Kinder in Ghana

Kinderrechte in Ghana in die Realität umsetzen

Trotz der gesetzlichen Grundlage für den Schutz der Kinderrechte und der Fortschritte, die in Bezug auf Kindersterblichkeit und Bildung erzielt wurden, stehen der Erfüllung der Kinderrechte immer noch erhebliche Hindernisse im Weg. Zu den Schwierigkeiten, denen Kinder in Ghana ausgesetzt sind, gehören Sklaverei und Zwangsarbeit, Armut, körperliche und moralische Gewalt, sexueller Missbrauch, mangelnde Qualität der Bildung sowie einige Riten.

Index der Realisierung von Kinderrechten: 6,42/10
Rote Stufe : Schwierige Lage

Bevölkerung : 29.8 Millionen
Bev. 0-14 Jahren : 37.6 %

Lebenserwartung : 63.8 Jahre
Kindersterblichkeit : 47.9 ‰

Ghana im Überblick

Ghana, während der Kolonialzeit Goldküste genannt [1], liegt in Westafrika an der Atlantikküste, zwischen der Elfenbeinküste und Togo. Die Goldküste wurde im Laufe der Jahrhunderte von mehreren Kolonialmächten (Portugal, Holland, Dänemark, Schweden) besetzt, bevor das britische Empire im 19. Jahrhundert die Kontrolle über die Region übernahm. Diese Region zog die Gier nach dem Gold an, das ihr Boden enthielt, wie der Name dieses Teils der Guineischen Küste andeutet, aber auch nach den Sklaven, die in die Kolonien der Neuen Welt geschickt wurden.

Die Goldküste war jedoch die erste britische Kolonie, die 1957 die Unabhängigkeit erlangte [2; 3]. Der neue Staat nahm dann den Namen Ghana an und sein erster Präsident war Kwame Nkrumah. Trotz der zahlreichen Staatsstreiche und Machtergreifungen, die den Beginn seiner Geschichte erschütterten, gelang es Ghana, demokratische Stabilität herzustellen [3]. Das BIP des Landes ist seit 2000 stark gestiegen [4], wobei Ghana nach der Elfenbeinküste [5] als zweitgrößter Kakaoproduzent der Welt bekannt ist. Darüber hinaus weist auch die Lebenserwartung seit den 1960er Jahren ein stetiges Wachstum auf. Auch die Einschulung an den Grundschulen hat in den letzten fünfzehn Jahren stark zugenommen [4].

Doch trotz der vielen Fortschritte, die Ghana gemacht hat – das Land wird von anderen afrikanischen Ländern oft als Beispiel angeführt – sind die Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Rechte der Kinder, nach wie vor groß.

Status der Kinderrechte [1]

Vor mehr als dreißig Jahren, nach der Verabschiedung der Internationalen Konvention über die Rechte des Kindes durch die Vereinten Nationen, war Ghana das erste Land der Welt, das den Vertrag am 5. Februar 1990 ratifiziert und sich damit verpflichtet hat, ihn in nationales Recht umzusetzen [6]. Die Afrikanische Charta über die Rechte und das Wohlergehen des Kindes, die auf der Konvention basiert, wurde in den 1990er Jahren von mehreren afrikanischen Ländern, darunter auch Ghana, angenommen und trat 1999 in Kraft [6]. Genauer gesagt sind die Rechte des Kindes in der ghanaischen Verfassung von 1992 definiert und wurden durch das Children’s Act von 1998 gestärkt, wodurch eine rechtliche Grundlage geschaffen wurde, um auf die Achtung der Kinderrechte in Ghana hinzuarbeiten [7].

Während in der Vergangenheit Kindern besondere Rechte zugestanden wurden, hat sich die Vorstellung, dass Kinder tatsächlich die gleichen Grundrechte haben wie jeder andere Mensch, auch Erwachsene, allmählich durchgesetzt, auch in Ghana im Rahmen der Konvention über die Rechte des Kindes [7]. Sowohl nach der Konvention als auch nach dem Children’s Act müssen die Rechte von Kindern ohne jeglichen Unterschied umgesetzt werden [7; 8]. In Ghana gilt eine Person bis zu ihrem 18. Lebensjahr als Kind [8]. Das Mindestalter für eine Beschäftigung beträgt 15 Jahre [8]. Leichte Arbeit ist jedoch ab dem Alter von 13 Jahren erlaubt [8]. Darunter versteht man eine Arbeit, die die Gesundheit und die Entwicklung des Kindes nicht gefährdet. Außerdem ist die erzwungene Kinderheirat verboten und das offizielle Mindestalter für die Eheschließung beträgt 18 Jahre [8].

So gibt die Verfassung den ghanaischen Kindern auf dem Papier die Rechte, die jedes Kind haben sollte, aber die Realität ist noch zu weit von den gesetzlichen Richtlinien entfernt.

Die Bedürfnisse von Kindern erfüllen

Recht auf Nahrung

In Ghana ist jedes fünfte Kind unter fünf Jahren in seinem Wachstum zurück und jedes zehnte Kind unter fünf Jahren ist für sein Alter untergewichtig [9]. Bei zwei von drei Babys besteht auch die Gefahr, dass sie aufgrund von Unterernährung körperlich und geistig unterentwickelt sind [9]. Die Folgen der Mangelernährung bei Kleinkindern können katastrophale Folgen für ihre Entwicklung und ihr Leben haben: Lernschwierigkeiten, geschwächtes Immunsystem und erhöhtes Infektionsrisiko [9]. Der starke Rückgang der Anzahl gestillter Kinder und die einseitige Ernährung sind die Hauptfaktoren der Mangelernährung bei Kleinkindern [9].

Recht auf Gesundheit

Die Senkung der Kindersterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren geht in Ghana aufgrund mangelnder Versorgung, insbesondere in den ersten 28 Lebenstagen von Neugeborenen, nur sehr langsam voran [10]. Die Sterblichkeitsrate von Neugeborenen ist auf Frühgeburten, Infektionen und Komplikationen während und vor der Entbindung zurückzuführen [10]. Trotz der Möglichkeit, eine pränatale Vorsorge in Anspruch zu nehmen und der Präsenz qualifizierter Hebammen in Gesundheitseinrichtungen während der Entbindung ist die Zahl der Todesfälle bei Neugeborenen und Müttern nach wie vor hoch [10]. Abgesehen davon ist, da fast die Hälfte aller Mädchen davon betroffen ist, die Anämie ein großes Problem im Gesundheitswesen. [10]. Die Anämie ist eine der Ursachen für Müttersterblichkeit, niedriges Geburtsgewicht und Frühgeburt [10].

Trotz der Bemühungen und Fortschritte bei der flächendeckenden Impfung und der Sicherung der Immunität von Kindern gegen die häufigsten Krankheiten, werden viele Kinder nicht geimpft und sind von klein auf von diesen Krankheiten betroffen [10]. Dies betrifft vor allem Kinder in dicht besiedelten städtischen Gebieten wie in den Innenstädten von Großstädten oder aber in bestimmten Regionen von Ländern, die nach wie vor schwer zugänglich sind [10].

Recht auf Bildung

In Ghana sind 87% der Jungen und 86% der Mädchen in einer Schule eingeschrieben. 94% von ihnen schließen die Grundschule ab [11]. Im Gegensatz dazu besuchen jedoch nur 58% der Jungen und 57% der Mädchen die Sekundarschule [11]. Die Anzahl derjenigen, die ihre Ausbildung über die Sekundarschule hinaus fortsetzen, ist gering. Auffallend ist die große Übereinstimmung beim Zugang zur Bildung, wobei fast der gleiche Prozentsatz von Jungen und Mädchen die Schule besucht.

Trotz dieser eher positiven Statistiken sind die Lehr- und Lernbedingungen noch bei weitem nicht ideal für die Bildung von Kindern. Die Klassen sind überfüllt, es fehlen Kursmaterialien und es gibt nicht genügend kompetente Lehrer [12]. Was die Infrastruktur betrifft, so sind die sanitären Einrichtungen oftmals unzureichend [12]. Darüber hinaus haben Mädchen mehr Schwierigkeiten, die Sekundarschule abzuschließen, obwohl es eine Übereinstimmung hinsichtlich des Grundschulabschlusses gibt, was im Allgemeinen auf Armut und Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist.

Allerdings ist die Alphabetisierungsrate der Frauen (84%) höher als die der Männer (74%) [11]. Was Kinder mit Behinderungen anbelangt, so findet die Inklusion im Schulsystem noch zu wenig Beachtung [12].

Risikofaktoren -> Länderspezifische Herausforderungen

Arbeit und Sklaverei

Etwa 25% der ghanaischen Kinder arbeiten [13]. Nahezu 80% von ihnen arbeiten in der Landwirtschaft, etwa 18% im Dienstleistungssektor und der Rest in der Industrie [13]. In den Städten ist Kinderarbeit im Allgemeinen bei Straßenverkauf, Paketzustellung, Schuhputzen, Hilfe für Behinderte oder bei der Arbeit in Restaurants anzutreffen [7]. In ländlichen Gebieten umfasst die Arbeit die Überwachung von Herden, den Anbau von Getreide, den Fischfang oder den Transport von Steinen [7]. Kinderarbeit umfasst jedoch auch weniger sichtbare Tätigkeiten wie Prostitution, Drogenhandel oder Diebstahl [7].

Ein sehr großes Problem in Ghana ist außerdem der Menschenhandel, der hauptsächlich Kinder betrifft, insbesondere Mädchen zwischen 7 und 16 Jahren und Jungen zwischen 10 und 17 Jahren [7]. Der Zweck des Menschenhandels besteht darin, Kinder auf Sklaverei und Zwangsarbeit zu reduzieren. Jungen sind in der Regel in den illegalen Minen des Landes, auf Kakaoplantagen oder als Fischer beschäftigt [7], insbesondere am Volta-See [14]. Eine andere Form der Sklaverei ist die häusliche Kinderarbeit von der hauptsächlich Mädchen betroffen sind [7]. Was sich früher im Familienkreis abspielte, nämlich die Ausbildung junger Mädchen für das Leben als zukünftige Ehefrauen und Hausfrauen, ist inzwischen ein kommerzielles Geschäft geworden [7]. Sie ist eine der bekanntesten Formen der Kinderarbeit [7].

Straßenkinder

In Ghana gibt es sehr viele Kinder, die auf der Straße leben. Gemäß einer im Jahr 2001 vom ghanaischen Statistikdienst (Ghana Statistical Service) durchgeführten Umfrage sind etwa 80% dieser Kinder zwischen 5 und 14 Jahre alt [7]. So jung sie auch sind, Straßenkinder müssen Arbeit finden, um sich selbst zu versorgen. Die schwierigen Lebensbedingungen auf der Straße und ihre mangelnde berufliche Qualifikation treiben viele Kinder in die Prostitution, um zu überleben [7]. Ihre prekäre Situation macht sie besonders anfällig für Ausbeutung und Menschenhandel.

Es überrascht nicht, dass die meisten dieser Kinder die Schule vorzeitig verlassen haben, was sich in einer Analphabetenrate von etwa 70% bei diesen Kindern widerspiegelt [7]. Accra, die Hauptstadt des Landes mit mehr als 5 Millionen Einwohnern, ist diejenige Stadt in Ghana, welche die höchste Anzahl von Straßenkindern aufweist [7; 15]. Zu den Ursachen, die diese Kinder in eine so prekäre Situation drängen, gehören die Landflucht, die Armut im familiären Umfeld und die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen, die insbesondere die Viertel und Regionen betreffen, aus denen diese Kinder stammen [7].

Gewalt und Missbrauch

Wie ein UNICEF-Bericht von 2013 zeigt, gehört verbale, emotionale und physische Gewalt in ihren verschiedensten Formen zum Alltag vieler Kinder in Ghana. In der Studie von 2013 gaben mehr als 57% der befragten Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren an, dass sie zu Hause regelmäßig oder sehr häufig geschlagen wurden [16]. Gleichzeitig berichteten 34% über Gewalt durch Lehrer in der Schule [16]. Die Anwendung von Gewalt, welche dazu dient, Kinder zu erziehen und zurechtzuweisen, ist Teil der gesellschaftlichen Normen des Landes [16]. Darüber hinaus wird dieses soziale Phänomen institutionell durch Gesetze verstärkt, die die Anwendung „angemessener“ physischer Sanktionen gegen Kinder durch die Eltern erlauben [16].

Sexueller Missbrauch von Kindern ist ebenfalls immer noch weit verbreitet. Eine Studie aus dem Jahr 2015 zeigte, dass der Anteil sexuell missbrauchter Kinder bei Mädchen etwa bei 27% und bei Jungen bei 11% lag [17]. Es überrascht nicht, dass Mädchen häufiger sexuell missbraucht werden als Jungen. Misshandelte Kinder können aus verschiedenen Gründen große Schwierigkeiten haben, den Missbrauch den Menschen in ihrer Umgebung zu offenbaren [17]. Einige dieser Gründe sind der Glaube, dass sie allein damit umgehen können, die Überzeugung, dass sie selbst Sex haben wollten, die Wahrnehmung, dass es normal ist, die Angst, stigmatisiert zu werden, oder das Gefühl, einen Freund zu verraten, indem sie den Missbrauch aufdecken [17].

Im Norden Ghanas, wie auch in Teilen anderer westafrikanischer Länder, haben alte Traditionen und Rituale zu rituellen Tötungen von Kindern geführt [18]. Die meisten dieser auserwählten Kinder leiden an einer Behinderung und der Grund für ihren Ritualmord rührt oft von dem Glauben her, dass sie von einem bösen Geist besessen sind, der den Menschen in ihrer Umgebung Unglück bringt [18]. Armut, Unwissenheit und die Marginalisierung bestimmter Gemeinschaften sind die zugrunde liegenden Ursachen [18]. Leider werden diese Morde nicht registriert und niemand weiß, wie viele Kinder jedes Jahr infolge dieser obskuren Praktiken wirklich sterben.

Geschrieben von Alexis Baron

Übersetzt von Chaima Naimi

Korrektur gelesen von Dilan Martyson

Zuletzt aktualisiert am 10. August 2020

Literaturverzeichnis:

[1] Wikipedia. (2020, Mai 30). Côte-de-l’Or (colonie britannique). Récupéré sur Wikipedia.

[2] SAHO. (2020, March 13). Ghana. Récupéré sur South African History Online.

[3] Encyclopaedia Britannica. (s.d.). Ghana. Récupéré sur Encyclopaedia Britannica.

[4] La Banque Mondiale. (s.d.). Ghana. Récupéré sur La Banque Mondiale.

[5] WorldAtlas. (2018, September 28). Top 10 Cocoa Producing Countries. Récupéré sur WorldAtlas.

[6] UNICEF. (2019). Convention on the Rights of the Child. Récupéré sur UNICEF – Ghana.

[7] Koomson, K. N. (2016). The rights of children in Ghana . Récupéré sur GRIN.

[8] The Parliament of the Republic of Ghana. (1998). The Children’s Act. Ghana.

[9] UNICEF, U. (2019, Octobre 16). Poor diets damaging children’s health worldwide, warns UNICEF . Récupéré sur UNICEF – Ghana.

[10] Health and Nutrition. (s.d.). Récupéré sur UNICEF – Ghana.

[11] Education Statistics – Ghana. (s.d.). Récupéré sur The World Bank.

[12] Education – Ghana. (s.d.). Récupéré sur UNICEF – Ghana.

[13] The US Bureau of International Labour Affairs. (2018). 2018 Findings on the worst forms of child labour – Ghana.

[14] Grandclément, D., & Roguez, J. (Réalisateurs). (2006). Les petits esclaves du lac Volta [Film]. Thalassa.

[15] PopulationData.net. (2020, Mars 13). PopulationData.net. Récupéré sur Ghana.

[16] Prevention of violence and abuse against children . (s.d.). Récupéré sur UNICEF – Ghana.

[17] Böhm, B. (2016). Perceptions of Child Sexual Abuse in Ghana: Causes, Consequences and Implications for Intervention.

[18] Spirit Child: Ritual Killings in Ghana. (2018, Juin 3). Al Jazeera.


[1] Dieser Artikel erhebt in keiner Weise den Anspruch, eine umfassende oder repräsentative Darstellung der Rechte des Kindes in Ghana zu geben. In der Tat ist eine der Hauptschwierigkeiten auf den Mangel an aktualisierten Informationen über Kinder in Ghana zurückzuführen, von denen die meisten unzuverlässig, nicht repräsentativ, veraltet oder einfach nicht vorhanden sind.