15 Jahre. So viele Jahre verbringen einige albanische Kinder eingeschlossen in ihrem Zuhause aus Angst vor der Vendetta, der Blutrache. Da sie nicht zur Schule gehen können, kommen einige ehrenamtliche Lehrkräfte zu ihnen und schaffen so die einzige Verbindung zur Außenwelt.
Mehr als 500 Kinder konnten seit dem Schuljahr 2013 aufgrund einer archaischen Tradition, der sogenannten „Blutrache“ in Albanien nicht zur Schule gehen. Das passiert, wenn bei einem Mord trotz der Verurteilung des Täters die Familie des Opfers entscheidet, ein Familienmitglied des Mörders zu töten. Es handelt sich also um einen Rachekreislauf ohne Ende und meistens sind die Kinder dabei die indirekten Opfer.
Diese Kinder bleiben eingeschlossen zuhause, wachsen in Angst auf. Sie haben niemals draußen gespielt, nicht mal vor ihrem Haus. Tageslicht? Das kennen sie nur durch die Fenster, deren Fensterläden nie komplett geöffnet sind. Ihre Eltern wissen, dass sie auch wenn sie umziehen würden, sie gefunden und getötet werden. Da sie nie normal eingeschult werden können, kommen ehrenamtliche Lehrkräfte zu ihnen. Allzu oft machen die Lehrkräfte mehr, als sie müssten: Sie sprechen mit den beiden verfeindeten Familien und versuchen, diesen Toleranz und Verzeihung näher zu bringen und riskieren dabei ihr eigenes Leben.
Außer den Lehrkräften kämpfen auch das Versöhnungskomitee und die Kirchen für die Vorbeugung von Straftaten. Parallel dazu strebt die Regierung des Premierministers, Edi Rama, die Anwendung von Gesetzen an, um den Gräueltaten ein Ende zu setzen. Was Ardian Marashi, Dozent am Inalco*, anbelangt, unterstreicht dieser die Bedeutung der sozialen Misere für das Andauern dieses Phänomens, vor allem in Norden des Landes, der wirtschaftlich am schlechtesten ausgestattet ist. « Wenn jemand nichts zu verlieren hat, kann er sein Leben leicht aufs Spiel setzen », sagt er.
* INALCO ist das ansässige nationale Institut für Sprachen und östliche Zivilisationen
Autorin : Asli Kaya
Quellen :
Vereinte Nationen
Le Courrier des Balkans
Université Libre de Bruxelles, Ähnliches berichtet der Politologe Kolë Hysaj
Le Parisien
Regard Est