Kinderrechte im digitalen Umfeld gehen über Schutzrechte – Rechte, die Kinder vor Ausbeutung schützen – hinaus und umfassen das Recht auf Bildung, das Recht auf Teilhabe und das Recht auf Gesundheit, neben vielen anderen proaktiven Anrechten. Trotz globaler Fortschritte beim Schutz der Kinderrechte im digitalen Raum ist die Interaktion zwischen Kindern und Technologie in Afrika noch ungenügend erforscht. Der Tag des afrikanischen Kindes, der am 16. Juni 2023 begangen wird, bot den relevanten Akteuren die Gelegenheit dieses Thema vor einem globalen Publikum anzusprechen.
Hintergrund des internationalen Tages des afrikanischen Kindes
Am 16. Juni 1991 führte die Organisation für Afrikanische Einheit – umbenannt in die Afrikanische Union im Jahr 2002 – den Tag des afrikanischen Kindes ein zum Gedenken an das Leben mehrerer Kinder, die während eines von Studenten angeführten Aufstandes gegen das Apartheid-Regime in Südafrika in Soweto im Jahr 1976 ums Leben kamen (African Union, 2023). An diesem Tag werden die Opfer gewürdigt, die diese Kinder gebracht haben, als sie versuchten, ihre Grundrechte auf Bildung und Freiheit zu verwirklichen (African Union, 2023).
Über seinen gedenkenden Wert hinaus, bietet der 16. Juni für relevante Interessensvertreter die Möglichkeit zusammenzukommen, um die Hindernisse und Herausforderungen, die die Verwirklichung der Kinderrechte auf dem ganzen Kontinent verhindern, zu erörtern und anzugehen (African Union, 2023). Um diese jährliche Veranstaltung zu strukturieren, bestimmt der Afrikanische Sachverständigenausschuss für die Rechte und das Wohlergehen des Kindes (ACERWC) ein Jahresthema und organisiert kontinentale Aktivitäten zur weiteren Diskussion und Förderung der kontinentalen Kinderrechte.
Der Tag des afrikanischen Kindes im Jahr 2023: Die Rechte des Kindes im digitalen Umfeld
Das Thema des Tages des afrikanischen Kindes im Jahr 2023 waren die Rechte des Kindes im digitalen Umfeld. So wurden die Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union und andere Interessensvertreter, die sich für den Schutz der Kinderrechte einsetzen, aufgefordert, konkrete Verpflichtungen zur Verwirklichung der Kinderrechte im digitalen Raum einzugehen.
Die Auswahl dieses aktuellen Themas verdeutlicht die zunehmende und oft allgegenwärtige Rolle der Technologie, die das Leben der jungen afrikanischen Bevölkerung gestaltet (Association for the Development of Education in Africa, 2023). Untersuchungen zeigen, dass über 40% der jugendlichen Weltbevölkerung in Afrika lebt, während über 70% der Bevölkerung in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara aus Jugendlichen unter 30 Jahren besteht (Association for the Development of Education in Africa, 2023).
Afrika sollte daher am besten in der Lage sein, aus dem anbrechenden digitalen Zeitalter und den unzähligen Möglichkeiten, die dieses für junge Menschen bietet, Nutzen zu ziehen. Leider gibt es in vielen Ländern des Kontinents nach wie vor soziopolitische und wirtschaftliche Faktoren die verhindern, dass Kinder von den Möglichkeiten der technologischen Innovation profitieren können.
Mehr als 40% der Arbeitslosen auf dem Kontinent gelten als “Jugendliche” und abgesehen von der Arbeitslosigkeit haben unzählige junge Menschen in ganz Afrika Schwierigkeiten, Zugang zu ihren Grundbedürfnissen zu erhalten, wodurch sie an der Verwirklichung ihrer Menschenrechte gehindert werden (Association for the Development of Education in Africa, 2023).
Kinderrechte im digitalen Zeitalter auf dem Kontinent schützen
Neue Technologien gehören der Jugend. Die kontinuierliche Erweiterung des digitalen Raumes und der zunehmende Kontakt der Kinder mit Technologie und digitalen Inhalten schaffte neue Risiken für Kinderrechte, mit denen sich Eltern und Betreuer auseinandersetzen müssen. Das Internet und die damit verbundene Internetnutzung erlebten seit ihrer Einführung und Verbreitung im späten 20. Jahrhundert, insbesonders unter jungen Leuten, ein konstantes und stetiges Wachstum (Association for the Development of Education in Africa, 2023).
Eine im Jahr 2022 durchgeführte Untersuchung ergab, dass es fast 600 Millionen Internetnutzer auf dem afrikanischen Kontinent gibt (Association for the Development of Education in Africa, 2023). Weltweit machen Kinder in der Regel ein Drittel oder 30-40% der gesamten Internetnutzung aus (Association for the Development of Education in Africa, 2023). Obwohl diese Zahl nicht auf einer afrikaspezifischen Analyse basiert, zeigt sie die wachsende Bedeutung der Technologie für die Entwicklung und das Wachstum von Kindern.
Afrika erlebte einen besonders schnellen Anstieg des Zustroms digitaler Werkzeuge: im Gegensatz zu traditioneller Infrastruktur wie Transportsysteme und Häfen können Internetzugang und Technologie schnell und mit wenig Unterbrechungen in das Ökosystem eines Landes eingegliedert werden.
Das birgt sowohl Risiken als auch Chancen. Jüngere Bevölkerungsgruppen haben schnell Zugang zu einer Reihe von neuen Fähigkeiten, Möglichkeiten der Beschäftigung und Lernmitteln als Unterstützung für ihre Entwicklung. Ohne Regulierung und Überwachung sind Kinder jedoch auch schädlichen Inhalten, böswilligen Akteuren und falschen Informationen sowie anderen Gefahren ausgesetzt.
Langzeitgefahren verhindern digitale Bildung in Afrika
Die afrikanischen Länder haben sich für die Verwendung von Technologie als Mechanismus zur Nutzbarmachung der Kraft ihrer jungen Bevölkerung eingesetzt. Im Jahr 2013 hatte Kenias ehemaliger Präsident Uhuru Kenyatta kostenlose solarbetriebene Laptops für alle Schüler im ganzen Land versprochen, um eine weit verbreitete digitale Bildung zu entwickeln und die technologische Wissensbasis des Landes zu erweitern (Mims, 2023).
2021 hat die ACERWC-Agenda für Kinder die technologische Innovation als eine zentrale Säule zur Stärkung der Rechte der Kinder, einschließlich derer mit Behinderungen, auf dem gesamten Kontinent bezeichnet (African Committee of Experts on the Rights and Welfare of the Child, 2021).
Hochgesteckte Ziele erfordern jedoch einen sicheren Rechtsrahmen sowie Überwachung und eine Bewertung, um ihren Erfolg zu gewährleisten. Neuere Evaluierungsberichte, welche Kenias Laptop-Kampagne und ein weiteres 200-Millionen-Euro-Programm zur digitalen Bildung (DLP) bewerten, haben tausende von gestohlenen, ungenutzten, unzuverlässigen und verschwendeten technischen Geräten innerhalb des Landes und über die benachbarten Grenzen hinweg offen gelegt (Muchunguh & Nyamai, 2022).
In Uganda haben Haushaltsbefragungen des Ministeriums für Geschlechterfragen ergeben, dass Kinder auf Social-Media-Plattformen in großem Umfang für sexuelle Ausbeutung im Internet missbraucht werden (Owente, 2023). 40% der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen in dem ostafrikanischen Land nutzen das Internet regelmäßig (Owente, 2023).
Die effektivsten Wege nach vorn
Da Afrika daran arbeitet, der Technologie als Mittel zur Beschleunigung der Entwicklung und zur Selbstbefähigung seiner Jugend Priorität einzuräumen, ist es unbedingt erforderlich, dass der Kontinent weiterhin das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt aller Diskussionen und Agenden in Bezug auf Kinder im digitalen Raum stellt. Neue Technologien und die digitalen Umgebungen, in denen Kinder leben, müssen überwacht, reguliert und angepasst werden, um sicherzustellen, dass sie für die Entwicklung von Kindern eher unterstützend als hinderlich sind.
Diese Prozesse erfordern einen beständigen, politischen Willen und eine verlässliche Finanzierung, neben anderen staatlichen Unterstützungsmechanismen. Ohne striktes Aufrechterhalten von diesen Erfordernissen, riskieren die Länder, dass sich die Selbstbefähigung in eine Gelegenheit zur Ausbeutung verwandelt. Obwohl die Gerichtsbarkeit jedes Landes ihre eigenen spezifischen Anforderungen hat, gibt es auch allgemeine Schritte, die auf dem ganzen Kontinent unternommen werden müssen, um die digitale Bildung zu verbessern und Kinder dabei zu unterstützen, ihr volles Potential auszuschöpfen:
- Gewährleistung von Gleichheit und Zugang: eine höhere digitale Bildung hängt von einem zuverlässigen und fairen Zugang zu technologischen Diensten ab. Dies bezieht sich sowohl auf die Infrastruktur der Dienstleistungen – wie z.B. Qualität und Beständigkeit der Internetdienste – als auch auf diejenigen, die die Kinder im Umgang mit den technischen Hilfsmitteln unterrichten, wie Lehrer oder Eltern. Ohne gerechtere Dienstleistungen besteht die Gefahr, dass digitale Bildung den Privilegiertesten vorbehalten bleibt, wodurch Ungleichheiten verschärft und die Entwicklung untergraben werden.
- Nationale Akzeptanz und Unterstützung: damit digitale Bildungsprogramme erfolgreich sind, müssen sie von einer staatlichen Unterstützung auf höchster Ebene profitieren. Digitale Bildung muss in die nationalen Lehrpläne aufgenommen werden, von verlässlichen Finanzierungsquellen aufrechterhalten und durch die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen mit internationaler Expertise verbessert werden.
- Sicherstellen, dass die digitale Bildung nachhaltig ist: Kinder müssen die Möglichkeit erhalten, ihre digitalen Fähigkeiten über die Schulzeit und Kindheit hinaus zu nutzen. Die Länder müssen Anreize für den technologischen Fortschritt schaffen, indem sie diese Fähigkeiten in höheren akademischen und beruflichen Arbeitsbereichen belohnen.
- Kontinuierliche Kontrolle und Evaluierung der Risiken: Die Regierungen müssen die aufkommenden digitalen Risiken, die sich für Kinder aus der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung und Innovation ergeben, regelmäßig und gründlich überwachen.
Bei Humanium streben wir danach, ein Bewusstsein für die Bedeutung der Rechte von Kindern auf Nahrung, Bildung und Schutz zu schaffen. Darüber hinaus arbeitet Humanium seit vielen Jahren daran, die Situation der Kinderrechte in Afrika zu verbessern, speziell in Ruanda an der Wichtigkeit eines besseren Schutzes für Kinder und trainiert Fachkräfte, die Kinder unterstützen, die ein psychisches Trauma erlebt haben.
Helfen Sie mit, das Recht der Kinder auf ein sicheres Umfeld und eine zugängliche Bildung zu verwirklichen, indem Sie eine Patenschaft für ein Kind übernehmen, eine Spende leisten oder sich ehrenamtlich engagieren!
Geschrieben von Vanessa Cezarita Cordeiro
Übersetzt von Alexandra Dantl
Korrektur gelesen von Beate Dessewffy
Quellenverzeichnis:
African Committee of Experts on the Rights and Welfare of the Child. (2021). “Africa’s agenda for children 2040, fostering an Africa fit for children.” Retrieved from African Union, accessed on 23 June 2023.
African Union. (2023, June 14-16). “Theme: the rights of the child in the digital environment.” Continental commemoration of the day of the African child. Retrieved from African Committee of Experts on the Rights and Welfare of the Child, accessed on 21 June 2022.
Association for the Development of Education in Africa. (2023, June 16). “ADEA commemorates the 30th day of the African child: the rights of the child in the digital environment.” Retrieved from Association for the development of education in Africa, accessed on 21 June 2022.
Mims, C. (2013, March 4). “A solar-powered laptop in every pot is a key campaign promise of the man who would be Kenya’s president.” Retrieved from Quartz, accessed on 23 June 2023.
Muchunguh, D., & Nyami, F. (2022, November 17). “Inside Uhuru and Ruto’s Sh32 billion school laptops lie.” Retrieved from The Nation, accessed on 23 June 2023.
Nakashole, N. (2023, June 16). “An African child’s rights in a digital era.” Retrieved from Pin Africa, accessed on 21 June 2022.
Owente, Kellen. (2023, June 16). “How can children be protected from accessing unfit digital content?” Retrieved from New Vision, accessed on 21 June 2023.