Südsudan: Der bewaffnete Konflikt und seine Auswirkungen auf Kinderrechte

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Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 2011 ist der Südsudan von Instabilität geprägt. Bewaffnete Auseinandersetzungen überschatten das Land bis heute und führen zu massiven und systematischen Verletzungen der Rechte von Kindern. Trotz des Friedensabkommens und eines vereinbarten Waffenstillstands im Jahr 2020 haben periodisch auftretende Auseinandersetzungen (einschließlich der jüngsten Konfrontationen Anfang 2025) zu einem Anstieg der Todesopfer in der Zivilbevölkerung und zu Massenvertreibungen geführt.

Das Land sieht sich mit einem alarmierenden Ausmaß an Rekrutierung von Kindersoldaten und konfliktbezogener sexueller Gewalt konfrontiert. Dadurch verschärft sich die ohnehin kritische Ernährungslage dramatisch – vor allem in Gebieten, die aufgrund der anhaltenden Kämpfe für humanitäre Hilfe kaum oder gar nicht erreichbar sind.

Erneute Gewalt und ihre Auswirkungen auf Kinder (seit 2023)

Trotz des Waffenstillstands von 2020 sind seit 2023 in mehreren Teilen des Südsudans erneut bewaffnete Auseinandersetzungen ausgebrochen, die die fragilen Friedensbemühungen gefährden. Diese Gewalt führt zu Vertreibungen, blockiert humanitäre Hilfe und verschärft die Ernährungsunsicherheit.

Kinder sind besonders betroffen.  Viele hungern, haben keinen Zugang zu Hilfsleistungen und sind der Gefahr ausgesetzt, von bewaffneten Gruppen als Kindersoldaten rekrutiert zu werden. Da das Gesellschaftssystem bereits geschwächt ist, untergräbt der Konflikt weiterhin den Zugang von Kindern zu Sicherheit, Bildung und Grundversorgung (UNICEF, 2025).

Vertreibung als Folge erneuter Konflikte

Der anhaltende Konflikt im Südsudan hat zu einer erheblichen Vertreibung von Kindern geführt, die verheerende Auswirkungen auf ihre Rechte und ihr Wohlbefinden mit sich bringt.

Jüngsten Berichten zufolge haben über 25.000 Südsudanesen, darunter viele Kinder, innerhalb eines einzigen Monats die Grenze überquert, um im Sudan Zuflucht zu finden – einem Land, das ebenfalls von Krieg und Instabilität gezeichnet ist (ONU Info, 2025). Viele vertriebene Kinder sind in Flüchtlingslagern mit katastrophalen Bedingungen konfrontiert, in denen Unterernährung und Krankheiten aufgrund unzureichender Wasserversorgungs- und Sanitäranlagen grassieren (Kiir, 2025). Darüber hinaus ist der Zugang zu Bildungs- und Gesundheitsdiensten massiv eingeschränkt.

Unterernährung von Kindern im Kontext von Konflikten und Vertreibung

Der Südsudan ist mit einer Welle von  Auseinandersetzungen konfrontiert, die Vertreibungen, Nahrungsmangel und andere prekäre Lebensbedingungen verursacht.

Zusammenstöße in Regionen wie dem Oberen Nil und entlang des Nils behindern Hilfslieferungen sowie den Zugang zu Schulbildung und destabilisieren die für den Schutz von Kindern wichtigen Bedingungen. Humanitäre Hilfsleistungen werden zunehmend eingeschränkt, wie im Oberen Nil, wo die Hilfe für Zehntausende von unterernährten Kindern eingestellt wurde.

Unter diesen Umständen sind Kinder einem höheren Risiko ausgesetzt, von bewaffneten Gruppen rekrutiert zu werden. Gleichzeitig macht die geschwächte Reaktionsfähigkeit von UNICEF, UNMISS und NGOs Reintegrations- und Präventionsbemühungen immer dringlicher (Holland & Heinrich, 2025).

Aktuelle Rekrutierung von Kindersoldaten im Südsudan

Seit Beginn des Konflikts im Südsudan bleibt die Rekrutierung von Kindersoldaten trotz begrenzter Fortschritte eine schwerwiegende Verletzung der Kinderrechte (ONU Info, 2022). Sowohl bewaffnete Gruppen als auch Regierungstruppen sind für diese Praktiken verantwortlich, trotz der Warnungen des Ausschusses für die Rechte des Kindes an die Regierung, ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten (ONU Info, 2022). 

Diese Kinder werden oft aus ihren Familien gerissen. Die meisten von ihnen haben keinen Zugang zu Schulbildung und sind extremer Gewalt ausgesetzt (UNICEF, 2024). Dies führt zu besonders alarmierenden Lebensbedingungen, da sie nicht nur zum Kämpfen, sondern auch zu schwerer körperlicher Arbeit, Botengängen und zum Kochen gezwungen werden, was sie einem tiefen physischen und psychischen Trauma aussetzt (UNICEF, 2024).

Aus dem Jahr 2023 ist dokumentiert, dass mehrere am Konflikt im Südsudan beteiligte Parteien schwere Verstöße gegen Kinderrechte begingen, wobei mindestens 152 Kinder rekrutiert und in Konflikten eingesetzt wurden. 32 Kinder wurden entführt, und gegen vier Mädchen wurden Vorfälle von sexueller Gewalt gemeldet.

Diese Zahlen, die durch den Jahresbericht des UN-Generalsekretärs über Kinder und bewaffnete Konflikte bestätigt wurden, zeigen, dass Zwangsrekrutierungen trotz bestehender rechtlicher Rahmenbedingungen nach wie vor ein Problem darstellen. Schulen, einst sichere Orte, werden häufig von bewaffneten Gruppen besetzt. Dies verwischt die Grenze zwischen zivilem Leben und Krieg (Hassan, 2024).

Konfliktbezogene sexuelle Gewalt gegen Kinder

Sexuelle Gewalt gegen Kinder im Südsudan stellt nach wie vor eine verheerende Krise dar. Human Rights Watch dokumentiert schwere Verstöße, einschließlich sexueller Gewalt, die von verschiedenen Konfliktparteien begangen wurden (Hassan, 2023). Trotz internationaler Aufmerksamkeit leiden viele Mädchen und Jungen weiterhin unter Missbrauch – und zwar oft an Orten, die als sicher gelten sollten, wie in ihrem eigenen Zuhause oder in Flüchtlingslagern. 

Zwischen Januar und März 2023 gab es laut Angaben der UN-Mission im Südsudan (UNMISS) 14 dokumentierte Fälle von konfliktbezogener sexueller Gewalt gegen Zivilisten, darunter auch Kinder.

Angesichts des Stigmas, der Angst und der begrenzten Möglichkeiten, derartige Angriffe zu melden, ist die tatsächliche Zahl der Fälle wahrscheinlich deutlich höher (Hassan, 2023). Kinder, die Missbrauch überleben, werden häufig ausgegrenzt oder sogar für das Geschehene verantwortlich gemacht, was sie von der Gesellschaft isoliert und von grundlegenden Dienstleistungen wie Schulbildung und Gesundheitsversorgung ausschließt. Der anhaltende Konflikt und die Vertreibung im Südsudan erschweren es Kindern außerdem, Schutz zu finden oder Zugang zu Rechtshilfe zu erhalten (Hassan, 2023).

Es bedarf jedoch dringend einer nachhaltigeren Finanzierung, einer umfassenderen Strafverfolgung und eines stärkeren Engagements der Gemeinschaft, um Kinder wirksam zu schützen und den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen. Die Vereinten Nationen haben verstärkte Anstrengungen zur Prävention von und Reaktion auf sexuelle Gewalt gefordert und dabei die Notwendigkeit umfassender Strategien und Rechenschaftspflichten betont (UNMISS, 2025).

„Wir haben keine andere Wahl. Wenn wir auf die Straße gehen, werden wir vergewaltigt. Wenn wir durch den Busch gehen, werden wir vergewaltigt. Ich wurde zusammen mit anderen Frauen dreimal am selben Ort vergewaltigt. Wir haben uns entschieden, nicht auf eine bestimmte Straße zu gehen, weil wir schreckliche Geschichten von Frauen und Mädchen gehört hatten, die entführt und vergewaltigt wurden – aber uns ist trotzdem dasselbe passiert. Es gibt kein Entkommen. Sie vergewaltigen uns alle.“

– Eine 30-jährige Überlebende sexuellen Missbrauchs aus Koch County (OHCHR, 2019)

Regierung und internationale Bemühungen zum Schutz von Kindern

Angesichts dieser anhaltenden Tragödie hat die südsudanesische Regierung erste Maßnahmen ergriffen, um das Problem anzugehen. Sie hat ihre Bemühungen, Kinder vor Konflikten zu schützen, durch eine Reihe koordinierter Initiativen intensiviert.

Im September 2024 veranstalteten die Behörden gemeinsam die 3. Nationale Konferenz zum Schutz von Kindern vor Rekrutierung und zeigten dabei große politische Entschlossenheit. Diese Zusammenkunft, die gemeinsam mit UN-Partnern abgehalten wurde, beschäftigte sich mit der Umsetzung des umfassenden Aktionsplans aus dem Jahr 2020 zur Beendigung schwerer Verletzungen der Kinderrechte (Mold, 2024).

Mit der Abhaltung der Konferenz und der öffentlich bekundeten Bereitschaft zur Veränderung sendete die Regierung eine klare Botschaft: Der Schutz von Kindern ist nicht nur ein Ziel, sondern eine Priorität. Die Vizepräsidentin des Südsudans, Rebecca Nyandeng de Mabior, erinnerte eindringlich daran, dass Kinder nicht nur Zahlen in einer Statistik sind: „Hinter jeder Statistik steht ein Kind, dessen Träume und Zukunft in Gefahr sind.“ Die Konferenz brachte neue Impulse in den Kampf gegen die Rekrutierung von Kindern. Ob es zu handfesten, dauerhaften Veränderungen führt, bleibt jedoch abzuwarten (Mold, 2024).

Was könnte darüber hinaus getan werden, um die Situation für Kinder zu verbessern?

Um die Situation für Kinder im Südsudan zu verbessern, muss jede nachhaltige Reaktion mit der Bekämpfung der Grundursache beginnen: dem anhaltenden bewaffneten Konflikt. Ohne einen stabilen und dauerhaften Frieden bleiben die Bemühungen, die Rekrutierung von Kindern, sexuelle Gewalt, Vertreibung und Unterernährung zu bekämpfen, nur begrenzt erfolgreich.

Eine dauerhafte Lösung erfordert u. a. folgende Maßnahmen:

  • Stärkung des Friedensprozesses und Durchsetzung bestehender Waffenstillstandsabkommen
  • Verfolgung der Verantwortlichen für schwere Verstöße gegen Kinderrechte, insbesondere bei Kindersoldatenrekrutierung und sexueller Gewalt
  • Gewährleistung eines uneingeschränkten humanitären Zugangs zu allen Regionen, um vertriebenen und schutzbedürftigen Kindern die dringend benötigte Nahrung, medizinische Versorgung und den erforderlichen Schutz zu bieten
  • Stärkung des Kinder- und Jugendschutzes, einschließlich Wiedereingliederungsprogrammen für ehemalige Kindersoldaten und Traumabehandlung für Überlebende von Gewalt
  • Investitionen in Bildung und sichere Orte, um die Normalität wiederherzustellen und Kinder vor Ausbeutung zu schützen

Humanitäre Unterstützung – wie Lebensmittel-, Gesundheits- und Ernährungsinterventionen – ist nach wie vor unerlässlich. Diese Bemühungen müssen jedoch Hand in Hand gehen mit einem stärkeren politischen Willen, Friedenskonsolidierung und Justizmechanismen, die die Gewalt selbst bekämpfen. Die südsudanesische Regierung muss ihre Verpflichtungen einhalten, Kinder zu schützen, den Einsatz von Kindersoldaten zu beenden, sexuelle Gewalt zu verhindern und den Zugang zu Hilfe in allen Regionen zu gewährleisten.

Organisationen wie Humanium widmen sich täglich dem Schutz der Rechte von Kindern und der Bereitstellung wesentlicher Unterstützung, einschließlich Bildung und psychologischer Versorgung. Wahrer und dauerhafter Wandel erfordert sowohl globales Bewusstsein als auch regionales Handeln. Deshalb laden wir Sie ein, die Mission von Humanium zu unterstützen, sei es durch Freiwilligenarbeit, eine Spende oder eine Patenschaft für ein bedürftiges Kind. 

Verfasst von Morgane Schmutz

Übersetzt von Susanne Russell

Lektoriert von Melanie Morawetz

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