Kinder in Namibia

Die Verwirklichung der Kinderrechte in Namibia

Namibia hat sich seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1990 zu einem Staat mit einem umfassenden Kinderrechtsschutzsystem entwickelt. Die tatsächliche Verwirklichung der Kinderrechte ist jedoch an vielen Stellen noch mangelhaft. Viele namibische Kinder ─insbesondere schutzbedürftige Kinder sowie Kinder in ländlichen Gebieten─ haben mit Armut, Ungleichheit, HIV/AIDS, Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch zu kämpfen.

Index der Realisierung von Kinderrechten: 7,39/10
Rote Stufe: 
Schwierige Situation

Bevölkerung: 2,4 million
Bev. 0-14 Jahren: 37 %

Lebenserwartung: 62,6 Jahre
Kindersterblichkeit: 39,62 ‰

Namibia auf einen Blick

Geschichte: Von den ersten Bewohnern bis zur Unabhängigkeit

Die ersten Bewohner*innen des heutigen Staatsgebiets Namibias waren die San. Später kamen auch die Nama und die Damara hinzu und die Khoikhoi verdrängten die San. Die ersten Stammesstrukturen wurden von den Bantu-sprechenden Ovambo und Herero aus dem Norden errichtetet. Von 1884 an war das heutige Namibia ─damals bekannt unter dem Namen Deutsch-Südwestafrika─ unter der Kolonialherrschaft Deutschlands. (Ministry of Environment, Forestry and Tourism Namibia)

Nach Deutschlands Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde das Territorium Namibias vom Völkerbund Südafrika zugewiesen und in Südwestafrika umbenannt. Das Regierungsmandat wurde von den Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg erneuert. Die südafrikanische Regierung verschärfte ihren Einfluss auf das Land und zwang Südwestafrika ein Apartheidregime auf. Die South-West Africa People’s Organization (SWAPO) begann 1966 mit Waffen für die Befreiung Namibias zu kämpfen.

1971 bestätigte der Internationale Gerichtshof eine Entscheidung der Vereinten Nationen, in der festgestellt wurde, dass die Besetzung Namibias durch Südafrika illegal war. (Ministry of Enivironment, Forestry and Tourism Namibia) Obwohl die Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, die die Abhaltung freier Wahlen in Namibia forderte, bereits 1978 angenommen wurde, dauerte es danach noch über zehn Jahre bewaffneter Kämpfe bis die Forderung schließlich umgesetzt wurde. 1989 führte Namibia die ersten freien Wahlen durch und am 21. März 1990 wurde die Unabhängigkeit Namibias von Südafrika erklärt. (UNICEF, Country Overview Namibia)

Namibia heute

Heute herrscht Frieden in Namibia. Namibia hat sich vom Apartheidregime abgewendet und eine neue politische Richtung als konstitutionelle Mehrparteiendemokratie eigeschlagen.  Die SWAPO ist nun eine politische Partei, die den Präsidenten Namibias stellt und in Parlament und Regierung mehrheitlich vertreten ist. Namibia ist einer der wirtschaftlich stärksten Staaten der Region. Hauptwirtschaftszweige sind der Abbau und Export von Mineralien, Tourismus, die Landwirtschaft und die Fischerei. (Ministry of Enivironment, Forestry and Tourism Namibia)

Namibia zählt trotz einer flächenmäßigen Größe von 824. 292 Quadratkilometern nur ca. 2.4 Millionen Einwohner ist damit einer der am wenigsten dicht besiedelten Staaten der Erde. Das Land ist geprägt von vielen verschiedenen ethnischen Gruppen und Kulturen und hat 13 Indigene Sprachen. Offizielle Landessprache ist seit der Unabhängigkeit Englisch. (CIA, 2020) Namibia ist das trockenste Land südlich der Sahara und daher anfällig für Dürren, Überschwemmungen und Ausbrüche von durch Wasser übertragenen Krankheiten. Die Häufigkeit und Schwere von Dürren und Überschwemmungen hat im Laufe der Jahre zugenommen. (UNICEF, Emergencies)

Status der Kinderrechte

Namibia hat im Jahr 1990 das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention) ratifiziert. (UN, Treaties Collection, CRC, 2020) Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen ist der am häufigsten ratifizierte Menschenrechtsvertrag in der Geschichte und trägt dazu bei, die Leben von Kindern grundlegend zu verändern (UNICEF, What is the Convention on the Rights of the Child?). Die Konvention enthält unter anderem grundlegende Regelungen zum Wohlergehen, der Entwicklung und dem Schutz von Kindern und sieht vor, dass die Interessen der Kinder bei allen Handlungen, die Kinder betreffen, vorrangig in die Überlegungen miteinbezogen werden müssen. Da internationale Übereinkommen gemäß Artikel 144 der Verfassung Namibias unmittelbar bindend sind, ist die Kinderrechtskonvention Teil des nationalen Rechtssystems.

2004 hat Namibia die Afrikanische Charta über die Rechte und das Wohlergehen des Kindes (ACRWC) der Afrikanischen Union ratifiziert. (ACERWC, 2020) Die ACRWC enthält unter anderem das Recht die Meinung frei auszudrücken, das Recht auf Identität, das Recht auf Bildung und das Recht auf Gesundheit. Auch die ACRWC ist Teil des nationalen Rechtssystems.

Namibia hat außerdem das Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels der Vereinten Nationen (Palermo-Protokoll) (UN, Treaties Collection, Palermo-Protocol, 2020)  sowie das Übereinkommen 182 zum Verbot der schlimmsten Formen von Kinderarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ratifiziert (ILO, Ratifications for Namibia, 2020).

Auch in der Verfassung Namibias sind Kinderrechte verankert. Artikel 15 statuiert unter anderem das Recht auf einen Namen, das Recht auf eine Staatsangehörigkeit, den Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung unter 16-Jähriger, den Schutz unter 14-Jähriger vor Kinderarbeit und den Schutz vor Zwangsarbeit.

Die Bedürfnisse der Kinder [1]

Recht auf Bildung

Artikel 28 der Kinderrechtskonvention garantiert allen Kindern das Recht auf Bildung. Vor der Unabhängigkeit war das Bildungssystem in Namibia vom Grundgedanken der Apartheid geleitet. Die soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Staates und der Menschen spielten kaum eine Rolle. Hier hat sich das Blatt seit 1990 gewendet: Das Schulsystem wurde grundlegend reformiert. (Katjavivi, 2016, S. 3)

Im Durchschnitt fließen heute 22% von Namibias jährlichen Staatsausgaben in den Bildungssektor. Positive Resultate lassen sich besonders in der Primärausbildung erkennen: Namibia hat in den Grundschulen eine Einschreibungsquote von über 98% und steht damit kurz vor einer universellen Primärausbildung. Auch besteht in der Grundschule sowie auf der Sekundärstufe Parität zwischen den Geschlechtern. (UNICEF, Education) Die Alphabetisierungsrate der 15 bis 24-Jährigen beträgt 95%. (UNICEF, Country Profiles, 2020)

Wenn es jedoch darum geht, qualitativ hochwertige Lernergebnisse auf allen Ebenen, insbesondere auch in weiterführenden Schulen, zu erzielen, hat der Bildungssektor noch mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Dazu gehören hohe Wiederholungsraten (durchschnittlich 20% in den Klassen 1, 5 und 8) und Abbrecherquoten. In weiterführenden Schulen liegt die Einschreibungsrate bei nur 57%. Weniger als die Hälfte (45%) der Schüler der 5. Klasse erreichen in standardisierten Leistungstests das erwartete Kompetenzniveau in Mathematik und Englisch.

Der weltweit akzeptierte Standard beträgt hingegen mindestens 80%. Weitere Faktoren, die die Ausbildung von Kindern beinträchtigen, sind Schwangerschaften von Jugendlichen und Gewalt in Schulen. (UNICEF, Education)

Recht auf Gesundheit

Nach Artikel 24 der Kinderrechtskonvention hat jedes Kind das Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit an sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit. Die Vertragsstaaten müssen sicherzustellen, dass keinem Kind das Recht auf Zugang zu derartigen Gesundheitsdiensten vorenthalten wird. Zu den Maßnahmen, die die Vertragsstaaten zu treffen haben, gehören auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Hygieneeinrichtungen sowie die ausreichende Versorgung mit sauberem Trinkwasser und ausreichend Nahrung.

Nicht zuletzt wegen der geringen Bevölkerungsdichte stellt der Zugang zu medizinischen Einrichtungen in Namibia in den ländlichen Gegenden eine große Herausforderung dar. Hilfsdienste erreichen weniger als 1% der Haushalte und häufig wird die Betreuung abgebrochen. Zehn von den insgesamt 34 Distrikten Namibias beherbergen 80% der unerreichten Kinder. (UNICEF, Health) Die Sterblichkeitsrate der unter 5-Jährigen beträgt 39,62‰. (IGME, 2020) 87% der Kinder erhalten die dritte Dosis der DTP-Impfung und 56% werden gegen Masern geimpft. (UNICEF, Country Profiles)

Nur 33 % der Gesamtbevölkerung haben Zugang zu angemessenen sanitären Einrichtungen. Das bedeutet, dass es über 1,4 Millionen Menschen an Zugang zu sanitären Einrichtungen mangelt. Bei der ländlichen Bevölkerung haben sogar nur bei 14% Zugang zu sanitären Einrichtungen. Besonders in den nördlichen Regionen liegen die Zahlen des Zugangs (mit teilweise unter 10%) mit 5% weit unter dem nationalen Durchschnitt. Auch an Schulen fehlt es an sanitären Einrichtungen: Ungefähr 23% der Schulen haben keine Toiletten. Weiterhin fehlt es an Schulen häufig an Möglichkeiten die Hände zu waschen und an Reinigungssystemen für die Toiletten. (UNICEF, Sanitation and Hygiene)

Der Großteil von Namibias Bevölkerung (87%) hat Zugang zu sauberem Trinkwasser. Allerdings bestehen auch hier große regionale Unterschiede. Besonders dem häufig durch Dürren gefährdeten Norden des Landes mangelt es in ländlichen Gegenden an einer ausreichenden Versorgung mit sauberem Trinkwasser. (UNICEF, Emergencies) Ein weiteres großes Problem in Namibia ist die Unterernährung: Ein Viertel aller Kinder unter fünf Jahren ist untergewichtig. (UNICEF, Nutrition)

Recht auf Identität

Nach Artikel 7 der Kinderrechtskonvention hat jedes Kind das Recht in ein Geburtenregister eingetragen zu werden und einen Namen zu tragen sowie eine Staatsagehörigkeit zu erwerben. Artikel 8 verpflichtet die Vertragsstaaten die Identität der Kinder zu achten.

Die Registrierung ist für Kinder in Namibia elementar. Ohne Registrierung haben Kinder keinen Zugang zu Bildung sowie wichtigen sozialen und medizinischen Einrichtungen. (UNICEF, Birth Registration) Aktuell werden nur 78% der Kinder in den ersten fünf Jahren ihres Lebens registriert. (UNICEF, Country Profiles, 2020) Namibia hat anlässlich des dreißigsten Geburtstages der Kinderrechtskonvention im Jahr 2019 zugesichert, dass bis 2022 95% alle Kinder zwischen 0 und 6 Jahren registriert werden und ein Geburtszertifikat erhalten. (OHCHR, 2019)

Risikofaktoren → Landesspezifische Herausforderungen

Armut

Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1990 hat Namibia erhebliche Fortschritte in der Verringerung der Armut gemacht. Die natürlichen Ressourcen Namibias in Form von Mineralien in Kombination mit der im Verhältnis zur Staatsgröße kleinen Bevölkerung haben dafür gesorgt, dass Namibia als ein Land mit mittlerem bis hohem Einkommen gilt. Bis 2009/2010 wurde die Anzahl an Namibiern unter der nationalen Armutsgrenze auf 28.7% halbiert. Bis 2015/2016 wurde der Anteil sogar auf 17.4% gesenkt.[2] (Worldbank, 2020)

Zudem ist Namibia ist eines von wenigen afrikanischen Ländern mit einem umfassenden und vollständig staatlich finanzierten Sozialhilfesystem, bestehend aus Alters- und Invaliditätsrenten, Renten für Kriegsveteranen und auch Sozialhilfe für Kinder. Obwohl diese Finanzhilfen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das Leben der betroffenen Personen zu verbessern, haben sie sich bisher jedoch nicht als effektives Mittel erwiesen, um die Kinderarmut zu eliminieren. (UNICEF, Protection)

2010 lebten 34% der namibischen Kinder lebten unter der Armutsgrenze. 18.3% sogar in schwerer Armut. Kinder sind damit deutlich stärker von Armut bedroht als die Durchschnittsbevölkerung, die in diesem Jahr zu 28.7% unter der Armutsgrenze und zu 15.3% in schwerer Armut lebte. (UNICEF, Child Poverty in Namibia, 2012) 34% der erwerbsfähigen Bevölkerung Namibias sind arbeitslos. Die Arbeitslosenquoten bei Frauen (38.3%) und bei Jugendlichen (43.4%) liegen sogar noch wesentlich höher. (Worldbank, 2020)

Als fortwährende Auswirkung des jahrelangen Apartheidregimes ist die Ungleichheit verschiedener Bevölkerungsgruppen in Namibia noch heute deutlich zu erkennen. In diesem Bereich werden nur langsam Fortschritte gemacht, was dazu führt, dass Namibia eines der ungleichsten Länder der Welt ist. Der Gini-Index (0 = Gleichverteilung des Einkommens; 100 = Totale Ungleichverteilung des Einkommens) lag im Jahr 2015 bei 57.6. Diese Ungleichheit erschwert die Verringerung der Kinderarmut erheblich. (Worldbank, 2020)

HIV/AIDS

Seit den 1990-er Jahren ist das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) in Namibia weit verbreitet. HIV ist ein Virus, das das Immunsystem des Körpers attackiert, indem es CD4-Zellen zerstört und damit die körperliche Immunität vor Infektionen beeinträchtigt. Wenn die Zerstörung der CD4-Zellen voranschreitet, sinkt die Immunität vor Infektionen weiter. Eine Person mit weniger als 200 CD4-Zellen pro Mikroliter im Blut ist am Akquirierten Immun-Defizienz-Syndrom (AIDS) erkrankt. Obwohl derzeit weder ein Impfstoff gegen HIV noch ein Heilmittel existiert, kann durch eine antiretrovirale Therapie (ART) eine Übertragung des HI-Virus von Mutter zu Kind während Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit sowie eine Übertragung an Sexualpartner*innen verhindert werden. Zudem reduziert die ART die Replikation des Virus im Blut. (WHO, 2020)

In Namibia sind derzeit insgesamt ca. 210.000 Menschen an HIV erkrankt (ca. 8,75% der Gesamtbevölkerung). Frauen sind hier deutlich häufiger betroffen (130.000) als Männer (72.000). Auch 10.000 Kinder unter 15 Jahren sind am HI-Virus erkrankt. Schätzungsweise wissen 95% der erkrankten Personen über den Status ihrer Krankheit Bescheid. Obwohl die Therapiezahlen in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind, erhalten aktuell lediglich 85% eine ART. Nach verschiedenen Maßnahmen im Rahmen nationaler Hilfsprogramme bekommen heute über 95% der erkrankten Mütter eine Therapie, um eine Mutter-Kind-Übertragung zu verhindern. (UNAIDS, 2020)

Weitere Herausforderungen im Zusammenhang mit HIV/AIDS sind zum einen das soziale Stigma, mit dem Betroffene aktuell leben (13% der Befragten würden kein Gemüse von einer Person kaufen, die das Virus in sich trägt) und zum anderen die Aufklärung von Jugendlichen zu diesem Thema. Nur 58% der Personen zwischen 15 und 25 haben Kenntnisse über die Prävention von HIV. (UNAIDS, 2020)

Kinderarbeit

Kinderarbeit ist jede Arbeit, die dazu geeignet ist die physische, geistige oder moralische Integrität des Kindes oder seine Bildung zu gefährden. (ILO, Study on Child Labour, 2010, S. VIII) Kinderarbeit ist in Namibia weit verbreitet. Die Kinderarbeiter*innen sind in häufig der Landwirtschaft beschäftigt oder in Privathäusern tätig, wo sie als Hausangestellte für wenig Geld und ohne Arbeitsvertrag unter schlechten Bedingungen arbeiten. (Namibia Economist, 2017)

Aus einer einer Studie aus dem Jahr 2010, die bei 845 Kinderarbeiter*innen im landwirtschaftlichen Sektor in einigen Regionen Namibias durchgeführt wurde, geht hervor, dass ein Arbeitstag in diesem Bereich für vollzeitbeschäftigte Kinder durchschnittlich 11 Stunden, für teilzeitbeschäftige Kinder durchschnittlich 6h dauert. Keines der Kinder hatte einen Arbeitsvertrag. Die Löhne waren extrem gering; viele der Kinder wurden in Lebensmitteln bezahlt. Als Gründe für die Ausübung ihrer Arbeiten gaben die Kinder häufig Armut oder Verwaisung an. (ILO, Study on Child Labour, 2010, S. 15 -16)

Kinderhandel und Zwangsarbeit

Seit Jahren sind auch der Kinderhandel und Zwangsarbeit von Kindern ein Problem in Namibia. Kinderhandel ist nach Artikel 3 lit. c des Palermo-Protokolls die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme eines Kindes zum Zweck der Ausbeutung. Zwangsarbeit ist nach dem Übereinkommen 29 der ILO jede Arbeits- oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat.

Namibia ist sowohl Herkunfts- als auch Zielland für Kinder, die der Zwangsarbeit und Kinderhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung ausgesetzt sind. Namibische Kinder sind insbesondere der Zwangsarbeit in der Landwirtschaft, Viehzucht und im häuslichen Dienst sowie dem Sexhandel ausgesetzt. Unter den ethnischen Gruppen Namibias sind San- und Zemba-Kinder besonders anfällig für Zwangsarbeit auf Farmen oder in Privathäusern. Kinder aus weniger wohlhabenden Nachbarländern werden sowohl dem Sexhandel als auch Zwangsarbeit ausgesetzt, unter anderem beim Straßenverkauf in den Städten sowie im Fischereisektor. Kinder aus Angola werden zur Zwangsarbeit in der Viehzucht nach Namibia gebracht. (U.S.-Department of State, 2018)

Missbrauch von Kindern

Der Missbrauch von Kindern umfasst den physischen, sexuellen und emotionalen Missbrauch sowie Vernachlässigung. (De Klerk, 2009, S. 348-349) Häufig bleiben diese Formen des Missbrauchs unentdeckt. Kinder haben oft Angst davor Missbrauch ihrer Eltern oder Bezugspersonen zu melden und haben oft auch widersprüchliche Gefühle, wenn sie von einer Person, die sie lieben missbraucht werden. (Legal Assistance Centre, 2012, S. 21) Häusliche Gewalt ist in Namibia keine Seltenheit. 28% der Frauen und 22% der Männer in Namibia zwischen 15 und 49 Jahren halten Gewalt in der Ehe unter bestimmten Umständen für gerechtfertigt. (UNICEF, Country Profiles, 2020)

Ein ernstes Problem ist Gewalt gegen Kinder in Form von physischer Disziplinierung. In einer Studie von 2007/2008 wurde ermittelt, dass fast die Hälfte (45%) der befragten Kinder innerhalb der drei Monate vor der Befragung irgendeiner Form der körperlichen Disziplin ausgesetzt waren. Über ein Drittel (36%) wurden nach der Wertung der Studienerhebenden sogar Opfer von exzessiver körperlicher Disziplin. (Legal Assistance Centre, 2012, S. 22)

Einige Studien indizieren, dass viele namibische Kinder bereits Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind. Eine Studie aus dem Jahr 2006 ergab beispielsweise, dass 25% der Befragten im Alter von 10 bis 14 Jahren und 15% der befragten 15-24-Jährigen bereits einer oder mehrerer Formen des sexuellen Missbrauchs durch Eltern oder Pflegepersonen ausgesetzt waren. Sexueller Missbrauch ist nach dieser Studie die sexuelle Berührung von einem Elternteil oder einer Pflegeperson, der Zwang, einen Elternteil oder eine Pflegeperson sexuell zu berühren, oder der Zwang, mit einem Elternteil oder einer Pflegeperson Geschlechtsverkehr zu haben. (Legal Assistance Centre, 2012, S. 22)

Geschrieben von Giulia Welge

Zuletzt aktualisiert am 31. August 2020

Literaturhinweise:

African Committee of Experts on the Rights and Welfare of the Child (ACERWC) (2020), ACRWC Ratifications Table.

CIA Factbook (2020), Namibia.

De Klerk, Veronica C. (2009), Understanding the perpetrators of violent crimes against children’.

International Labour Organization (ILO) (2010), In-depth study on child labour in the agricultural sector in Namibia: a study of Oshikoto, Ohangwena, Caprivi and Kavango’.

International Labour Organization (ILO) (2020), Ratifications for Namibia`.

Katjavivi, Peter H. (2016), Educational Transformation in Namibia’. Address at the Forum of the Commonwealth Council on Education, Palace of Westminster, London, 26 May 2016’.

Legal Assistance Centre (2012), Seeking Safety: Domestic Violence in Namibia and the Combating of Domestic Violence Act 4 of 2003 – Summary Report’.

Ministry of Environment, Forestry & Tourism Namibia, History, Population, Language and Culture’.

Namibia Economist (2017), , ILO Director’s Perspective of Child Labour in Namibia’.

Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR) (2019), Celebrating 30 years of the Convention on the Rights of the Child: Pledges by Namibia’.

UNAIDS (2020), Country: Namibia’.

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UNICEF, Namibia: Birth Registration’.

UNICEF (2012), Child Poverty in Namibia: A child-centred analysis of the NHIES 2009/10’.

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UNICEF, Namibia: Sanitation and Hygiene’.

UNICEF, ‘What is the Convention on the Rights of the Child?’.

United Nations (UN) (2020), Treaties Collection: Convention on the Rights of the Child’.

United Nations (UN) (2020), Treaties Collection: Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels der Vereinten Nationen‘.

United Nations Inter-agency Group for Child Mortality Estimation (IGME) (2020), Namibia’.

United States Department of State (2018), Trafficking in Persons Report – Namibia’.

Worldbank (2020), Namibia: Country Overview’.

World Health Organization (WHO) (2020), HIV/AIDS’.


[1] Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch darauf eine vollständige oder repräsentative Darstellung der Kinderrechte in Namibia zu geben; eine der vielen Herausforderungen sind die kaum aktualisierten oder fehlenden Informationen über Kinder in Namibia. Die Informationen sind teilweise unzuverlässig, nicht repräsentativ, veraltet oder nicht vorhanden.

[2] Zu bemerken ist hier, dass die Armutsgrenze in Namibia im Vergleich zu anderen Staaten mit mittlerem bis hohem Einkommen niedrig ist, was bedeutet, dass armutsgefährdete Personen die in anderen Staaten mit mittlerem bis hohem Einkommen schon als arm gelten würden möglicherweise nicht in diese Statistik miteinfließen.