder den Eltern zu entreißen und dies als eine Abschreckungsmaßnahme zu verkaufen.

In einer Ansprache an Polizeibeamte in Fort Wayne, Indiana, beteuerte Sessions, dass illegale Einwanderung in die USA eine Straftat sei und befürwortete diese Regelung. Er fügte hinzu, dass „Leute, die unsere Gesetze missachten, vor Gericht kommen“. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, verteidigte danach die Äußerungen des Justizministers. In einer Pressekonferenz behauptete Sanders, dass Gesetzesvollzug den Prinzipien der Bibel vollkommen entspräche und man dort zahlreiche Stellen finde, wo dies so geschrieben stehe. Genaue Quellenangaben machte sie jedoch nicht.

Die amerikanische Politik richtet sich insbesondere auf die Eindämmung der steigenden Einwanderung ärmerer Familien aus Guatemala, El Salvador und Honduras. Tausende Südamerikaner, die die US-mexikanische Grenze überqueren um Asyl zu suchen, stellen sich jedoch den Behörden, um ihre Einreise zu legitimieren. William Spindler, Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks, betonte abermals, dass „Asylanspruch ein grundlegendes Menschenrecht ist, das auch im amerikanischen Gesetz verankert ist“.

 

Die Folgen der Politik der Familientrennung

Das amerikanische Amt für Bürger- und Freiheitsrechte hat Klageschriften im Umfang von etwa 4.600 Seiten veröffentlicht, die Juristen und Immigrationsanwälte im Namen von Migrantenkindern eingereicht haben. Die Vorwürfe basieren auf verschieden Formen von Misshandlung. Die Akten enthalten auch interne Dokumente, die systematische Einschüchterung, Drangsalierung, Körperverletzung, Verweigerung medizinischer Hilfeleistung und unzulässige Ausweisungen offenlegen.  

Hinsichtlich dieser Lage reichte die Amerikanische Bürgerrechtsvereinigung letzten Februar gegen die Bundesregierung Klage ein. Die Organisation vertritt in diesem Fall eine kongolesische Asylbewerberin, dessen sechsjährige Tochter weggenommen wurde.

Das Mädchen befand sich über mehrere Monate hinweg in staatlichem Gewahrsam, 2.000 Meilen von ihrer Mutter entfernt. Angaben der Regierung zufolge konnten die vorgelegten Papiere keine Beziehung zwischen Mutter und Tochter nachweisen.  Die Amerikanische Bürgerrechtsvereinigung wendet hingegen ein, dass ein DNA-Test schnell zur Aufklärung hätte beitragen können.

 

 

Aktuelle Entwicklungen

Auf den Sturm der nationalen und internationalen Entrüstung hin erließ Donald Trump am 20. Juni 2018 eine Verfügung, um der Familientrennung bei illegalen Einwanderern in die USA ein Ende zu setzen. Genauere Angaben über den Zeitplan und das Verfahren bei der Wiedervereinigung von Eltern und Kindern machte er nach der Kursänderung in seiner „Null Toleranz“-Politik jedoch nicht.

Am 26. Juni reichten siebzehn Staaten gegen das Vorgehen der Regierung Klage ein mit der Begründung, dass die Politik der Familientrennung „verheerende Schäden“ anrichte. Washington, Kalifornien, New York und der Distrikt Columbia befinden sich unter den Staaten, deren Bundesgerichte die Zwangstrennung von Einwandererfamilien als „verfassungswidrig, unmenschlich und rechtswidrig“ bezeichneten. Ihrer Ansicht nach verstößt die Regierung gegen das Recht auf ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren und gleichberechtigten Schutz vor dem Gesetz.

Der in San Diego amtierende Amtsrichter Dana Sabraw erließ eine einstweilige nationale Verfügung, die es Einwanderungsbehörden verbietet, Eltern ihre Kinder wegzunehmen und sie dazu verpflichtet, getrennte Familien innerhalb von 30 Tagen wieder zusammenzuführen. Sabraw betonte, dass Kinder unter fünf Jahren innerhalb von 10 Tagen mit ihren Eltern sprechen dürfen und innerhalb von 14 Tagen mit ihnen vereint werden müssten. Angaben des Amtsrichters zufolge dürften Kinder Erwachsenen, die sie über die Grenze begleiten, nur dann entzogen werden, wenn diese eine unmittelbare Bedrohung darstellen. Eine weitere Anordnung besagt, dass Erwachsene nicht ohne ihre Kinder aus den USA ausgewiesen werden dürfen. Am Montag, dem 9. Juli genehmigte Sabraw der Trump-Regierung mehr Zeit, die 102 Einwandererkinder unter fünf Jahren mit ihren Eltern zu vereinen. Nach der radikalen Vorgehensweise waren die Behörden nicht in der Lage, den Zusammenführungen schnell genug nachzukommen.

Zum Glück ist die Politik der Familientrennung nun beendet. Es besteht jedoch immer noch viel Ungewissheit im Hinblick auf die Frage, wann und wie die amerikanische Regierung die Wiedervereinigung getrennter Familien plant.

 

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Autor: Igi Nderi und Anja Finke

Übersetzt von: Carolin Hollingsworth

 

Quellenangaben

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