Kinder in der Tschechischen Republik

Kinder in der Tschechischen Republik

Die Verwirklichung der Kinderrechte in der Tschechischen Republik

Die Tschechische Republik hat einen Großteil der internationalen Konventionen zum Schutz von Menschen- und Kinderrechten ratifiziert. Doch obwohl die Lage im Großen und Ganzen gut ist, gibt es noch immer zahlreiche Verstöße gegen Kinderrechte. Die Diskriminierung von Kindern, besonders von Roma und behinderten Kindern, dauert an und hat sich in einigen Fällen sogar verschlechtert.

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Index der Realisierung von Kinderrechten: 8,46/ 10
Gelb: befriedigend

Bevölkerung: 10,19 M.
Bev. 0-14 Jahren: 13,6 %

Lebenserwartung: 77 Jahre
Kindersterblichkeit: 4 ‰

Hauptprobleme, mit denen die Kinder in der Tschechischen Republik konfrontiert sind:

Diskriminierung

Seit Jahren sind nationale Minderheiten, vor allem Roma, Opfer einer extremen, rechten Politik sowie von Demonstrationen und Hassverbrechen.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) hat in zahlreichen Berichten ihre Besorgnis über die steigende Anzahl an Gewaltverbrechen gegen Roma, wie etwa Brandstiftungen und Körperverletzungen, zum Ausdruck gebracht.

Trotz eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das die Diskriminierung von Roma-Kindern im Bildungswesen deutlich benennt, scheint sich die Lage nicht zu verbessern.

Das zeigt sich an den Anmeldezahlen gewöhnlicher Schulen, die für Roma-Kinder weiterhin niedrig bleiben, da diese zumeist in Schulen für geistig Behinderte geschickt werden (80% der Kinder in diesen Sonderschulen sind Roma).

Behinderte Kinder

Bereits während der kommunistischen Herrschaft vor 1989 waren geistig und körperlich behinderte Menschen Opfer von Diskriminierung. Sie wurden in Pflegeeinrichtungen weit außerhalb der Städte untergebracht und so völlig vom Rest der Bevölkerung abgeschirmt.

Seit 1989 hat sich in dieser Hinsicht nicht viel verändert und behinderte Menschen, unter ihnen auch Kinder, werden zum Großteil von der Bevölkerung vernachlässigt.

Das Sozialsystem ist bedenklich. Familien erhalten Sozialleistungen, die sich nach der Schwere der Behinderung ihrer Kinder und deren Gesundheit richten. Dadurch sehen sich einige Eltern ermutigt, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihrer Kinder zuzulassen, um höhere Sozialleistungen zu erhalten.

Seit 2004 erlaubt das Bildungsgesetz Schulen, behinderten Kindern die Aufnahme zu verweigern und das unter der alleinigen Angabe unzureichender Mittel. Außerdem werden Familien von den kostenlosen staatlichen Schulen gelegentlich aufgefordert, einen Beitrag zu den zusätzlichen Betreuungskosten zu leisten.

Dadurch werden diese Kinder häufig von normalen Schulen ausgeschlossen. Durch die mangelnde Bereitstellung ausreichender technischer und finanzieller Ressourcen, erfüllt der Staat an dieser Stelle seine Pflichten nicht.

Misshandlung

Prügelstrafen sind in öffentlichen Pflegeeinrichtungen und Waisenhäusern verboten. Es ist jedoch besorgniserregend, dass die tschechische Rechtssprechung körperliche Züchtigungen innerhalb der Familie weder unter Strafe stellt, noch verfolgt.

Erschreckenderweise akzeptieren weite Teile der Bevölkerung körperliche Züchtigungen als eine Erziehungsmethode für Kinder. Es ist daher zwingend notwendig, dass dieser Staat Aufklärungskampagnen startet, um andere Erziehungsmethoden zu fördern, die Kindern nicht schaden.

Sexueller Missbrauch

Laut offiziellen Zahlen wird jedes dritte Mädchen und jeder siebte Junge Opfer sexuellen Missbrauchs. In der Hälfte aller Fälle ist der Täter ein Familienmitglied (zumeist der Vater oder Stiefvater). Selbstverständlich bestraft die Tschechische Republik die sexuelle Ausbeutung und den Missbrauch von Kindern mit aller Härte.

Dennoch müssen die Bemühungen anhalten, bereits kleinere Kinder zu informieren und psychologische Hilfe für die Opfer bereitzustellen. Außerdem muss der Staat Maßnahmen ergreifen, um Kinder vor sexueller Ausbeutung im Internet zu schützen.

Kinderhandel und Prostitution

Trotz aller Bemühungen ist dieses mitteleuropäische Land nach wie vor eines der europäischen Länder mit der höchsten Rate an Pädophilie und zugleich Ursprungs-, Transitland und Zielort des Kinderhandels zur Prostitution.

Junge Mädchen sind am häufigsten von diesem furchtbaren Problem betroffen. Sie werden oftmals mit falschen Versprechungen von Arbeitsstellen als Kellnerinnen oder Tänzerinnen angelockt. Da es kein persönliches und vertrauliches Beschwerdesystem gibt, können sich Kinder, die Opfer organisierter krimineller Netzwerke sind, nicht mit großer Sicherheit der Polizei oder den sozialen Diensten anvertrauen. Stattdessen fühlen sie sich allein gelassen und bedroht.

Das Recht auf Gesundheit

Zugang zum Gesundheitswesen
Die gesamte Gesundheitsversorgung tschechischer Kinder wird, mit Ausnahme einiger Impfungen, durch das Sozialversicherungssystem gewährleistet.

Für Kinder ausländischer Familien ist die Situation jedoch grundlegend verschieden. Sie sind vom Sozialversicherungssystem ausgeschlossen und sind gezwungen, sich für die private Gesundheitsversorgung zu registrieren, die deutlich teurer ist. Private Versicherungen akzeptieren zudem nicht immer jeden, der an schweren Krankheiten leidet. Daher haben ausländische Kinder nicht immer einen Zugang zum Gesundheitssystem.

Teenager
Die Tschechische Republik hat eine hohe Rate an Schwangerschaften und Abtreibungen bei Jugendlichen. Die sexuelle Aufklärung oder zumindest der Umgang mit Verhütungsmitteln muss verbessert werden. Außerdem gibt es ausgesprochen wenig Hilfsprogramme für Teenagermütter und deren Kinder.

Allerdings hat der Staat zahlreiche Maßnahmen begonnen, um die Gesundheit von Teenagern zu verbessern, so zum Beispiel das Aktionsprogramm zur Vermeidung von Unfällen (2007-2017).

Dennoch ist Suizid die zweithäufigste Todesursache unter den 15- bis 19-Jährigen.

Des Weiteren steigt der Konsum von Alkohol und Tabakwaren stetig, obwohl der Verkauf an Minderjährige unter 18 Jahren verboten ist. Die Altersgrenze der regelmäßigen Konsumenten wird zunehmend jünger, sodass mittlerweile bereits Kinder unter 10 Jahren betroffen sind.

Ausgesetzte Kinder

Seit 2005 wurden mehr als 50 Babyklappen in Krankenhäusern eingerichtet, um ausgesetzte Kinder aufzunehmen. Diese Babyklappen erlauben Eltern absolute Anonymität, wenn sie ihre Kinder aussetzen.

Selbstverständlich rettet diese Maßnahme Leben, da die Säuglinge umgehend in Pflege genommen werden, doch sie verletzt auch die Internationale Kinderrechtskonvention (Artikel 6, 7, 8, 9 und 19).

Laut des Ausschusses für die Rechte des Kindes sollen öffentliche Behörden daher die Ursachen bekämpfen, die Eltern dazu verleiten, ihre Kinder auszusetzen. Dazu gehört, dass Familienstrukturen aufgebaut werden, soziale Unterstützung für ungewollte Schwangerschaften zur Verfügung stehen und Risikoschwangerschaften vermieden werden sollten.

Kinder, die von ihren Eltern getrennt werden

Beunruhigend hoch ist die Zahl der Kinder, die in sozialen Einrichtungen aufgenommen werden. Unter ihnen befindet sich ein großer Anteil an Roma. Die Hauptursache, weswegen Kinder in Pflegeeinrichtungen untergebracht werden, steht oftmals im Zusammenhang zu dem geringen Einkommen der Familie oder ihrer Wohnsituation, obwohl die Unterbringung in einem Heim im Interesse des Kindes nur als letzte Möglichkeit gesehen werden sollte.

Aus diesem Grund hat die Tschechische Republik sich im Jahr 2012 verpflichtet, die Zahl der in Heimen untergebrachten Kinder zu reduzieren und stattdessen die Unterbringung in Pflegefamilien zu verstärken und sich zu bemühen, den Kontakt zwischen Eltern und Kindern aufrecht zu erhalten, sofern dies möglich und im Interesse des Kindes ist.

Kinder mit Migrationshintergrund

Im Kampf gegen staatenlose Kinder hat die Tschechische Republik Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass die Staatsbürgerschaft durch die Geburt erworben wird. Leider haben Anträge von staatenlosen Minderjährigen auf die Staatsbürgerschaft weiterhin eine lange Bearbeitungszeit. Während dieser Zeit sind die Kinder ungeschützt und verletzlich.

Seit 2010 erlaubt ein Gesetz zum Aufenthalt von Ausländern, denen Asyl oder subsidiärer Schutz in der Tschechischen Republik zugesprochen wurde, die Zusammenführung mit ihren Familien. Außerdem leistet der Staat mittellosen und gefährdeten Familien finanzielle Unterstützung. Es scheint jedoch, dass diese Unterstützung nicht ausreicht, um den Familien wirklich zu helfen.

Hinsichtlich der isolierten Minderjährigen mit Migrationshintergrund, ist die Einrichtung einer spezialisierten Anlaufstelle mehr als willkommen. Trotzdem bleibt die Ingewahrsamnahme von Asylbewerbern und deren Kindern ein Grund zur Sorge. Das Bela-Jezova Zentrum ist grundlegend im Unrecht, da es die europäische Gesetzgebung missachtet und nicht auf die Bedürfnisse von Kindern eingestellt ist.

Jugendgerichtsbarkeit

In der Tschechischen Republik gibt es spezielle Gerichtshöfe für Minderjährige. Innerhalb dieser gesonderten Gerichtsbarkeit haben Richter jedoch kein gesondertes und dringend notwendiges Training erhalten, um auf Kinder einzugehen, die mit der Rechtsprechung im Konflikt stehen.

Kinder unter 15 Jahren werden nicht als strafmündig angesehen. Sie können jedoch vor und während der Gerichtsverfahren in geschlossenen Einrichtungen untergebracht werden.

Kinder zwischen 15 und 18 Jahren werden häufig in Gewahrsam genommen, obwohl diese Maßnahme nur als letzte Möglichkeit eingesetzt werden sollte. Außerdem werden Erwachsene und Jugendliche nur selten in getrennten Haftanstalten untergebracht.