Die Rechte äthiopisch-jüdischer Einwandererkinder in Israel

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Die anhaltende systematische Diskriminierung äthiopischer Juden in Israel hat dazu geführt, dass äthiopische Einwanderer sich weiter in einem beunruhigenden Kampf um Gleichberechtigung befinden. Sie stehen vor großen Herausforderungen, wie z. B. einer unverhältnismäßig hohen Inhaftierungsrate, diskriminierenden Vorfällen im Bildungssystem und einer hohen Armutsrate, die sich auf das psychische Wohlbefinden der Kinder im Land auswirkt.

Realitäten für äthiopische Jugendliche in Israel

Äthiopische Juden begannen in den späten 1970er Jahren inmitten des äthiopischen Bürgerkriegs und der Hungersnot nach Israel zu migrieren. Aufgrund ihrer historischen Isolation entwickelten sie eigene religiöse Praktiken, die vom traditionellen Judentum abwichen. Infolgedessen hat ihre einzigartige Identität dazu beigetragen, dass sie sich nur schwer in die israelische Gesellschaft integrieren können, in der sie nicht als Bürger erster Klasse angesehen werden (Winchester, n.d.).

Die äthiopische Gemeinschaft in Israel macht mit über 145.000 Menschen weniger als 2 % der israelischen Bevölkerung aus. Leider lebt mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder unterhalb der Armutsgrenze. Ein wesentlicher Faktor, der zu ihrer Notlage beiträgt, ist die Tatsache, dass das Oberrabbinat Äthiopier und ihre Kinder nicht als vollwertige Juden anerkennt, was zu systematischer Diskriminierung und Marginalisierung führt (Krämer, 2018).

Die Herausforderungen, denen sich die Eltern junger Äthiopier im Land gegenüber sehen, sind besonders groß in unterversorgten Vierteln in denen die Kinder mit Problemen wie Drogenkonsum und Gewalt konfrontiert sind. Darüber hinaus unterstreichen überfüllte Unterkünfte und weit verbreiteter Alkoholkonsum die erheblichen Schwierigkeiten, mit denen äthiopische Jugendliche in israelischen Stadtvierteln konfrontiert sind (Walsh, 2023).

Integrationsprobleme für jugendliche äthiopische Einwanderer

Seit Ende der 1990er Jahre ist ein besorgniserregender Anstieg der Jugendkriminalität und der Schulabbrecherquote unter äthiopischen Jugendlichen zu verzeichnen, begleitet von einer alarmierenden Zunahme von Depressionen und Selbstmordfällen. Diese Herausforderungen äußern sich in einem tiefgreifenden Gefühl des „Andersseins“ unter den Jugendlichen, das durch Emotionen wie Verzweiflung, Kummer, Traurigkeit, Enttäuschung, Demütigung, Respektlosigkeit und Abwertung im Berufsleben gekennzeichnet ist (Walsh et al., 2012).

Darüber hinaus sind ihre sozialen Erfahrungen vorherrschend von Gefühlen der Minderwertigkeit, Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit durchdrungen. Qualitative Untersuchungen über die Erfahrungen heranwachsender äthiopischer Einwanderer in der israelischen Gesellschaft zeigen, dass sie immer wieder mit Integrationsproblemen zu kämpfen haben, wobei kulturelle Unterschiede und die mit der dunklen Hautfarbe verbundene Stigmatisierung als erhebliche Hindernisse angesehen werden (Walsh et al., 2012).

Infolgedessen wurde die psychische Gesundheit in Israel zu einem wichtigen Thema, insbesondere für Minderheitengruppen wie die Äthiopier, die trotz ihrer geringen Bevölkerungszahl eine hohe Rate an psychiatrischen Krankenhausaufenthalten aufweisen. Die Herausforderung bleibt jedoch bestehen, da ein angemessener Zugang zur psychiatrischen Versorgung für Minderheiten im Land schwer zu erreichen ist. Ein besonderes Hindernis ist der gravierende Mangel an Gesundheitsdienstleistern, die fließend Amharisch sprechen, was durch das Stigma, das psychische Probleme umgibt, noch verstärkt wird (Shapiro et al., 2023)

Vorgehen gegen diskriminierende Praktiken im Bildungssystem

Das Ausmaß der rassistischen Übergriffe und der Diskriminierung äthiopischer Juden zeigt sich in verschiedenen Aspekten, z.B. in Unternehmen, die sich weigern, sie zu beschäftigen, in Vermietern, die sich weigern, ihnen Wohnraum zu gewähren, und in bestimmten Schulen, die betroffene Kinder ablehnen. In einem beunruhigenden Vorfall, der von der israelischen NRO Tebeka im September 2011 aufgedeckt wurde, wurde 281 Kindern äthiopischer Abstammung rechtswidrig die Anmeldung an einer Schule im Zentralbezirk Israels verweigert. Dies stellte nicht nur einen klaren Verstoß gegen das Recht der Kinder auf Bildung dar, sondern spiegelte auch ein breiteres Muster der Ausgrenzung innerhalb des Landes wider (Refworld, 2012).

In einem anderen Fall berichtete eine in Israel lebende äthiopische Mutter, dass ihre Tochter am ersten Tag des Kindergartens in eine Klasse eingeteilt wurde, die ausschließlich aus äthiopisch-israelischen Kindern bestand. Obwohl die Schule die Unterbringung mit der geografischen Herkunft der Kinder begründete, nahmen die Eltern dies öffentlich als Reaktion auf ihre Hautfarbe wahr und äußerten ihre Besorgnis über mögliche Diskriminierung (Sokol, 2019).

Darüber hinaus hat 2019 eine Gruppe äthiopisch-israelischer Eltern rechtliche Schritte gegen vier ultraorthodoxe Schulen in Jerusalem eingeleitet, die sich weigerten, ihre Kinder für das kommende Schuljahr anzumelden, was die anhaltenden Barrieren im Bildungssystem weiter verdeutlicht (Surkes, 2019). Diese Vorfälle unterstreichen die dringende Notwendigkeit, gegen diskriminierende Praktiken vorzugehen und die Inklusivität im Bildungssystem zu fördern.

Kampf um Gleichheit

Seit 2015 erlaubt das israelische Recht die Inhaftierung von Kindern im Alter von 12 Jahren. Es wird jedoch zunehmend gefordert, dieses Gesetz an das israelische Jugendgesetz anzugleichen, das für alle Kinder gilt. Leider gibt es Hinweise auf eine diskriminierende Umsetzung durch die israelischen Behörden (European Parliament, 2016).

Dies ist besonders besorgniserregend, wenn man bedenkt, dass junge Straftäter äthiopischer Abstammung dreimal häufiger inhaftiert werden und fast 90 % von ihnen Gefängnisstrafen erhielten (Yaron, 2016). Diese Ungleichheit zeigt sich auch in der völligen Verweigerung von Rechten für palästinensische Kinder vom Zeitpunkt der Verhaftung bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens (European Parliament, 2016).

Ein weiterer Vorfall im Jahr 2019, die tragische Erschießung von Solomon Tekah, einem unbewaffneten äthiopischen Teenager, machte die Schwierigkeiten deutlich, mit denen äthiopische Kinder in diesem Land konfrontiert sind. Dieser Vorfall warf ein Licht auf die allgemeinen Herausforderungen, mit denen äthiopische Juden, insbesondere Kinder, konfrontiert sind, einschließlich der unverhältnismäßig hohen Zahl von Polizeikontrollen und Verhaftungen (Deveci, 2019).

Der UN-Ausschuss hat immer wieder seine Besorgnis über die Umsetzung diskriminierender Gesetze geäußert, die nicht nur äthiopische Kinder, sondern auch Palästinenser, arabische Israelis und Beduinen betreffen. Besonders besorgniserregend ist die Anwendung zweier unterschiedlicher Rechtssysteme, die zu einer faktischen Segregation führen und auch zur Ungleichheit der Rechte zwischen israelischen Kindern und Kindern mit unterschiedlicher Herkunft beitragen (United Nations, 2013).

Gemeinsame Lösungen für alle Kinder

Diskriminierende Praktiken, die auf ethnischer Zugehörigkeit und Rasse beruhen, stehen im klaren Widerspruch zu den Grundsätzen der Kinderrechtskonvention, zu der sich Israel 1990 verpflichtet hat (United Nations, 2007). Bedauerlicherweise hat Israel trotz dieser Zusage die garantierten Rechte der Kinder noch nicht vollständig verwirklicht.

Um hier Abhilfe zu schaffen, müssen Initiativen wie die Gewährleistung gleicher Bildungschancen und die Befähigung von Gemeinschaften zur Bewältigung sozioökonomischer Herausforderungen Vorrang haben. Die Überbrückung dieser Kluft ist nicht nur zwingend erforderlich, sondern unterstreicht auch die entscheidende Notwendigkeit für Israel, seine Praktiken an die internationalen Standards anzupassen, zu denen es sich vor über drei Jahrzehnten verpflichtet hat.

Durch die Koordinierung von Maßnahmen, die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und die Abstimmung von Zielen können die israelische Regierung, Nichtregierungsorganisationen, Gesundheitsfachkräfte, Juristen, Pädagogen und Gemeindeleiter gemeinsam an der Umsetzung umfassender Lösungen zum Wohle nicht nur äthiopischer Kinder, sondern auch anderer Minderheitengruppen in Israel arbeiten.

Wir von Humanium unterstützen diese Bemühungen, um diskriminierende Praktiken abzubauen, die Inklusion zu fördern und ein Umfeld zu schaffen, in dem sich alle Kinder entfalten können. Wenn Sie zu diesen Initiativen beitragen möchten, denken Sie bitte über eine Spende, eine ehrenamtliche Tätigkeit oder eine Patenschaft für ein Kind nach.

Geschrieben von Lidija Misic

Übersetzt von Daniel Rottleb

Korrektur gelesen von Beate Dessewffy

Quellenverzeichnis:

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