Irans vorsätzliche Vergiftung von Schulmädchen

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Vergiftungsfälle in iranischen Schulen sind ein wiederkehrendes Problem, und die jüngsten gezielten chemischen Angriffe auf Mädchenschulen haben die Situation sogar verschärft. Seit dem ersten Vorfall, bei dem im November 2022 in Qom Schülerinnen vergiftet wurden, ist eine besorgniserregende Zunahme ähnlicher Vorfälle in Schulen im ganzen Land zu verzeichnen.

Die Angriffe haben dazu geführt, dass Hunderte von Schülerinnen ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, und viele Eltern nehmen ihre Töchter aus Angst von der Schule. Solche Vorfälle sind ein klarer Verstoß gegen das Recht der Kinder auf ein sicheres und gesundes Lernumfeld.

Kontext der Gewalt gegen Frauen und Kinder im Iran

Der Iran erlebte 1979 mit der iranischen Revolution den Übergang von der Monarchie zur Republik. In dieser Zeit machte das Land große Fortschritte bei der Bildung und Förderung von Mädchen, von denen damals 28 % Analphabeten waren. Die Bemühungen des Landes zahlten sich aus: Bis 2021 stieg die Alphabetisierungsrate der Frauen auf beeindruckende 99 %, was dem Land 1998 eine UN-Auszeichnung für die Überwindung der geschlechtsspezifischen Unterschiede im Bildungswesen einbrachte.

Damals waren über 60 % der Universitätsstudenten Frauen, worauf der Iran sehr stolz war. In den letzten Jahren sind jedoch Proteste auf den Straßen ausgebrochen, da Frauen und Mädchen ein Ende der strengen Kleiderordnung fordern. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass die Täter versuchen, Mädchen am Schulbesuch zu hindern und ihnen ihr Grundrecht auf Bildung zu verweigern (The Iran Primer, 2023).

Kindesmissbrauch im Iran ist kein neues Phänomen, und seine negativen Auswirkungen auf die Entwicklung und den Charakter eines Kindes sind unmittelbar und tiefgreifend. Nach Angaben der National Library of Medicine haben Studien gezeigt, dass die Prävalenz von Kindesmissbrauch im Iran höher ist als in den Industrieländern, aber ähnlich hoch wie in anderen Entwicklungsländern und unterentwickelten Ländern.

Körperliche Bestrafung ist auch eine gängige Methode, um das Verhalten von Kindern in iranischen Familien zu korrigieren, und leider kann dies bei einigen Personen später im Leben zu gewalttätigen Tendenzen führen (Mohammadi M. R et al., 2014).

Das Ausmaß des aktuellen Vergiftungsproblems

Iranische Frauen und Mädchen leiden seit Jahrzehnten unter einem brutalen Regierungsregime. Leider richteten sich die jüngsten Angriffe gegen Kinder, insbesondere gegen Tausende von Schulmädchen, die ihr Recht auf Bildung wahrnehmen wollten.

Der erste Fall wurde im November 2022 in der Stadt Qom gemeldet, wo 18 Mädchen vergiftet wurden. Seitdem haben sich die Anschläge auf 91 Schulen in 20 Provinzen des Landes ausgeweitet. Noch frustrierender ist, dass die Regierung die Vergiftungen zunächst abtat und stattdessen das physische und psychische Trauma der Mädchen auf Stress zurückführte (Kenny P., 2023).

In ganz Iran kam es zu Vergiftungsfällen bei Schülerinnen, die von der Grundschule bis zur Oberstufe reichten. Die Frustration unter den Eltern wuchs, die die Regierung beschuldigten, toxikologische Berichte zurückzuhalten und damit die Situation zu verschlimmern. Daraufhin schlossen sich Lehrergewerkschaften, Eltern und normale Bürger zusammen, um Druck auf die Regierung auszuüben, damit diese Maßnahmen ergreift und die Kinder schützt.

Den Ärzten war es jedoch untersagt, den Tod der betroffenen Mädchen mit den Gasangriffen in Verbindung zu bringen, und sie mussten stattdessen andere medizinische Gründe als Ursache angeben. Der Umgang der staatlichen Medien und der iranischen Behörden mit dieser Situation hat unermesslichen Schaden angerichtet (Amnesty International, 2023).

Innerhalb von weniger als einem Jahr wurden Tausende iranische Mädchen vergiftet. Viele von ihnen mussten aufgrund von Symptomen wie Atemnot, Taubheit in den Gliedmaßen, Herzklopfen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Die Öffentlichkeit erfuhr von der Situation, als die Mädchen berichteten, sie hätten den Geruch von Chloriden wahrgenommen. Inzwischen geht man jedoch davon aus, dass Stickstoffgas die Hauptursache für die Vergiftung war, obwohl es keinen Geruch und Geschmack hat. Das Versäumnis der Regierung, das Recht der Schulmädchen auf Gesundheit, Schutz und Bildung zu schützen, hat trotz der angeblichen Verhaftung der Täter zu einer zunehmenden weltweiten Verurteilung des Iran geführt (The Iran Primer, 2023).

Herausforderungen bei der Untersuchung der Vergiftungsvorfälle

Bislang hatte die internationale Öffentlichkeit Schwierigkeiten, Zugang zu Proben zu erhalten und das volle Ausmaß der Situation im Iran zu überprüfen, da die Regierung keine Informationen zur Verfügung gestellt hat. Einige Berichte deuten darauf hin, dass die Mädchen während der Untersuchungen Stickstoffgas ausgesetzt waren.

Für eine gründliche Untersuchung benötigen die Ärzte jedoch Blutproben, da Proben aus der Umgebung angesichts des heißen Klimas des Landes nicht ausreichen würden. Einige NGOs haben Parallelen zwischen diesem Vorfall und der Vergiftung von 600 Schülerinnen in Herat, Afghanistan, gezogen, aber die Untersuchungen beider Vorfälle sind noch nicht abgeschlossen (Khan J. A. et al., 2023).

Ausländische Korrespondenten haben berichtet, dass sowohl Medien als auch den Familien der Zugang zu den im Krankenhaus befindlichen Mädchen verweigert wird. Darüber hinaus geht die Regierung gegen jeden vor, der in dieser Angelegenheit Nachforschungen anstellt oder sich um Gerechtigkeit bemüht, und bestraft sogar Aktivisten für die „Verbreitung falscher Gerüchte“ und die Aufdeckung anderer Fälle, die eine wesentlich höhere Zahl von Opfern bedeuten (The Iran Primer, 2023). Darüber hinaus wurden iranische Journalisten, die die Vergiftungsfälle aufdeckten und darüber berichteten, anschließend inhaftiert.

Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) hat sich für die Freilassung von Ali Pourtabatabaei eingesetzt, dem iranischen Journalisten, der den ersten Vergiftungsfall aufgedeckt und darüber berichtet hat. Ihre Appelle wurden jedoch ignoriert, und es bleibt unklar, warum er inhaftiert wurde und wo er derzeit festgehalten wird. Auch seine Konten in den sozialen Medien sind wegen angeblicher Verstöße gesperrt worden. Leider ist dies kein Einzelfall, bei dem die Regierung hart gegen die Redefreiheit vorgeht (RSF, 2023).

Schärfere Gesetze und Maßnahmen zum Schutz iranischer Kinder

Die Vergiftung iranischer Schulmädchen ist kein Einzelfall, sondern vielmehr ein Symptom für ein größeres Problem der Gewalt gegen Frauen und Kinder in dem Land. Der Umgang der Regierung mit dieser Krise hat mit Berichten über Zensur, Verhaftungen und die Verweigerung des Zugangs zu Informationen die Situation nur noch verschlimmert.

Nichtregierungsorganisationen, Regierungen und Aktivisten müssen gemeinsam Druck auf die iranische Regierung ausüben, damit diese Maßnahmen zum Schutz ihrer Bürger ergreift und strengere Gesetze gegen Kindesmissbrauch und zum Schutz der Meinungsfreiheit erlässt. Schulungen für die Strafverfolgungsbehörden und eine Umstrukturierung des Kinderschutzsystems könnten das Leben von Frauen und Kindern in dem Land erheblich verbessern.

Es ist an der Zeit, die Kultur des Schweigens und der Straflosigkeit zu beenden und die Täter für ihre Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. Kein Kind sollte um sein Leben fürchten müssen, während es sein Recht auf Bildung wahrnimmt. Humanium setzt sich mit seinen Projekten für eine sicherere und bessere Zukunft für Mädchen ein.

In Zusammenarbeit mit Hand in Hand India hat Humanium dazu beigetragen, spezielle Bildungszentren für Kinder in Madhya Pradesh zu eröffnen, das jungen Mädchen ermöglicht, ihr Recht auf Bildung frei auszuüben und Kinderarbeit durch maßgeschneiderte pädagogische, physische, mentale und emotionale Unterstützung zu beenden.

Wenn Sie uns in unserem Bemühen um eine bessere Welt für Kinder unterstützen möchten, erwägen Sie bitte eine Spende, eine Patenschaft für ein Kind oder eine ehrenamtliche Tätigkeit bei uns. Wir schätzen Ihre Hilfe sehr!

Geschrieben von Lidija Misic

Übersetzt von Karolina Hofman

Korrektur gelesen von Hettie M-J

Quellenverzeichnis:

Amnesty International (2023), Iran: Millions of schoolgirls at risk of poisoning. Retrieved from Amnesty International at https://www.amnesty.org/en/documents/mde13/6696/2023/en/, accessed on April 30, 2023.

BBC (2022), Iran investigates poisoning of hundreds of schoolgirls with toxic gas. Retrieved from BBC at https://www.bbc.com/news/world-middle-east-64797957, accessed on April 30, 2023.

Kenny Peter (2023), UN experts outraged over poisoning of Iranian schoolgirls. Retrieved from Anadolu Agency at https://www.aa.com.tr/en/world/un-experts-outraged-over-poisoning-of-iranian-schoolgirls/2847976, accessed on April 30, 2023.

Khan J. Aina et al (2023), What’s behind the crisis in Iran over the suspected poisoning of schoolgirls? Retrieved from NBC News at https://www.nbcnews.com/news/world/iran-suspected-poisoning-schoolgirls-explained-rcna73499, accessed on April 30, 2023.

Mohammadi R. Mohammad et al (2014), Child Abuse in Iran: a systematic review and meta-analysis. Retrieved from National Library of Medicine at https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4277799/, accessed on April 30, 2023.

RWB (2023), Iranian authorities arrest reporter who covered schoolgirl poisonings. Retrieved from Reporters Without Borders at https://rsf.org/en/iranian-authorities-arrest-reporter-who-covered-schoolgirl-poisonings, accessed on April 30, 2023.

The Iran Primer (2023), Mass Poisoning of Schoolgirls in Iran. Retrieved from The Iran Primer at https://iranprimer.usip.org/blog/2023/mar/08/mass-poisoning-schoolgirls-iran, accessed on April 30, 2023.