Verbaler Missbrauch gegen Kinder im Nahen Osten

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Im Nahen Osten hat die Zahl der Beschimpfungen zugenommen, ein Zustand, der der Kinderrechtskonvention zuwiderläuft. Studien zufolge sind zwischen 70 und 80 Prozent der Jugendlichen im Nahen Osten Opfer von Beschimpfungen geworden (Addustour, 2009). Üblicherweise werden Minderjährige von ihren Eltern, Lehrern und Schulbeamten beschimpft.

Obwohl es bei der Prävention von verbaler Beleidigung eine Reihe von Schwierigkeiten gibt, haben es die Gemeinden und lokalen Regierungen in der Region des Nahen Ostens versäumt, verbalem Missbrauch die Bedeutung beizumessen, die ihm zukommt, um Kindern und Jugendlichen ein besseres Leben frei von jeglicher Art von Gewalt zu ermöglichen.

Was ist verbaler Missbrauch?

Die American Psychological Association definiert verbalen Missbrauch oder verbale Gewalt als „extrem kritische, bedrohliche oder beleidigende Worte, die in mündlicher oder schriftlicher Form geäußert werden und darauf abzielen, den Empfänger zu erniedrigen, herabzusetzen oder zu verängstigen.“ (American Psychology Association, 2023).

Darüber hinaus wird verbaler Missbrauch sowohl als mentaler als auch als psychologischer Missbrauch betrachtet (Wikipedia, 2023). Er kann eine Vielzahl von Verhaltensweisen umfassen, wie Beschimpfungen, Anschreien oder Schreien, Kritisieren und Beurteilen, Schuldzuweisungen und Verachtung.

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes schützt das Recht des Kindes auf ein Leben frei von jeglicher Art von Missbrauch und Vernachlässigung, einschließlich psychischer Gewalt. In Artikel 19 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes wird erklärt, dass jedes Kind das Recht hat, vor jeder Form von Gewalt oder Missbrauch geschützt zu werden.

Infolgedessen sind alle Parteien verpflichtet, die Rechte des Kindes mit allen entsprechenden Mitteln zu schützen, und der Täter muss gemäß der vorherigen Vereinbarung und den nationalen Gesetzen des jeweiligen Landes bestraft werden (UN-KRK, 1989).

Die Häufigkeit verbaler Beleidigung gegen Kinder im Nahen Osten

Verbaler Missbrauch ist ein Phänomen, das nicht nur auf den Nahen Osten beschränkt ist. Die Weltgesundheitsorganisation gibt an, dass 35% der Erwachsenen in der Welt als Kinder verbalem Missbrauch ausgesetzt waren, aber die Sorge im Nahen Osten ist, dass diese Zahlen insbesondere bei verbaler Gewalt gegen junge Menschen deutlich höher sind (WHO, 2020).

Einer UNICEF-Studie aus dem Jahr 2007 zufolge „sind mehr als zwei Drittel der Kinder in Jordanien verbalen Beschimpfungen durch ihre Eltern, Schullehrer und ihre Vorgesetzten ausgesetzt“ (UNICEF, 2007). Dieser Prozentsatz könnte in Ländern wie dem Libanon steigen, wo eine von der Abteilung für Gemeinschafts- und Familienmedizin durchgeführte Studie zur Untersuchung des körperlichen und verbalen Missbrauchs von Schulkindern ergab, dass verbaler Missbrauch am häufigsten vorkommt: 81,2% der Schulkinder wurden mindestens einmal verbal misshandelt (El Bcheraoui, 2007).

Eine angewandte Forschungsstudie mit 3000 Schülern in den Vereinigten Arabischen Emiraten ergab, dass verbale Gewalt den größten Anteil unter den verschiedenen Arten von Gewalt ausmachte, ohne dass das spezifische Ausmaß angegeben wurde (Al-Noaymi, 2013).

Den Ergebnissen der oben genannten Umfragen zufolge sind die Hauptursachen für verbale Gewalt gegen Kinder Misshandlungen durch Eltern und Schulpersonal (Al-Zgalat, 2009). Aufgrund alltäglicher Stressfaktoren, finanzieller Probleme und Hürden im Nahen Osten sind Kinder häufig verbalen Angriffen ausgesetzt. Darüber hinaus kann das Verbot von körperlicher Gewalt gegen Kinder in bestimmten Ländern des Nahen Ostens dazu führen, dass Eltern auf verbale Gewalt als Form der Bestrafung zurückgreifen.

Langfristige Auswirkungen verbaler Gewalt

Es gibt zahlreiche unbeabsichtigte Folgen verbaler Aggression, derer sich die Einwohner des Nahen Ostens möglicherweise nicht bewusst sind. Diese Folgen können von Angst, Traurigkeit, geringem Selbstwertgefühl, Verhaltens- und sozialen Störungen bis hin zu psychischen Erkrankungen, Drogenmissbrauch oder Selbstmordgedanken reichen (Croft, 2022).

Laut Melissa Barsotti, einer zertifizierten klinischen Sozialarbeiterin, kann sich verbale Aggression negativ auf die Psyche eines Kindes auswirken, vor allem, wenn das Kind ihr während seiner gesamten frühen Kindheit ausgesetzt ist (Psychcentral, 2023). Misshandelte Kinder neigen zweifellos zu Gewalt gegen andere Geschwister, Freunde und Schulkollegen, was zu einem nicht enden wollenden Kreislauf des Missbrauchs führen kann.

Laut Untersuchungen der Harvard-Universität kann verbaler Missbrauch genauso zerstörerisch sein wie körperliche oder sexuelle Übergriffe (Harvard Gazette, 2007). Den Ergebnissen zufolge erhöhen anhaltende und schwere Beschimpfungen das Risiko, eine posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln, dieselbe Art von psychischem Zusammenbruch, die irakische Kämpfer im Irak erlitten haben.

Andere haben verbalen Missbrauch in der Kindheit mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für instabile, feindselige Persönlichkeiten, narzisstisches Verhalten, Zwangserkrankungen und Paranoia in Verbindung gebracht.

Dr. Teicher, außerordentlicher Professor für Psychiatrie und seit 1988 Leiter des Forschungsprogramms für Entwicklungsbiopsychiatrie am McLean-Krankenhaus, ist sogar der Ansicht, dass verbaler Missbrauch im Vergleich zu anderen Formen von Übergriffen längerfristige Auswirkungen haben kann, da er oft kontinuierlicher ist und in der Regel mit körperlichem Missbrauch und Vernachlässigung einhergeht (Cromie, 2007).

Herausforderungen bei der Prävention verbaler Gewalt im Nahen Osten

Es gibt verschiedene Hindernisse, die den Nahen Osten daran hindern könnten, die Krise des verbalen Missbrauchs zu bewältigen. In der Tat mangelt es in den lokalen Gemeinschaften an Verständnis für die Erkennung von Anzeichen für verbalen Missbrauch, da es schwieriger ist, diese Anzeichen zu erkennen als die Erkennung von Anzeichen für körperliche Gewalt. Darüber hinaus halten Gemeinden körperliche Feindseligkeit für dringlicher als verbale Gewalt, insbesondere in Krisengebieten.

Das zweite Hindernis, auf das man stoßen könnte, ist der Mangel an Studien über verbale Gewalt gegen Kinder im Nahen Osten, ganz zu schweigen von dem Mangel an solchen Studien in Gebieten, in denen derzeit bewaffnete Konflikte herrschen. Es gibt nur wenige Studien zu diesem Thema, wobei UNICEF den Großteil davon durchführt. Mehr Forschung über verbale Gewalt gegen Kinder im Nahen Osten würde eine solide Wissensgrundlage schaffen, um mehr über die Ursachen, das Ausmaß des Auftretens und die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung zu erfahren.

Wenn es darum geht, verbalen Missbrauch gegen Kinder zu vermeiden, ist eine der größten Herausforderungen das Fehlen von Regeln und Vorschriften oder die Unwirksamkeit solcher Gesetze und Vorschriften. Einem von Human Rights Watch im Jahr 2022 veröffentlichten Bericht zufolge haben viele Länder im Nahen Osten entweder keine Gesetze oder Vorschriften, die Gewalt gegen Kinder verbieten (wie Irak, Syrien und Jemen), oder sie haben Gesetze und Vorschriften, die Gewalt gegen Kinder zwar verbieten, aber nicht vollständig verbieten (wie Jordanien, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate).

Im Ergebnis ist Israel das einzige Land im Nahen Osten, das Gesetze erlassen hat, die in der Praxis Gewalt gegen Kinder verbieten (Human Rights Watch, 2020).

Die wirksamsten Methoden zum Schutz von Kindern vor verbalem Missbrauch

Aufgrund der oben genannten Herausforderungen hat die Region des Nahen Ostens noch einen langen Weg vor sich, um angemessene Schutzmethoden zu erreichen. Glücklicherweise können zahlreiche Organisationen und Institutionen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung nationaler Initiativen zur Förderung eines sicheren schulischen Umfelds ohne jegliche Form von Gewalt spielen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dieses Problem anzugehen. Sensibilisierungs-kampagnen, wie z. B. schulische Veranstaltungen, die darauf abzielen, erzieherische und positive Methoden zur Lenkung und Änderung des Schülerverhaltens unter den Lehrern zu verbreiten, wären von großer Hilfe. Zudem könnten Gemeinschaftsveranstaltungen und -feste zur Förderung der Intoleranz gegenüber Gewalt an Schulen sowie eine ausführliche Berichterstattung in der Presse zur Förderung der Initiative ebenfalls dazu beitragen, dieses Problem zu beleuchten. (Al-Zgalat, 2009).

Darüber hinaus können die Kinder- und Familienräte und -zentren, die von mehreren Regierungen der Region eingerichtet wurden, dazu beitragen, das Bewusstsein für die Rechte der Kinder zu schärfen und Gewalt gegen sie zu verhindern. Die Bemühungen dieser Einrichtungen richten sich hauptsächlich auf die Bekämpfung physischer Gewalt. Es besteht jedoch die Hoffnung, dass die Bürgerrechtsinstitutionen in Zukunft auch eine wirksame Rolle beim Schutz der Kinder vor verbaler Gewalt spielen werden.

Humanium setzt sich seit langem für eine Gesellschaft ein, in der die Rechte von Kindern anerkannt und gewahrt werden und ist der Überzeugung, dass kein Kind jemals irgendeiner Art von Gewalt ausgesetzt sein sollte. Humanium setzt sich für eine sicherere und bessere Zukunft der Kinder im Nahen Osten ein, indem es rechtliche Unterstützung anbietet und das Bewusstsein für die Rechte der Kinder und die Notwendigkeit, der Gewalt gegen Kinder ein Ende zu setzen, schärft.

Dank Ihrer Hilfe wird das Ergebnis anders ausfallen. Bitte denken Sie über eine Spende nach, übernehmen Sie eine Patenschaft für ein Kind oder arbeiten Sie ehrenamtlich mit uns zusammen und helfen Sie uns, die Welt zu einem besseren Ort für Kinder zu machen. Wir danken Ihnen im Voraus für Ihre Hilfe!

Geschrieben von Malak Rababa

Übersetzt von Sam Aldersey-Williams

Korrektur gelesen von Beate Dessewffy

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