Die Klimakrise wird auf globaler, regionaler und nationaler Ebene durch ein breites Spektrum an hochrangigen politischen Verpflichtungen, Verträgen, Beschlüssen, Rahmenwerken, Strategien und Vereinbarungen angegangen. Trotz all dieser Initiativen und Verpflichtungen bleiben Kinder in der Politik und bei den Maßnahmen zur Abschwächung und Anpassung an die Klimakrise immer noch außen vor. Das Versäumnis der Regierungen, Schäden durch den Klimawandel zu verhindern und abzuschwächen, stellt eine Form der Gewalt gegen Kinder dar, die wiederum als eine Form von Kindesmissbrauch definiert werden kann.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf Kinder
Das eigentliche Problem ist der Klimawandel. Auch wenn sich auf globaler, regionaler und nationaler Ebene durch ein breites Spektrum an hochrangigen politischen Verpflichtungen, Verträgen, Beschlüssen, Rahmenwerken, Maßnahmen und Vereinbarungen damit befasst wird, gibt es immer noch viele Themen, die konsequent und wirksam angegangen werden müssen, um einen Richtungswechsel zu bewirken (EEAS, 2022).
Die globale Klimakrise wurde in erster Linie durch die Industrialisierung und den Konsum der reichen Nationen ausgelöst, während die Schäden unverhältnismäßig stark und am härtesten diejenigen treffen, die am wenigsten dazu beigetragen haben: Nationen und Gemeinschaften mit niedrigem Einkommen, indigene und ethnische Gemeinschaften sowie Kinder (Climate Change is Child Abuse, 2022).
„Wir, die Kinder, fordern dringende Maßnahmen und Lösungen für den Klimawandel. Wir sind am meisten betroffen, aber am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich. Wir müssen bei der Erarbeitung von Lösungen einbezogen oder konsultiert werden. Wenn wir einbezogen werden, lernen wir mehr und können auf unsere eigene kleine Art und Weise aktiv werden und uns an Aktivitäten beteiligen, die dem Klimawandel entgegenwirken, wie zum Beispiel die ordnungsgemäße Entsorgung von Müll und das Pflanzen von Bäumen.“
– ein 13-jähriges Mädchen aus Kenia (EEAS, 2022).
Auf globaler Ebene wird berichtet, dass derzeit eines von fünf Kindern auf der Welt keinen Zugang zu Wasser oder nicht genug Wasser hat, um seinen täglichen Bedarf zu decken. Bis 2041 wird wahrscheinlich jedes vierte Kind in Gebieten mit extremem Wassermangel leben (Child Rights Connect, 2022). Mehr Kinder als je zuvor sind mit extremer Armut, Diskriminierung und sozialer Ungleichheit konfrontiert und werden gewaltsam vertrieben, um Konflikten, Gewalt und Ernährungsunsicherheit zu entkommen (EEAS, 2022).
Die Klimakrise hat diese Risiken verschärft und die Anfälligkeit von Kindern für Gewalt noch einmal erhöht. Kinder sind immer stärker von Wetterereignissen wie verheerenden Überschwemmungen, Wirbelstürmen, Luftverschmutzung, globaler Erwärmung, extremen Wetterereignissen, Wüstenbildung, Entwaldung, katastrophalen Dürreperioden, Hitzewellen, Bränden, Stürmen und den damit verbundenen Folgen betroffen.
Laut UNICEFs erstem kinderspezifischen Klimarisikoindex sind rund eine Milliarde Kinder einem extrem hohen Risiko ausgesetzt, von der Klimakrise betroffen zu sein. 820 Millionen Kinder (mehr als ein Drittel der Kinder weltweit) sind derzeit stark von Hitzewellen betroffen, 400 Millionen (fast eines von sechs) von Wirbelstürmen, 330 Millionen (eines von sieben) von Hochwasser in Flüssen, 240 Millionen (eines von zehn) von Überschwemmungen an der Küste und 920 Millionen (mehr als ein Drittel) von Wasserknappheit (EEAS, 2022).
Die kumulierten Erschütterungen der Klimakrise verschärfen bereits bestehende Ungleichheiten und Verwundbarkeiten wie Armut, die sozioökonomischen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, humanitäre und finanzielle Krisen und bewaffnete Konflikte, Ernährungsunsicherheit und verschärfen die Risikofaktoren für die Erfahrung von Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung, Kinderarbeit, Kinderheirat, Menschenhandel und Zwangsvertreibung (EEAS, 2022).
Menschen und Kinder aus marginalisierten Gemeinschaften haben nicht genügend Wissen und können sich nicht so gut an den Klimawandel anpassen wie andere, wohlhabendere Kinder (Child Rights Connect, 2022). In diesem Sinne wirkt die Klimakrise als Bedrohungsmultiplikator für Gewalt gegen Kinder (EEAS, 2022).
Klimazerstörung als eine Form des Kindesmissbrauchs
Zahlreiche Studien und Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Kinder aufgrund von physischen und entwicklungsbedingten Faktoren am stärksten von Tod, Krankheit und Verletzungen durch direkte und indirekte Auswirkungen des Klimawandels bedroht sind (Climate Change is Child Abuse, 2022).
Die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels auf Kinder haben viele Vertreter der Berufsgruppen, die sich für die Gesundheit, den Schutz und die Rechte von Kindern einsetzen, dazu veranlasst, die Beiträge von Regierungen und Unternehmen zum Klimawandel und deren Unfähigkeit, dessen Schäden zu verhindern und abzumildern, als Gewalt gegen Kinder einzustufen, die wiederum als eine Form von Kindesmissbrauch gesehen werden kann (Climate Change is Child Abuse, 2022).
Tatsächlich umfasst die Definition von „Kindesmisshandlung“ laut der WHO „alle Arten von körperlicher und/oder emotionaler Misshandlung, sexuellem Missbrauch, Verwahrlosung, Vernachlässigung und kommerzieller oder sonstiger Ausbeutung, die zu einer tatsächlichen oder potenziellen Schädigung der Gesundheit, des Überlebens, der Entwicklung oder der Würde des Kindes im Rahmen einer Verantwortungs-, Vertrauens- oder Machtbeziehung führen“ (WHO, 2022).
Durch die Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention (KRK) haben alle Länder (mit Ausnahme der USA) die Verantwortung, gegen eine solche Misshandlung von Kindern vorzugehen, indem sie alle angemessenen Maßnahmen zum Klimawandel ergreifen, die sich auf das stützen, was nach den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Schutz der Kinder notwendig ist. Diese mächtigen Akteure sollten daher für die systemische Gewalt gegen Kinder zur Rechenschaft gezogen werden (Climate Change is Child Abuse, 2022).
Initiativen von Kindern, die ihre Stimme zum Klimawandel erheben
Kinder spüren die Folgen des Klimawandels und sind sich der Tatsache bewusst, dass die Klimakrise sie und künftige Generationen am meisten belasten wird, da sie am meisten zu verlieren haben. Aus diesem Grund haben sich Kinder in den letzten Jahren zunehmend Gehör verschafft und stehen weltweit an vorderster Front, wenn es um Klimaschutzmaßnahmen geht.
Dies geschieht durch rechtliche Schritte, Aktivitäten in den sozialen Medien, gemeinschaftliches und zivilgesellschaftliches Engagement, die Teilnahme an Klimaverhandlungen, von Kindern geführte Streiks, friedliche Demonstrationen und soziale Mobilisierungsbewegungen – trotz der Hindernisse, mit denen sie konfrontiert sind (EAD, 2022). Eines der besten Beispiele für das Engagement von Kindern ist die Bewegung Friday for Future, die 2018 ins Leben gerufen wurde und an der sich junge Menschen aus der ganzen Welt beteiligen.
Es wurden auch rechtliche Schritte unternommen, um die enge Verbindung zwischen Klimawandel und Kinderrechten zu unterstreichen. So reichten Greta Thunberg und die 15 anderen jungen Petitionssteller aus zwölf Ländern weltweit im Jahr 2020 die erste klimabezogene Petition beim Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes (KRK-Ausschuss) ein, in der sie behaupteten, dass das Versäumnis der Länder, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, einen Verstoß gegen ihre durch die KRK geschützten Rechte darstellt (Bakker, 2021).
„Es ist so wichtig, dass wir uns jetzt zu Wort melden, weil der Klimawandel uns Kinder am meisten betrifft. Wir müssen fordern, dass man sich um uns Kinder kümmert. Denn wir sind eine Priorität, keine Wahl.“
– ein 16-jähriges Mädchen aus Grönland (CRIN, 2022).
Stärkere Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen bei klimarelevante Themen
Trotz all dieser Maßnahmen werden Kinder und Jugendliche in politischen Diskussionen und globalen Klima- und Menschenrechtsforen oft nicht berücksichtigt oder gar ignoriert (CRIN, 2022). Jüngste Forschungsergebnisse zeigen, dass sich junge Menschen durch das Desinteresse und die Unfähigkeit der Erwachsenen im Umgang mit dieser Krise, die ihr gegenwärtiges und zukünftiges Wohlergehen zutiefst bedroht, im Stich gelassen und verraten fühlen (Climate Change is Child Abuse, 2022).
Kinder und Jugendliche müssen sinnvoll einbezogen werden und Raum erhalten, um ihre Rechte und Interessen bei Entscheidungen, die sie und künftige Generationen betreffen, umfassend zu vertreten. Sie haben den größten Anteil an der Zukunft und sollten mitbestimmen, wie diese aussehen wird.
Es bleiben weniger als acht Jahre, um das Versprechen der Agenda 2030 einzulösen – die Uhr tickt. Es ist ein Paradigmenwechsel erforderlich. Zusammenarbeit und Multilateralismus müssen auf der Grundlage gegenseitiger Partnerschaften und Rechenschaftspflicht gestärkt werden, da die meisten besonders gefährdeten Länder diejenigen sind, die am wenigsten Verantwortung tragen.
Mehr denn je ist es notwendig, Gerechtigkeit für alle Kinder zu schaffen, auch in sozialer Hinsicht. Niemand sollte zurückgelassen werden. Dies erfordert eine Bündelung der Kräfte und Verantwortlichkeiten mit allen wichtigen Akteuren, einschließlich der Mitgliedstaaten und des Privatsektors (EEAS, 2022).
In diesem Sinne steht Humanium an vorderster Front, um das Bewusstsein für die Gefahren und Ursachen der Klimakrise zu fördern und Kindern und künftigen Generationen angemessene Antworten auf den Klimawandel zu geben. Wenn Sie zu unserer Arbeit beitragen möchten, können Sie spenden, sich ehrenamtlich engagieren oder Mitglied werden.
Geschrieben von Arianna Braga
Übersetzt von Karolina Hofman
Korrigiert von Jana Ruf
Quellen:
Bakker, C. (2021). Baptism of fire? The first climate case before the UN Committee on the Rights of the Child. Retrieved from Questions of International Law (QIL) at http://www.qil-qdi.org/baptism-of-fire-the-first-climate-case-before-the-un-committee-on-the-rights-of-the-child/, accessed on 5 November 2022.
Child Rights Connect (2022). Saving the planet is saving children: Voices of Children for COP27 and beyond. Retrieved from Child Rights Connect at https://childrightsconnect.org/saving-the-planet-is-saving-children-voices-of-children-for-cop27-and-beyond/, accessed on 5 November 2022.
Climate Change is Child Abuse (2022). Climate destruction is child abuse. Retrieved from Climate Change is Child Abuse at https://climatechangeischi.wixsite.com/generations-together, accessed on 5 November 2022.
CRIN (2022). Children’s rights and voices in the global response to climate. Retrieved from CRIN at https://home.crin.org/readlistenwatch/stories/children-at-cop27, accessed on 5 November 2022.
EEAS (2022). The Climate Crisis: a Threat Multiplier for Violence against Children. Retrieved from the Delegation of the European Union to the United Nations in New York at https://www.eeas.europa.eu/delegations/un-new-york/climate-crisis-threat-multiplier-violence-against-children_en, accessed on 5 November 2022.
WHO (2022). Child maltreatment. Retrieved from the World Health Organization (WHO) at https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/child-maltreatment#:~:text=It%20includes%20all%20types%20of,of%20responsibility%2C%20trust%20or%20power, accessed on 5 November 2022.