Wie der Waisenhaus-Tourismus beendet werden kann

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Waisenhäuser werden oft als sicherer Ort für Kinder wahrgenommen, deren Eltern aufgrund von Armut, Krieg oder Naturkatastrophen nicht mehr für sie sorgen können. Leider beuten solche Einrichtungen Kinder oft aus, um daraus Vorteile für sich zu ziehen. Langfristig kann das nachteilige Auswirkungen auf Kinder haben. Dies ist besonders für Waisenkinder in Kenia der Fall.

Was ist Waisenhaus-Tourismus?

Man spricht von Waisenhaus-Tourismus, wenn Touristen aus dem globalen Norden im Rahmen ihres Urlaubs oder im Rahmen von Freiwilligenprojekten Waisenhäuser im globalen Süden besuchen. Touristen glauben für gewöhnlich, dass sie dabei etwas Gutes tun. Tatsächlich tragen sie jedoch unfreiwillig dazu bei, dass immer mehr Kinder in diesen Einrichtungen leben. (Brown, 2016)

Strategien von Waisenhäusern

Abgesehen von Umweltinitiativen und schon vorhandenen humanitären Hilfsaktionen an der Südküste Kenias werden solche humanitären Aktivitäten von Individuen oder Organisationen im Bereich der öffentlichen Grund- und Sekundarschulbildung durchgeführt.

Die Gründer und auch die Teilnehmenden dieser Initiativen kommen hauptsächlich aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Österreich; einige kommen aber auch aus dem Vereinigten Königreich und den USA. (Chege & Schweppe, Tourism, Charity and Father’s Fundraising Strategies for their Children’s Education on the Kenyan South Coast, 2018) Diese auf Kinder ausgerichtete Organisationen finanzieren sich über viele Freiwillige, die zu hohen Zahlungen bereit sind, um an den Hilfsaktionen teilzunehmen. (Voelkl, 2012)

Zusätzlich werden laut Recherche mehrerer wissenschaftlicher, Regierungs- und internationaler Organisationen Touristen oft organisierte Reisen in ein Waisenhaus angeboten. Dort werden sie dann dazu ermutigt, großzügig zu spenden. Kinder stellen also eine Einkommensquelle für die Waisenhäuser dar. (Reas, 2015) Dieses Phänomen ist auch unter dem Begriff „Dorfbesuche“ bekannt. Die lokale Bevölkerung möchte auf diese Weise die Touristen ansprechen, damit diese durch Spenden die Ausbildung ihrer Kinder finanzieren.

In Anbetracht dessen wird klar, dass sowohl der internationale Tourismus als auch humanitäre Hilfsaktionen zu diesen Strategien beitragen. (Chege & Schweppe, Tourism, Charity and Father’s Fundraising Strategies for their Children’s Education on the Kenyan South Coast, 2018)

Das Dilemma notleidender Familien

Aufgrund von Arbeitslosigkeit, Mangel an Möglichkeiten, sich den Lebensunterhalt zu verdienen, Armut, sozialer Ungleichheit und mangelnder Unterstützung seitens des Staates können elementare Grundbedürfnisse nicht oder nur ungenügend erfüllt werden. Als Antwort auf diese Probleme sucht die lokale Bevölkerung Spender aus dem Globalen Norden. (Chege & Schweppe, Tourism, Charity and Father’s Fundraising Strategies for their Children’s Education on the Kenyan South Coast, 2018)

Waisenhäuser bedienen sich ihrer lang bewährten Praktiken und suchen nach Sponsoren aus westlichen Industrieländern, um ihren Kindern den Zugang zu Privatschulen zu ermöglichen. Durch Interviews, die von Chege und Schweppe durchgeführt wurden, zeigte sich, dass alle Männer, die zum Zeitpunkt des Interviews Beziehungen zu Touristen unterhielten oder dies in der Vergangenheit taten, finanzielle Unterstützung von ihnen erhielten. Auch diejenigen, die zum Zeitpunkt des Interviews keine Beziehungen zu Touristen unterhielten, gaben an, dass sie aktiv auf der Suche nach neuen Beziehungen seien. (Chege & Schweppe, Tourism, Charity and Father’s Fundraising Strategies for their Children’s Education on the Kenyan South Coast, 2018)

Als Gründe für diese Beziehungen kam fast immer die gleiche Antwort: „Ich möchte meinen Kindern den Schulbesuch ermöglichen“. (Chege & Schweppe, Tourism, Charity and Father’s Fundraising Strategies for their Children’s Education on the Kenyan South Coast, 2018) Es handelte sich dabei entweder um intime oder um freundschaftliche Beziehungen (Chege, Male beach workers and western female tourists: Livelihood strategies in Kenya’s South Coast Region, 2014) (Chege, Towards a deeper understanding of the meaning of male beach worker-female tourist relationships on the Kenyan Coast, 2017), die nicht auf die Dauer des Urlaubs der Touristen beschränkt war und mehrere Monate bis mehrere Jahre dauerten.

Die oben erwähnten Dorfbesuche waren eine verbreitete Strategie, um langfristige finanzielle Unterstützung von Touristen zu erhalten. (Chege & Schweppe, Tourism, Charity and Father’s Fundraising Strategies for their Children’s Education on the Kenyan South Coast, 2018)

Lösungsansätze

Ein Weg sind Spenden an Einrichtungen, die Maßnahmen für Familien unterstützen und Kinderschutz, soziale Sicherheit und gesundheitliche Grundversorgung sicherstellen. Ein weiterer Ansatz sind Kooperationen wie die „Süd-Süd-Kooperation“. Die besten Lösungen kommen oft aus Ländern, die das gleiche Problem hatten und es erfolgreich gelöst haben. (Brown, 2016) Eine solche Kooperation könnte in Ost-Afrika auf subregionaler Basis durchgeführt werden.

Was können Sie tun?

Humanium wurde auf der Basis von Grundsätzen und Werten gegründet, die das familiäre Umfeld respektieren und unterstützen und gefährdete Kinder schützen. Spenden Sie, werden Sie Mitglied oder werden Sie Teil unseres Teams an Freiwilligen, wenn Sie etwas zu unserer Mission beitragen wollen. Hier erfahren Sie mehr über die Projekte von Humanium und wie Sie diese unterstützen können.

Zusammen stellen wir sicher, dass kein Kind zurückgelassen wird.

Verfasst von Igi Nderi

Übersetzt von Katharina Haas

Korrekturgelesen von Katrin Glatzer

Literaturnachweise:

Brown, A. (2016, October 11). Keeping families together in Mynamar.

Chege, N. (2014). Male beach workers and western female tourists: Livelihood strategies in Kenya’s South Coast Region. Lausanne: University of Lausanne.

Chege, N. (2017). Towards a deeper understanding of the meaning of male beach worker-female tourist relationships on the Kenyan Coast. Journal of Arts and Humanities, 62-80.

Chege, N., & Schweppe, C. (2018). Tourism, Charity and Father’s Fundraising Strategies for their Children’s Education on the Kenyan South Coast. International Journal of Child, Youth and Family Studies, 100-125.

Reas, P. (2015). So, child protection, I’ll make a quick point of it now: Broadening the notion of child abuse in volunteering vacations in Siem Reap, Cambodia. Tourism Review International, 295-309.

Voelkl, H. (2012). Developing an understanding of the experience of children with international short-term volunteer tourism. A case study in an orphanage project in Ghana. Uxbridge: Brunel University.