Die zunehmende Unterernährung im Jemen gefährdet Kinder am stärksten

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Die humanitäre Krise im Jemen ist eine katastrophale Folge anhaltenden Konfliktes und ausländischer Interventionen, die dazu führt, dass Millionen Menschen verzweifelt Hilfe benötigen. Seit der Bürgerkrieg 2014 ausbrach und durch die von Saudi-Arabien angeführte Intervention 2015 verschärft wurde, starben über 377.000 Menschen wegen des Konfliktes. Die Situation ist besonders fatal für Kinder. 600.000 Kinder unter fünf Jahren leiden an akuter Unterernährung, davon 120.000 an schwerer Unterernährung.

Die humanitäre Krise im Jemen

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Jemen lassen sich auf seine koloniale Vergangenheit, eine Geschichte von Bürgerkriegen und signifikanten ausländischen  Eingriffen zurückführen. Trotz einiger wirtschaftlicher Verbesserungen seit den 70er Jahren bleibt das Land eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt (Wenner & Burrowes, 2024). Leider hat dieser herausfordernde Hintergrund den Weg für Verletzungen der Kinderrechte wie Mangel an Bildung, unzureichenden Schutz in Konfliktgebieten und Armut bereitet.

Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges 2014 herrscht im Jemen eine massive humanitäre Krise, zudem stürzte der Zusammenbruch der Regierung das Land ins Chaos. Die Situation verschlechterte sich weiter mit der durch Saudi-Arabien angeführte Militärintervention, die 2015 begann. Dieser andauernde Konflikt führte zu „der schlimmsten humanitären Krise der Welt“, wie die Vereinten Nationen im März 2023 schilderten, mit etwa 21,6 Millionen Menschen, die dringend humanitäre Hilfe und Schutz benötigen (Al Jazeera, 2024).

Bedrohte Kinderrechte: Herausforderungen bei der Behandlung von Unterernährung

Die Vereinten Nationen schätzen, dass mehr als 377.000 Menschen durch den Konflikt ums Leben kamen, wobei die meisten Todesfälle insbesondere bei Frauen und Kindern, auf  Hunger und mangelnde medizinische Versorgung zurückzuführen sind. Treibstoffmangel und strikte Beschränkung von Wasser, Nahrungsmitteln und Medikamenten durch saudische Truppen werden als Taktiken genutzt, um sich einen strategischen Vorteil zu sichern (Tanis, 2023), trotz der Regel 53 des Humanitären Völkerrechts, die es verbietet, die Zivilbevölkerung als Methode der Kriegsführung hungern zu lassen (ICRH, o.D.).

Trotz der kurzlebigen, von den Vereinten Nationen geschlichteten Waffenstillstände im Laufe der Jahre, bleibt die Situation im Jemen katastrophal und wird durch eine brutale, von Saudi-Arabien verhängte Blockade der von den Huthi kontrollierten Gebiete, in denen 70 % der 30 Millionen Jemeniten leben, verschlimmert. Diese achtjährige Blockade hat lebenswichtige humanitäre Hilfe im Keim erstickt und Millionen Menschen ohne Ressourcen, die sie dringend zum Überleben benötigen, zurückgelassen (ReliefWeb, 2022).

Die Beschränkungen für kommerzielle und humanitäre Güter durch Saudi-Arabien verschlimmerten die humanitäre Krise im Jemen erheblich, wodurch 400.000 Kinder von Unterernährung bedroht sind und das Land steuert auf eine historische  Hungersnot zu  (Bowman & El-Tayyab, 2021). Jedoch hob die von Saudi-Arabien angeführte Koalition 2023 die langbestehenden Einfuhrbeschränkungen für die Häfen im Süden des Jemen auf und signalisierte damit eine potenzielle Veränderung hin zur Entschärfung der Krise und zur Förderung der Friedensbemühungen (Al Jazeera, 2023).

Das Ausmaß der Unterernährung im Land

Die aktuelle IPC Acute Malnutrition (IPC AMN) Analyse zeigt eine Zunahme der akuten Mangelernährung bei Kindern unter fünf Jahren in den von der jemenitischen Regierung kontrollierten Gebieten um 34 % im vergangenen Jahr. Dieser Anstieg, der über 600.000 Kinder betrifft, von denen 120.000 schwer unterernährt sind, spiegelt die Auswirkung einer Kombination von Faktoren wie Krankheitsausbrüchen, akuter Ernährungsunsicherheit, eingeschränktem Zugang zu sauberem Wasser und wirtschaftlichem Niedergang wider (UNICEF, 2024). 

Schwere akute Mangelernährung, die tödlichste Form extremen Hungers, fordert das Leben von Kleinkindern im Jemen mit alarmierender Häufigkeit. Auch Mütter, die oft Mahlzeiten auslassen oder selbst hungern, um ihre Kinder zu ernähren, leiden an gefährlicher Unterernährung. Über 16 Millionen Menschen im Jemen sind mittlerweile gezwungen, fast täglich Mahlzeiten auszulassen, ohne eine andere Wahl zu haben (Save the Children, o.D.).

Positive Bemühungen und Fortschritte bei der Unterstützung der Kinder im Jemen

Engagierte regierungsunabhängige Organisationen (NGOs) im Jemen versorgen die   Vertriebenen weiterhin mit lebensrettenden Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung und Lagerverwaltung. Sie verteilen auch Hygienepakete für Frauen und Mädchen und Bargeld an Bedürftige, organisieren Aufklärungsveranstaltungen und Überweisungen an Dienstleister im psychologischen Bereich. Diese Organisationen evaluieren kontinuierlich die Bedürfnisse der Vertriebenen und gehen auf sie ein, indem sie wichtige Unterstützung leisten (Chiriac,2024).

Bedauerlicherweise hat die Mehrheit ausländischer Staaten ihre Hilfe für den Jemen deutlich reduziert. Einige Staaten, unter anderem Kanada, die Niederlande und Frankreich haben jedoch ihre Beiträge zur Unterstützung des Jemen erhöht (Save the Children, 2023). Diese verstärkte Unterstützung ist entscheidend in diesen herausfordernden Zeiten.  Es ist unerlässlich, dass auch andere Länder ihre Hilfe anbieten, um den von dieser Krise Betroffenen zu helfen. 

Während des Konfliktes unterstützte auch Schweden die Menschen im Jemen durch stetige Spenden. 2022 spendete Schweden 2,1 Millionen US-Dollar an NGOs im Jemen, um lebensrettende Hilfsmaßnahmen und Schutz sicherzustellen. Schweden hat außerdem 53 gefährdete Flüchtlinge aus dem Jemen umgesiedelt und damit sein Engagement gezeigt, Verantwortung für Asylsuchende aus anderen Konfliktgebieten zu teilen (Bjuremalm,2023). 

Strategische Maßnahmen zur Linderung der Krise

Die USA und die Vereinigten Arabischen Emirate haben sowohl durch ihre Beteiligung am Konflikt als auch durch ihre Hilfsbemühungen bedeutenden Einfluss auf die Krise im Jemen. Die Erhöhungen der Hilfen sind allerdings im Vergleich zu den milliardenschweren Waffenverkäufen an Saudi-Arabien minimal.

Washington muss seine Unterstützung für internationale Organisationen verstärken, um wichtige Hilfe – Nahrungsmittel, Wasser und medizinisches Bedarfsmaterial – zur Verfügung zu stellen, die der Jemen dringend benötigt. Der Krieg brachte Importe, die für die Jemeniten lebensnotwendig sind, zum Erliegen und unterfinanzierte Hilfsorganisationen haben Mühe, den Bedarf zu decken (Cohen & Allen, 2022).

Trotz kurzer Phasen, in denen weniger Gewalt herrscht, bleibt die Situation komplex. Um die schwere Unterernährung im Jemen einzudämmen, wird ein dauerhafter Frieden entscheidend sein, der auch den Wiederaufbau des zerstörten Sozial- und Wirtschaftssystems des Jemen und die Wiederherstellung der Grundversorgung ermöglicht, um die Grundursache der Unterernährung zu bekämpfen (Kouachi,2024).  

Um dem Jemen bei der Bewältigung dieser Krise zu helfen, muss die internationale Gemeinschaft weiterhin dringend und nachhaltig Unterstützung leisten. Dazu gehören die Stärkung der sozialen Sicherungssysteme, die Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung, die Gewährleistung der Ernährungssicherheit und die Verbesserung der Wasser-, Sanitär- und Hygieneinfrastruktur.

Eine dauerhafte Lösung ist unerlässlich, um die Widerstandsfähigkeit der jemenitischen Bevölkerung wiederherzustellen und die verheerenden Auswirkungen der Unterernährung, insbesondere auf Frauen und Kinder, zu minimieren (Kouachi, 2024).

Bei Humanium setzen wir uns für den Schutz von Kindern in kritischen Situationen weltweit ein, insbesondere für diejenigen, die nicht in der Lage sind, für sich selbst einzutreten. Sie können unsere Arbeit unterstützen, indem Sie spenden, eine Patenschaft für ein Kind übernehmen oder sich ehrenamtlich bei uns engagieren.

Geschrieben von Lidija Misic

Übersetzt von Kathrin Lukas

Korrektur gelesen von Beate Dessewffy

Quellenangaben:

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