In den letzten zehn Jahren hat die Kriminalität mit Messern im Vereinigten Königreich in alarmierendem Maße zugenommen. Angetrieben von einer zugrundeliegenden, wachsenden Epidemie schwerer Jugendgewalt und begünstigt durch fortgesetzte Mängel in Gesetzgebung und Politik, ist dieses Verbrechen zu einem der größten Risiken für die Sicherheit von Kindern geworden. Obwohl die jüngsten Entwicklungen auf eine positive Entwicklung der nationalen Maßnahmen hindeuten, sind größere Anstrengungen erforderlich, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen dem Wohl der Kinder Vorrang einräumen und ihre angeborene Verletzlichkeit anerkennen.
Das Ausmaß der Krise
Im Jahr 2024 meldete das Office for National Statistics (ONS) des Vereinigten Königreichs landesweit über 55.000 Vorfälle von Straftaten mit Messereinsatz – ein Anstieg um 4 % gegenüber dem Vorjahr und um 80 % gegenüber den Zahlen von vor zehn Jahren (Office for National Statistics, 2025). In dieser Zahl sind über 260 Morde in England und Wales enthalten, bei denen ein Messer oder ein scharfes Instrument zum Einsatz kam, und weitere 3.735 Einweisungen in NHS-Krankenhäuser aufgrund von Angriffen mit einem scharfen Gegenstand (Office for National Statistics, 2025).
Obwohl die mit Messern verübten Straftaten geografisch weit gestreut sind, ereignen sich die meisten Vorfälle in Ballungsgebieten: Auf den Großraum London, die West Midlands und den Großraum Manchester entfällt fast die Hälfte aller nationalen Vorfälle (Office for National Statistics, 2025).
Gefährdete junge Menschen
Kinder und Jugendliche unter 25 Jahren sind eine der am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen. Im Jahr 2022-23 wurden 42 junge Menschen im Alter von 16-19 Jahren Opfer von Tötungsdelikten mit einem Messer (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024). Im letzten Jahr, 2024, wurden 57 Personen unter 25 Jahren mit einem Messer oder einem scharfen Gegenstand ermordet (Office for National Statistics, 2025).

Umfassendere Untersuchungen zu den Ursachen von Vorfällen mit Messern in jugendlichen Gemeinschaften zeigen eine Epidemie schwerer Jugendgewalt, von der sowohl junge Menschen, die regelmäßig in Gewalttaten verwickelt sind, als auch andere, indirekt, betroffen sind (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024).
Schwere Jugendgewalt bezieht sich auf Handlungen, die schwere oder gravierende Körperverletzungen verursachen, oder auf Straftaten, die mit Waffen begangen werden und an denen Opfer bis zu 19 Jahren beteiligt sind. Es gibt Hinweise darauf, dass ganze Gemeinden von schwerer Jugendgewalt heimgesucht werden, die unter den Jugendlichen große Angst verbreitet (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024).
Eine im Jahr 2023 durchgeführte Umfrage unter fast 8000 Kindern in England und Wales zeigte ein ähnliches Ausmaß an gesellschaftlicher Instabilität: 25 % aller Befragten waren entweder Täter oder Opfer von Gewalt (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024). Fast die Hälfte derselben Befragten gab an, im Jahr 2023 Zeuge von Gewalt geworden zu sein (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024).
Schwere Jugendgewalt steht nachweislich auch in engem Zusammenhang mit anderen Formen der Schädigung und Ausbeutung und überschneidet sich mit „County Lines“ – dem organisierten kriminellen Handel mit illegalen Drogen im Vereinigten Königreich – und der kriminellen Ausbeutung von Kindern (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024). In einer nationalen Landschaft, in der die Strafverfolgungsbehörden angesichts des anhaltenden Anstiegs der Kriminalität mit zunehmenden Ressourcenproblemen konfrontiert sind, besteht die Gefahr, dass die Polizeikräfte von der Menge und dem Ausmaß der Gewalttaten überrollt werden.
Lücken in der Reaktion
Die nationalen Maßnahmen zur Bekämpfung der Messerkriminalität waren nicht in der Lage, die Ursachen für schwere Jugendgewalt umfassend zu bekämpfen oder die Verbreitung und Zugänglichkeit gefährlicher Waffen einzudämmen. Letztere werden häufig mit Macheten oder so genannten „Zombiemessern“ verübt, d. h. mit verzierten und ausgeklügelten Waffen, die von Zombie-Horrorfilmen inspiriert sind. Die Bemühungen um ein Verbot dieser Waffen haben sich als unwirksam erwiesen.
Die vom Office for National Statistics Centre for Crime and Justice erhobenen Daten ergaben, dass zwischen April 2023 und März 2024 von 262 Straftaten, die mit einem scharfen Gegenstand, 109 Straftaten mit einem Küchenmesser, 18 mit einer Machete, 13 mit einem Rambo-/Kampfmesser und 4 mit einem Zombiemesser verübt wurden; die übrigen scharfen Instrumente waren Äxte, Schnappmesser, Jagdmesser, Sperrmesser, Schwerter und andere scharfe Instrumente (Office for Office for National Statistics Centre for Crime and Justice, 2025).
Ein 2016 verhängtes Verbot des Verkaufs von Zombiemessern wurde durch eine Lücke in der Rechtsvorschrift untergraben, die es den Händlern ermöglichte, die Werkzeuge neu zu kategorisieren, indem sie „bedrohliche Inschriften von den Klingen entfernten“ und sie damit legal machten (Musa-Eiggie, 2025). Das Fehlen umfassender Rechtsvorschriften in Verbindung mit einem Mangel an opferfreundlichen Mechanismen für die Offenlegung und Abgabe von Waffen an die Strafverfolgungsbehörden hat dazu beigetragen, dass Messer weiterhin auf der Straße verkauft werden.
Auf breiterer Ebene haben Studien festgestellt, dass es auf nationaler Ebene nicht gelungen ist, lokale Schutzpartnerschaften in den Kontext schwerer Jugendgewalt zu integrieren (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024). Anstatt Kinder – ob Täter oder nicht – als Opfer zu behandeln, hat die bisherige Reaktion der Regierung den Familien und Gemeinden wenig Anleitung gegeben, wie sie das Problem in ihrem lokalen Umfeld angehen können (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024).
Die bestehenden Kinderschutzmechanismen konzentrieren sich zu sehr auf Risiken innerhalb der Familie und weniger auf solche außerhalb des Hauses (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024). Infolgedessen fallen einige Kinder, die in schwere Jugendgewalt verwickelt oder davon betroffen sind, nicht in den Geltungsbereich der nationalen Schutzmaßnahmen und erhalten keine formalisierte Unterstützung.
Darüber hinaus sind Kinder von den meisten Entscheidungsfindungsprozessen in Bezug auf die Politik und Strategie im m Bereich der mit Messern begangenen Straftaten isoliert worden. Wenn ihre Ansichten nicht vorrangig berücksichtigt und in die nationalen Maßnahmen einbezogen werden, besteht die Gefahr, dass die wichtigsten Ursachen der Gewalt übersehen werden und – was entscheidend ist – einige der besonderen Merkmale, die die Gefährdung erhöhen, nicht erkannt werden (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024).
Obwohl Messergewaltkriminalität nicht diskriminierend ist, überschneiden sich einige der ihr zugrunde liegenden Triebkräfte mit größeren Ungerechtigkeiten im Strafrechtssystem (Popham, 2024). So sind beispielsweise Kinder mit einem bestimmten ethnischen und rassischen Hintergrund nicht nur häufiger von Schulausschlüssen betroffen und haben häufiger mit dem Strafrechtssystem zu tun, sondern werden auch unverhältnismäßig häufig von den Strafverfolgungsbehörden verhört und einer Leibesvisitation unterzogen (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024).
Studien aus den Jahren 2022-23 zeigen, dass schwarze Kinder im Vereinigten Königreich im Vergleich zur nationalen Bevölkerungsverteilung mehr als sechsmal so häufig ermordet und „doppelt so häufig verhaftet“ werden (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024). Wenn die politischen Entscheidungsträger diese zugrundeliegenden Ungleichheiten nicht berücksichtigen und direkt angehen, laufen sie Gefahr, Maßnahmen umzusetzen, die den am stärksten gefährdeten Gemeinschaften keine Priorität einräumen.
Wege in die Zukunft
Die in den letzten zwei Jahren erfolgten Veränderungen in der Politik und der Strafverfolgung geben Anlass zu Optimismus, was die Priorisierung der mit Messern begangenen Straftaten angeht. Auf gesetzgeberischer Ebene wird die Crime and Policing Bill der Regierung das bestehende Schlupfloch für Zombiemesser und Samuraischwerter schließen und neuartige Sanktionen für Tech-Unternehmen vorsehen, die den Verkauf von verbotenen Messern auf ihren Plattformen zulassen (Nevett, 2024).
Der Gesetzentwurf verpflichtet Einzelhändler außerdem, verdächtige Messerkäufe zu melden, strengere Ausweiskontrollen für Käufer vorzuschreiben und im Laufe der Zeit an einem Lizenzierungssystem zur Registrierung und Verfolgung von Messerkäufen teilzunehmen (Green & Bridge, 2025). Auf Anregung des Nationalen Rates der Polizeichefs (National Police Chief’s Council, NPCC) sieht der Gesetzentwurf auch höhere Haftstrafen für die Weitergabe von Waffen an Kinder und einen neuen Straftatbestand des „Besitzes mit gewalttätiger Absicht“ vor, um potenzielle Straftäter stärker abzuschrecken (Green & Bridge, 2025).
Ende 2024 ermutigte und ermöglichte die Regierung legalen Messerbesitzern, ihre Waffen ohne Strafverfolgung bei der Polizei abzugeben (Musa-Eiggie, 2025). Als Reaktion auf die Forderung nach wirksameren behördenübergreifenden Partnerschaften zu diesem Thema hat der Premierminister kürzlich eine sektorübergreifende Koalition zur Bekämpfung der Messerkriminalität ins Leben gerufen.
Diese Partnerschaft umfasst die Regierung, die Opfer und ihre Familien, Technologieunternehmen, lokale Basisorganisationen und Partner des öffentlichen Dienstes – Gesundheit, Bildung und Strafverfolgung (Home Office, 2024).
Vor Ort hat sich die Regierung verpflichtet, die Bemühungen zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit zu fördern und in sie zu investieren. Für die nationalen Polizeikräfte wurden als Reaktion auf die gravierenden Kapazitätsprobleme 13.000 zusätzliche Beamte zugesagt (Nevett, 2024). Im Rahmen der „Serious Violence Duty“ (Pflicht zur Bekämpfung von schwerer Gewalt), die 2023 eingeführt wurde, hat die Regierung außerdem die Stadtverwaltungen und lokalen Behörden aufgefordert, routinemäßig Informationen über schwere Gewalt auszutauschen und Strategien zu entwickeln, die die Ursachen bekämpfen (His Majesty’s Inspectorate of Probation, 2024).

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Geschrieben von Vanessa Cezarita Cordeiro
Übersetzt von Michael Aschenbrenner
Korrektur gelesen von Marie Podewski
Referenzen:
Adams, Richard. (2024, November 20). “Knife crime ‘blighting the lives of too many children’ in England, warns inspectors.” Retrieved from The Guardian, accessed on 25 February 2025.
Green, R. & Bridge, R. (2025, 19 February). “New knife laws will make difference, says victim’s sister.” Retrieved from BBC News, accessed on 25 February 2025.
His Majesty’s Inspectorate of Probation. (2024, November 20). “Multi-agency responses to serious youth violence: working together to support and protect children.” Retrieved from His Majesty’s Inspectorate of Probation, accessed on 25 February 2025.
Home Office. (2024, 9 September). “Government to launch new coalition to tackle knife crime.” Retrieved from Home Office, accessed on 25 February 2025.
Musa-Eiggie, L. (2025, January 30). “Four months on: Zombie knife ban – has it made a difference?” Retrieved from Youth Endowment Fund, accessed on 1 March 2025.
Nevett, J. (2024, September 24). “Labour on a mission to halve knife crime, Cooper says.” Retrieved from BBC News, accessed on 28 February 2025.
Office for National Statistics. (2025, January 30). “Crime in England and Wales: year ending September 2024.” Retrieved from Office for National Statistics, accessed on 28 February 2025.
Office for National Statistics Centre for Crime and Justice. (2025, February 6). “Homicide in England and Wales: year ending March 2024 – appendix tables.” Retrieved from Office for National Statistics, accessed on 10 March 2025.
Popham, Dr. C. (2024, May 23). “Behind the knife crime statistics: understanding children who carry weapons.” Retrieved from Youth Endowment Fund, accessed on 1 March 2025.
Walker, G. & Sandeman, G. “Idris Elba on stabbing crisis: ‘not all kitchen knives need a point on them.’” Retrieved from BBC News, accessed on 25 February 2025.