Digitale Gesundheit – die Zukunft der Gesundheitsversorgung für Kinder

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Durch die lawinenartige Entwicklung des digitalen Zeitalters sehen sich ganze Industrien und Institutionen gezwungen, sich an die Auswirkungen der technologischen Neuerungen anzupassen. Das Gesundheitswesen stellt hier keine Ausnahme dar. In den letzten zehn Jahren haben technologische Entwicklungen die Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen und die Art und Weise, in der Patienten Zugang zu medizinischen Informationen erhalten und mit medizinischen Fachkräften kommunizieren, revolutioniert (Dimitri, 2018). Diese innovativen Lösungen sind sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern angekommen und bieten ihnen neue Möglichkeiten und Methoden, um ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden selbst zu überwachen.

Die Vorteile neuer Technologien sprechen für sich. Ärzte sind in der Lage, Operationen mit größerer Genauigkeit durchzuführen, Krankheiten effizienter zu diagnostizieren und das Wohlbefinden ihrer Patienten besser zu überwachen. Außerdem können sie Krankheiten verhindern oder auf eine Art und Weise den Krankheitsverlauf verfolgen, wie es noch nie zuvor möglich war. Laien verwenden zu Hause Apps und Geräte, um einen Überblick über ihren Gesundheitszustand zu bekommen.

Trotz dieser neu gewonnenen Vorteile lässt die schnelle Entwicklung von digitalen Gesundheitslösungen für Kinder noch viel zu wünschen übrig. Oft wurden neue Technologien und die zugehörigen Systeme für Erwachsene umfunktioniert und dann auch für Kinder eingesetzt, anstatt diese speziell für Kinder zu entwickeln (Dimitri, 2018). Deswegen stellt Gesundheitstechnologie für Kinder oft eine Gefahr für Kinderrechte dar.

Was ist digitale Gesundheitstechnik?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Gesundheitstechnik als „Anwendung von organisiertem Wissen und Fähigkeiten in Form von Geräten, Medikamenten, Impfstoffen, Verfahren und Systemen, die entwickelt wurden, um ein Gesundheitsproblem zu lösen und die Lebensqualität zu verbessern“ (WHO). Diese umfassende Definition zeigt, was für einen Einfluss Technologie innerhalb des Gesundheitswesens hat. Unter anderem werden Technologien zur verbesserten Fernunterstützung im Gesundheitsbereich entwickelt, um Krankenhausaufenthalte zu reduzieren und die Patienten nicht unnötig in ihrem Tagesablauf zu stören.

Kinder und Jugendliche könnten so zur Schule gehen, während ihr Zustand durch biometrische Verfahren überwacht und Informationen fast in Echtzeit an Ärzte übermittelt werden (Dimitri, 2018). Durch diese sogenannten telemedizinischen Anwendungen könnten Ärzte frühzeitig Symptome und Unregelmäßigkeiten bei Kindern feststellen, um Schaden zu verhindern oder diesen zu begrenzen.

Außerhalb des Krankenhauses gab es in den letzten Jahren einen regelrechten Boom von Gesundheitsanwendungen und -webseiten, die auf tragbare Geräte zugeschnitten sind. Tragbare Fitnessgeräte und -anwendungen stehen dabei an der Spitze dieser Entwicklung und bringen einschneidende Veränderungen in der Art und Weise mit sich, wie Gesundheitsinformationen generiert, ausgewertet und verwendet werden (Rich, 2020). Diese Hardware- und Softwareeinheiten wollen einen gesunden Lebensstil und das Verständnis für Praktiken im Bereich Gesundheit und Fitness fördern.

Die Initiative „Let’s Move“ von Michelle Obama hat gezeigt, dass Gesundheitsanwendungen und -programme Kindern dabei helfen können, den Überblick über ihre Ernährung und ihre körperliche Fitness zu behalten (The Medical Futurist, 2019). Kinder und Jugendliche müssen jedoch über die Anwendung dieser Tools aufgeklärt werden, vor allem angesichts der Tatsache, dass neuere Studien zeigen, dass die Mehrheit der Jugendlichen ihr Wohlbefinden schon mithilfe von Anwendungen und Webseiten überwachen (Barr, 2020). Kinder müssen Fähigkeiten entwickeln, um sich in dieser technologischen Revolution zurechtzufinden, damit sie deren Gesundheitsvorteile für sich nutzen können.

Digitale Gesundheit und Kinderrechte

Durch die Verwendung digitaler Gesundheitstechnologien können Kinderrechte mit noch größerer Reichweite verwirklicht werden. Schlussendlich sollte die Einführung neuer Technologien, die die Bereitstellung von Fernunterstützung im Gesundheitswesen ermöglicht, zu einer Demokratisierung der medizinischen Versorgung führen. Kinder aus abgelegenen Gemeinden oder in Krisensituationen könnten so schnell Zugang zur Gesundheitsversorgung bekommen (UNCRC, 2021). Außerdem sollte eine enge und konsequente Überwachung des Gesundheitszustands von Kindern deren körperliche und mentale Gesundheit allgemein stärken und sie so gegen schwere Krankheiten schützen.

Trotz dieser potentiell positiven Innovationen bergen neue Technologien auch Risiken. Technologie nützt Kindern nur etwas, wenn sie Zugang zu dieser haben. Wenn digitale Inklusion bei der Einführung neuer Geräte und Systeme nicht priorisiert wird, könnten schon bestehende Ungleichheiten verstärkt werden. Falls Gesundheitstechnik nicht kindgerecht konzipiert ist, werden außerdem eventuell potentielle Schäden nicht berücksichtigt, die durch das Sammeln und die Verwendung von Daten von Kindern ohne deren Einwilligung entstehen. Des Weiteren müssen die Entwickler solcher Geräte die Schnittstellen zwischen der Interaktion der Kinder mit dem digitalen Raum und ihrem allgemeinen Wohlbefinden umfassend untersuchen.

In dieser Hinsicht brauchen Kinder und ihre Betreuungspersonen Hilfestellung, um ein Gleichgewicht zwischen dem digitalen und dem analogen Leben ihrer Kinder herzustellen (UNCRC, 2021). Wann immer Kinder durch tragbare Geräte direkt Zugriff auf diese Technologien haben, sollten sie und ihre Betreuungspersonen durch Anleitung lernen, wie sie diese Tools am besten in ihrem Alltag nutzen können. Entwickler, Anbieter und Nutzer von digitaler Gesundheitstechnik sind verpflichtet sicherzustellen, dass ihre Geräte und Systeme ihren Zweck erfüllen (Rich, 2020).

Wie können wir die Zukunft des Gesundheitswesens für Kinder verbessern?

  1. Gesundheitssysteme – Gesundheitssysteme und Regierungen arbeiten gerade an der Entwicklung neuer Gesundheitstechnik und wollen die Idee der „digitalen Patienten“ verwirklichen. Dabei müssen sie Kinder als spezifische Zielgruppe dieser Innovationen im Blick behalten (Rich, 2020). Die Markteinführung dieser Technologien, die Art und Weise, wie diese von Kindern verwendet werden, und die Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder muss durch Forschungsarbeiten begleitet werden. Wo möglich, sollten Kinder bei der Konzeptionierung von Gesundheitsmaßnahmen einbezogen werden, um sicherzustellen, dass ihre Bedürfnisse in Bezug auf ihre Gesundheit, ihre Privatsphäre und ihre Sicherheit Gehör finden (Rich, 2020).
  2. Regulierungsbehörden, Betreuungspersonen und Bildungseinrichtungen – Regulierungsbehörden, Betreuungspersonen und Bildungseinrichtungen müssen mit den sich schnell ändernden technologischen Entwicklungen Schritt halten, um das Bewusstsein über die Vorteile und Risiken der neuen Technologien bei Erwachsenen und Kindern zu stärken. Diejenigen, die für den Schutz junger Menschen verantwortlich sind, müssen über das notwendige Wissen verfügen, um ihre Kinder im digitalen Raum zu unterstützen. Es ist wichtig, dass Kinder durch häufige Gespräche über die Verwendung von Gesundheitstechnologien und deren Wert darüber aufgeklärt werden, wie wichtig das Leben jenseits der Technologie ist (Digital Health Generation, 2021). Diese Aufklärung soll sicherstellen, dass Kinder die vorteilhaften Gesundheitspraktiken annehmen und sich wohlfühlen bei der Verwendung von Geräten, wie zum Beispiel Anwendungen und Tracker, mit der sie ihr eigenes Wohlbefinden verstehen und messen können.

Humaniums Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bedeutung der Rechte von Kindern auf Nahrung, Bildung und Schutz zu stärken. Helfen Sie uns dabei, das Recht von Kindern auf sichere Lebensumstände und auf den Zugang zu Bildung zu verwirklichen, indem Sie eine Patenschaft für ein Kind übernehmen, spenden oder ein Ehrenamt übernehmen!

Geschrieben von Vanessa Cezarita Cordeiro

Übersetzt von Katharina Haas

Lektorat von Anita Kister

Weitere Informationen: 

American Red Cross Monster Guard 

Digital Health Generation

Digital Child Health Transformation Programme

Digital Doctoring: Wearable technology in pediatrics

SAPERE Sensory Food Education 

Referenzen:

Barr, S. (2020, July 15). ¨Schools should teach children about digital health apps like fitbit and strava so they are not at risk, researchers advise.¨ 

Department of Health and Social Care. (2018, October 17). ¨Policy paper: The future of healthcare: our vision for digital, data and technology in health and care.¨ 

Digital Health Generation. (2021, April 26). ¨How to help your pupils lead healthy digital lives.¨ 

Digital Health Generation. (2021, April 26). ¨How to lead a healthy digital life.¨ 

Dimitri, P. (2018, August 28). Child health technology: shaping the future of paediatrics and child health and improving NHS productivity. Archives of Disease in Childhood, British Medical Journal. Vol. 104(2) p. 184-188. 

Muller, J. Hoch, A.M. Zoller, V. Oberhoffer, R. (2018, January 26). Feasibility of physical activity assessment with wearable devices in children aged 4-10 years – a pilot study. Institute of Preventive Pediatrics

Rich, E., Lewis, S., Lupton D., Miah, A., Piwek, L.(2018, April 26). ¨Artificial Intelligence and Health: What does generations Z expect?¨ 

Rich, E., Lewis, S., Lupton D., Miah, A., Piwek, L. (2018, May 22). ¨The impact of ´healthy lifestyle´ technologies on young people’s learning, identities, and health practices.¨ House of Commons. 

Rich, E., Lewis, S., Lupton D., Miah, A., Piwek, L. (2020, May). ¨Digital Health Generation?: Young people’s use of ´healthy lifestyle´ technologies.”

The Medical Futurist. (2017, July 20). ¨The top 15 examples of gamification in healthcare.¨ 

The Medical Futurist. (2018, November 6). ¨How would a kid explain digital health in the future?¨ 

The Medical Futurist. (2019, June 11). ¨How to teach kids (digital) health literacy?¨ 

The Medical Futurist. (2020, August 27). ¨What parents should know about digital health.¨ 

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Villar, R. (2020, February 21). ¨One-size-fits-all gamification is not enough to improve patient outcomes.¨ 

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