Seit mehr als 30 Jahren, hat der Konflikt in der DRK mehr als sechs Millionen Menschen das Leben gekostet. Zu der langen Liste der Opfer gehören auch die Kinder der DRK. Da sich der Konflikt seit 2024 immer heftiger verschärft, ist es wichtig, auf die Auswirkungen dieser Konflikte auf die Kinderrechte, sowie auf die Verletzungen und strukturellen Missstände, denen die Kinder in diesem feindseligen Umfeld ausgesetzt sind, hinzuweisen und die Rolle von langfristiger Friedenskonsolidierung und humanitärer Hilfe zu betonen.
Die Chronologie der Konflikte in der DRK
In den Folgetagen des Genozids von Ruanda, überquerten mehr als eine Million Hutus die Grenze zwischen Ruanda und dem Kongo (damals Zaïre) um sich in den Lagern in Nord-Kivu niederzulassen. In diesen Lagern befanden sich Zivilisten, aber auch Völkermörder, die zur Gründung der Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (Forces démocratiques de libération du Rwanda, FDLR) beigetragen haben.
Die mörderischen Massaker von 1996 waren der Beginn der von Kigali unterstützten kongolesischen Rebellion, die im Mai 1997 Laurent-Désiré Kabila an die Macht brachte. Von 1998 bis 2002 war das Land, das 1997 zur Demokratischen Republik Kongo („DRK“) wurde, Schauplatz eines regionalen Krieges, an dem bis zu sieben Länder beteiligt waren (Journal 20 Minutes, 2008).
Die beiden wichtigsten kongolesischen Rebellengruppen sind die von Uganda unterstützte Bewegung für die Befreiung des Kongo (Mouvement pour la libération du Congo, MLC) und die von Ruanda untertützten Tutsi der Kongolesischen Versammlung für Demokratie (Rassemblement Congolais pour la Démocratie, RCD), die nach einer territorialen Neuaufteilung das wegen seiner Bergbaugebiete und Bodenschätzte begehrte Gebiet Nord-Kivu verwalten.
Joseph Kabila, der seit 2001 an der Spitze der DRK stand, setzte 2006 den Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes (Congrès national pour la défense du peuple, CNDP) ein, um den Frieden in das Land zurückzubringen. Dies führte im Januar 2007 auch zur Übernahme der Kontrolle über die mineralienreichen Gebiete, die er bis dahin begehrte.
Dennoch wurden die Kämpfe zwischen der CNDP und der kongolesischen Armee wieder aufgenommen, bis zur Konferenz von Goma und der Waffenstillstandsvereinbarung, unterzeichnet im Januar 2008. Trotz dieser Abkommen, die seither regelmäßig verletzt wurden, begann eine lange Phase der Instabilität und der Gewalt, bis 2009 in Goma ein neues Friedensabkommen unterzeichnet wurde (Journal 20 Minutes, 2008). Gleichwohl führte die Nichtbeteiligung Ruandas am Friedensprozess zu einer Verschärfung der Konflikte zwischen den beteiligten militärischen Gruppen in den Kivu-Provinzen.
In diesem Zusammenhang wurde 2012 die bewaffnete Gruppe Mouvement du 23 mars („M23“) gegründet, die später gegen die Streitkräfte der DRK zu den Waffen griff (Slate, 2024). Seit Juni 2024 hat die M23 die Kontrolle über eine zentrale Stadt in ihrem Konflikt mit den Regierungstruppen im Osten der DRK übernommen und setzt damit die ewigen Auseinandersetzungen fort, die das Land belasten (Le Monde, 2024).
Die Realität für Kinder in der DRK
Seit Beginn der Kampfhandlungen, verschlimmert sich die Situation stetig und die Auswirkungen der bewaffneten Konflikte auf die Kinder sind gravierend und anhaltend. Im Jahr 2022 wurden 3.400 Fälle von schweren Straftaten gegen Kinder registriert, darunter 1.600 von bewaffneten Gruppen rekrutierte Kinder, 700 im Konflikt getötete Kinder sowie mindestens 290 Fälle sexueller Gewalt. Außerdem sind seit Anfang 2023 mehr als eine Million Menschen erneut aus der DRK vertrieben worden, so dass sich die Gesamtzahl der Vertriebenen auf mehr als 6,1 Millionen beläuft (BBC News Afrique, 2023).
Im Jahr 2024 wurde ein Anteil von 36% für Tötung und Verstümmelung von Kindern, 25% für Handlungen sexueller Gewalt gegen Kinder, 18% für Rekrutierung/Missbrauch von Kindern in Kämpfen und 19% für Entführungen von Kindern gemeldet. Diese schweren Verstöße wurden größtenteils (87%) innerhalb der Kampfzonen registriert. Des Weiteren blieb die Zahl der sexuellen Gewalttaten gegen Frauen und Kinder im Jahr 2023 hoch und stieg im Jahr 2024 noch weiter an. Im Mai wurden 150 Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt verzeichnet, darunter 114 Vergewaltigungen (ONU Info, 2024).
Dieser Wiederausbruch der Gewalt im Osten der DRK, der allein seit Anfang 2024 zur Vertreibung von mindestens 400.000 Menschen in Nord-Kivu geführt hat, bedroht die Kinder mit noch mehr Gewalt, wenn ihr Schutz nicht verstärkt wird (UNICEF, 2024). Im Laufe der Zeit hat das Ausmaß der Gewalt unaufhörlich zugenommen, wobei seit April 2024 ein Anstieg der Verstöße und Misshandlungen um fast 5% zu verzeichnen ist. Dieser Anstieg könnte auf die anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen der M23 und anderen bewaffneten Gruppen und den Streitkräften der DRK (Forces armées de la RDC, FARDC) im südöstlichen Teil von Masisi und im nördlichen Teil von Rutshuru zurückzuführen sein (ONU Info, 2024).
Die Verpflichtungen der DRK gegenüber den Kindern
Seit den 1990er Jahren hat die DRK ihren Rechtsrahmen zum Schutz der Kinderrechte durch die Verabschiedung und Ratifikation von internationalen und regionalen Schutzinstrumenten, insbesondere der Kinderrechtskonvention („KRK“) und der Afrikanischen Charta über die Rechte und das Wohlergehen des Kindes gestärkt (Ponabana RDC, 2024). Um die seit der Ratifizierung der KRK getroffenen Verpflichtungen umzusetzen, hat die DRK mehrere Rechtsinstrumente auf nationaler Ebene reformiert, darunter das Arbeitsgesetzbuch, das Gesetzbuch der Militärjustiz und das Familienrecht (UNICEF, 2019).
Tatsächlich hat die DRK in kontinuierlichen Bemühungen die Interessen und das Wohl von Kindern in den Mittelpunkt ihrer Verfassung gestellt, die ein Kind als „jede Person, unabhängig vom Geschlecht, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat“ definiert (Constitution de la RDC, 2011).
Darüber hinaus hat die DRK das Instrumentarium der einschlägigen Rechtstexte zur Verteidigung der Rechte der Kinder verstärkt, insbesondere durch die Verabschiedung des Gesetzes zum Schutz des Kindes im Jahr 2009, die Bestrafung sexueller Gewalt im Gesetz Nr. 06/019 zur Änderung und Ergänzung des Dekrets über die Strafprozessordnung von 2006 und die Überarbeitung des Familienrechts im Jahr 2016 (Ponabana RDC, 2024). Trotzdem reichen die gesetzgebenden Bemühungen angesichts des Ausmaßes der Auswirkungen der bewaffneten Konflikte auf die Kinderrechte nicht aus.
Strukturelle Fragestellungen in der Perspektive
Angesichts der oben kurz aufgezählten Auswirkungen der von Kindern erlittenen Gewalt in der DRK, ist es angebracht sich ganz besonders mit den Hindernissen zu beschäftigen, die Kinder an der Realisation ihrer Rechte hindern. Eine der größten Herausforderungen bleibt, dass der Humankapitalindex der DRK mit 0,37 unter dem Durchschnitt von Subsahara-Afrika (0,40) liegt.
Das bedeutet „dass ein kongolesisches Kind, das heute geboren wird, nur darauf hoffen kann, 37% seines Potentials zu verwirklichen, im Vergleich zu dem, was möglich wäre, wenn es von einer vollständigen, qualitativ hochwertigen Schulbildung und optimalen gesundheitlichen Bedingungen profitieren könnte“ (Banque mondiale, 2024). Dieses Ergebnis spiegelt größtenteils „die niedrige Überlebensrate von Kindern unter fünf Jahren, die hohe Rate von Wachstumsverzögerungen bei Kindern und die schlechte Qualität der Bildung wider“ (Banque mondiale, 2024).
An zweiter Stelle erfordert die Schaffung eines Umfeldes, das die Kinderrechte in der DRK begünstigt, eine Erhöhung der Haushaltsmittel und der öffentlichen Ausgaben für soziale Sektoren, in denen die Defizite der Kinder, die als am stärksten gefährdet gelten, berücksichtigt werden. Dies kann nur realisiert werden durch „eine effektive Erhebung von Steuereinnahmen, eine verantwortungsvolle Steuerpolitik, einen entschlossenen Kampf gegen Korruption auf allen Ebenen und die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die sozialen Sektoren, insbesondere Gesundheit und Bildung“, deren Wachstum mindestens dem des Wirtschaftssektors entsprechen muss (UNICEF, 2017).
Vor diesem Hintergrund müssen strukturelle Veränderungen Vorrang haben, die die langfristigen Auswirkungen der bewaffneten Konflikte auf das Wohlergehen der Kinder berücksichtigen, um ihnen das bestmögliche Umfeld zu bieten, in dem sie aufwachsen und ihre Hoffnungen verwirklichen können.
Erwartete Lösungen in der DRK
Als Antwort auf die Nachwirkungen der bewaffneten Konflikte in der DRK und deren sukzessive Ausweitung, verabschiedete der Sicherheitsrat am 6. August 2024 eine Resolution, die „die Mission der Vereinten Nationen für die Stabilisierung in der Demokratischen Republik Kongo (MONUSCO) autorisiert, die Mission der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika in diesem Land (SAMIRDC) zu unterstützen“, die seit 2023 in der DRK aktiv ist (Press ONU, 2024).
Es ist unerlässlich, dass die regionalen Akteure und die internationale Gemeinschaft ihre Bemühungen um eine friedliche politische Lösung des Konflikts verstärken, um ein dauerhaftes Friedensabkommen für die Kinder, die mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung der DRK ausmachen, und ihre Grundrechte zu erreichen (UNICEF, 2024).
Dieser Schritt benötigt sowohl die Zusammenarbeit als auch die Bündelung der Bemühungen zwischen den einzelnen Sektoren und ihren Akteuren, um einen gemeinsamen Ansatz und eine gemeinsame Bewertung des humanitären Bedarfs und der Mobilisierung von Ressourcen sicherzustellen (OCHA, 2024). Trotz einiger Fortschritte im Laufe der letzten 10 Jahre bleibt das Schicksal der Kinder und Frauen in der DRK prekär. Unglücklicherweise werden die spezifischen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen selten als vorrangig angesehen.
Die Kinder und die Jugendlichen sind nicht nur die Empfänger von Leistungen, die zur Bewältigung der erlebten Schwierigkeiten erbracht werden. Sie erfüllen auch die Rolle von Handelnden in dem Prozess, der ihr Wohlergehen verbessern soll, und sind die Garanten für die Zukunft des Landes. Durch die Anwendung dieses Prinzips, je nach Reifegrad des einzelnen Kindes, kann das Recht auf Mitbestimmung eines jeden Kindes und Jugendlichen gefördert werden, indem ein Umfeld geschaffen wird, das für sie geeignet ist (UNICEF, 2017).
Durch seine eigenen Projekte strebt Humanium danach, eine Welt zu schaffen, in der die Rechte der Kinder auf Leben und Schutz immer respektiert werden. Wenn Sie das Anliegen von Humanium unterstützen möchten, können Sie eine Spende, eine ehrenamtliche Tätigkeit oder eine Mitgliedschaft in Betracht ziehen.
Geschrieben von Moïra Phuöng Van de Poël
Übersetzt von Alexandra Dantl
Korrektur gelesen von Beate Dessewffy
Quellenangaben:
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