Die Kinder von Malawi

Die Verwirklichung der Kinderrechte in Malawi

Malawi, ein Land im südlichen Afrika, dessen Wirtschaft im Wesentlichen auf der Landwirtschaft beruht, hat sich zur Wahrung, Verteidigung und Förderung der Rechte von Kindern verpflichtet. Obwohl Herausforderungen und Lücken bestehen bleiben, gab es im letzten Jahrzehnt ermutigende Entwicklungen, die darauf abzielen, die Rechte der malawischen Kinder zu stärken und zu verwirklichen.

Index der Realisierung von Kinderrechten: 5,88/10
Schwarz Stufe:
sehr Schwierige Situation

Bevölkerung: 18.6 M.
Bev. 0-14 Jahren: 40 %

Lebenserwartung: 63,7 Jahre
Kindersterblichkeit: 41,6 ‰

Malawi auf einen Blick 

Malawi, auch das „warme Herz Afrikas“ genannt, ist ein Binnenstaat im Südosten Afrikas und grenzt an Sambia und Tansania. Malawi ist ein relativ junger Staat. Er erlangte seine Unabhängigkeit im Jahr 1964 und durchlief mehrere Regimewechsel, bevor er zu der Demokratie wurde, die er heute ist.

Malawi gehört weiterhin zu den zwanzig am wenigsten entwickelten Ländern weltweit, trotz erheblicher Anstrengungen und Reformen, um sein Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten. Der Agrarsektor ist dominant, insbesondere der Tabaksektor, und beschäftigt fast 80% der arbeitenden Bevölkerung (WorldBank, 2021). Demografisch gesehen, hat Malawi eine überwiegend ländliche Bevölkerung, die schnell wächst.

Bis zu einem gewissen Grad erklären diese Faktoren die folgende Realität: eines von fünf Kindern lebt von weniger als 1,00 USD pro Tag. Dennoch ist Malawis Wirtschaft in den letzten Jahren deutlich gewachsen (+4,4% in 2019, +3,5% in 2018). Diese positive Veränderung ist teilweise auf die Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion zurückzuführen, die auf Mais und andere Feldfrüchte ausgeweitet wurde (WorldBank, 2021).

Die meisten Menschen in Malawi sind von Armut betroffen, und das hat schwerwiegende Folgen. Der Zugang zu gesunder Nahrung, finanziellen Ressourcen, Gesundheits- und Bildungsdienstleistungen ist für die isolierte Bevölkerung eines Binnenstaates besonders schwierig. Armut und Ungleichheit in Malawi bleiben hartnäckig hoch, die Weltbank geht davon aus, dass mehr als die Hälfte der malawischen Bevölkerung von Armut betroffen ist (WorldBank, 2021) (HRC, 2020).

Status der Kinderrechte [1]

Kinder repräsentieren über 40% der malawischen Bevölkerung, daher ist ihr Schutz und die Durchsetzung ihrer Rechte entscheidend für die allgemeine Wahrung der Menschenrechte in Malawi. Malawis Einsatz für die Rechte der Kinder kann international, regional und innerstaatlich  beobachtet werden. Auf internationaler Ebene ist die Republik Malawi Mitglied der Vereinten Nationen. Unter der Schirmherrschaft der UNO und ihrer verschiedenen Gremien hat Malawi die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) ratifiziert.

In den Jahren 2009 und 2010 hat es zudem zwei Zusatzprotokolle zur KRK ratifiziert, das erste ist das Fakultativprotokoll zur KRK betreffend den Kinderhandel, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie. Dies war ein wichtiger Schritt für das Land, zumal Kinderhandel und Kinderprostitution aktive Probleme in Malawi sind, die die Regierung nur schwer bekämpfen kann. Das zweite Fakultativprotokoll ist das Fakultativprotokoll zur KRK über die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten. Malawi hat jedoch weder das Individualbeschwerdeverfahren nach der KRK noch das in Artikel 13 des Fakultativprotokolls über Kommunikationsverfahren verankerte Untersuchungsverfahren akzeptiert.

Auf regionaler Ebene ist Malawi Teil der Afrikanischen Union und ist 1999 der Afrikanischen Charta über die Rechte und das Wohlergehen des Kindes (ACRWC) von 1990 beigetreten. Die Charta ist ein wichtiges rechtliches Instrument, da sie die Rechte und den Status von Kindern festlegt. Als solches wird sie als entscheidend im Kampf gegen Kinderheirat angesehen, da ihr Artikel 21(2) besagt, dass „Kinderheirat und die Verlobung von Mädchen und Jungen verboten sind“ (Girls Not Brides, 2017). Das ACRWC erstellt außerdem einen Berichtsmechanismus, der sicherstellt, dass die Mitgliedstaaten zur Rechenschaft gezogen werden können.

Der Staat Malawi hat in den letzten Jahren mehrere nationale Gesetze und Regelungen erlassen, um die Rechte von Kindern weiter zu stärken. Eine der wichtigsten Änderungen war die Verfassungsänderung von 2017, durch die das Alter des Kindes von 16 auf 18 Jahre angehoben wurde. Damit erfüllte Malawi die Anforderungen gemäß der KRK, der ACRWC und die Empfehlungen des Allgemeinen Periodischen Überprüfungverfahrens (UPR) des UN-Menschenrechtsrats (HRC) von 2015. Auch die Vereinheitlichung der kinderbezogenen Gesetze auf nationaler Ebene ist nahezu abgeschlossen.

Auf gesetzlicher und strategischer Ebene sind außerdem die folgenden Gesetze und Maßnahmenpläne erwähnenswert: der HIV/AIDS Prevention Management Act (2018), der National Children’s Commission Act (2019), der Nationale Aktionsplan gegen Menschenhandel (2017-2022), die Nationale Strategie für heranwachsende Mädchen und junge Frauen (2018-2022), die Nationale Strategie zur Beendigung von Kinderehen (2018-2022) und der Nationale Aktionsplan gegen Kinderarbeit (2019-2025).  Während die tatsächlichen Auswirkungen dieser Maßnahmen weiter unten bewertet werden, zeigt dies zumindest die Absicht des Staates, die Kinderrechte weiter umzusetzen. 

Auf die Bedürfnisse von Kindern eingehen

Recht auf Identität 

Viele Kinder in Malawi werden als „unsichtbare“ Kinder bezeichnet – ihre Geburten sind nicht registriert, wodurch sie vom Gesetz nicht anerkannt werden. Die Geburtenregistrierung ist ein Grundrecht, da sie jedem Kind einen Namen, die Herkunft, die Nationalität und das Alter gibt. Sie ist auch ein Beweis für die Identität, die Existenz vor dem Gesetz und in den Augen der Gesellschaft. 

Glücklicherweise ist durch den National Registration Act seit Oktober 2018 die Geburtenregistrierung für alle in Malawi geborenen Kinder verpflichtend (HRC, 2020). Es ist nach wie vor für jedes Kind unter 16 Jahren möglich, sich registrieren zu lassen. Die Registrierung gewährleistet den Schutz vor Frühverheiratung, Kinderhandel, Rekrutierung von Minderjährigen zu Streitkräften und für Kinderarbeit. Sie wird außerdem Kinder davor schützen, als Erwachsene strafrechtlich verfolgt zu werden.  In seinem UPR äußerte der UN-Menschenrechtsrat seine Zufriedenheit über die jüngsten Gesetzesinitiativen Malawis (HRC, 2020). Die Registrierung stellt einen ersten Schritt zur Befolgung der KRK und der ACRWC durch Malawi dar. 

Recht auf Bildung

Malawis Bildungssystem folgt einem 8-4-4-System, d.h., acht Jahre Grundschulbildung, vier Jahre Sekundarschulbildung und vier Jahre Hochschulbildung. Bildung war lange Zeit von externen Faktoren abhängig. So wurde im Jahr 2002 ein signifikanter Rückgang der Schulbesuche von Kindern aufgrund der extremen Trockenperiode und der Zunahme von Armut festgestellt (World Bank, 2010). Darüber hinaus wird der Zugang zu Bildung zwar von geschlechtsspezifischen Belangen beeinflusst, aber Standort- und Einkommensunterschiede wirken sich stärker aus, wobei die arme und/oder ländliche Bevölkerung einen geringeren Zugang zu Bildung hat als in jene in städtischen Gebieten (World Bank, 2010).

Seit 2018 sind sowohl die Grundschul- als auch die Sekundarschulbildung gebührenfrei, wodurch der Zugang zu Bildung erleichtert werden soll. Dennoch besuchen nur 41% der malawischen Kinder eine Schule, und nur 20% der Kinder im Alter von 14-17 Jahren besuchten 2018 eine weiterführende Schule (National Statistical Office, 2019). Die Anzahl der Jungen und Mädchen, die nicht zur Schule gingen, deutete nicht auf eine diskriminierende Praxis in dieser Beziehung hin (für die Kategorie der 14-17-Jährigen: 698 754 männliche und 674 052 weibliche Jugendliche gingen nicht zur Schule).

Der jüngste Bericht über die Volks- und Haushaltszählung 2018 in Malawi gab jedoch an, dass 68,6% der Bevölkerung lesen und schreiben können, wobei ein Unterschied zwischen Männern und Frauen festgestellt wurde.  Es wurde auch eine Diskrepanz des Alphabetisierungsniveaus zwischen dem Norden und dem Süden des Landes festgestellt.

Fehlender Schulbesuch kann durch das Vorhandensein zahlreicher Barrieren, die Kinder daran hindern, die Schule zu besuchen erklärt werden. Zum einen können wirtschaftliche Einschränkungen die Möglichkeit eines Kindes, die Schule zu besuchen, beeinträchtigen. Manche Eltern können schulbezogene Ausgaben (Bücher, Uniformen) nicht bezahlen, während andere ihre Kinder zum Zweck der Hausarbeit von der Schule nehmen. Andererseits verhindern praktische Erwägungen wie große Entfernungen, unzureichende Infrastrukturen, das Fehlen von Wasser, Strom oder angemessenen sanitären Einrichtungen in den Schulen die Teilnahmemöglichkeit der Kinder am Schulbesuch.

In seinem UPR erwähnte der Menschenrechtsrat auch, dass Kinder Opfer von sexuellen Übergriffen in der Schule wurden (HRC, 2020). Insgesamt fehlt es den malawischen Schulen an Material, pädagogischen Werkzeugen und qualitativ hochwertigem Unterricht, um ihre Aufgabe zu erfüllen. 

Als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie wurden alle Schulen für fünf Monate geschlossen, beginnend im März 2020 (Kaponda, 2020). Die Schließung der Schulen verstärkte soziale Probleme, und ein Anstieg der Teenager-Schwangerschaften wurde auf die Schließung zurückgeführt. Die Regierung genehmigte die Wiedereröffnung der Schulen im September 2020 nach Fertigstellung und Einhaltung eines Hygieneleitfadens (Kaponda, 2020).

Recht auf Gesundheit

Malawi bekräftigt kontinuierlich seine Bemühungen, einen angemessenen Gesundheitsstandard zu fördern. Als Vertragspartei der KRK ist Malawi verpflichtet, den Zugang zu Gesundheitsdiensten und das Recht auf den höchsten erreichbaren Gesundheitsstandard zu gewährleisten, einschließlich der Bekämpfung von Kindersterblichkeit, Krankheit und Fehlernährung (Artikel 24 KRK). Die malawische Verfassung sieht vor, dass der Staat eine „angemessene Gesundheitsversorgung, entsprechend den gesundheitlichen Bedürfnissen der malawischen Gesellschaft und den internationalen Standards der Gesundheitsversorgung“ gewährleistet.

In Bezug auf Kinder sieht Artikel 23 der Verfassung vor, dass Kinder das Recht haben, vor wirtschaftlicher Ausbeutung oder vor jeder Behandlung, Arbeit oder Bestrafung geschützt zu werden, die für ihre Gesundheit schädlich ist oder sein könnte (Verfassung). Man wird jedoch feststellen, dass die Verfassung die Gesundheit von Kindern nicht als eigenständiges Recht anerkennt. Weiterhin enthalten mehrere nationale Gesetze Bestimmungen über das Recht auf Gesundheit von Kindern, insbesondere der Child Care, Justice and Protection Act. Schlussendlich stützt sich das gesamte malawische Gesundheitssystem auf den Public Health Act, der 1948 verabschiedet wurde. Dieser wurde zwar mehrfach geändert, gilt aber als veraltet und als nicht geeignet, neu entstehenden Problemen adäquat zu begegnen (UNFPA, 2016).

Eine Besonderheit des malawischen Gesundheitssystems ist sein dezentraler Aufbau. So sind viele gesundheitsbezogene Funktionen auf die Distrikte verteilt, wodurch es zu Ungleichheiten beim Zugang zu Gesundheitseinrichtungen und Behandlungen kommt. Während sich die gehobeneren  Schichten der Bevölkerung in privaten Einrichtungen behandeln lassen, sollte außerdem die Gesundheitsversorgung in allen staatlichen Einrichtungen kostenlos sein. Es wurden vermehrt Vereinbarungen zwischen der Regierung und der Christian Health Association of Malawi (CHAM) getroffen, um Gesundheitsdienste für Kinder im gesamten Gebiet anzubieten. Während diese Dienste ursprünglich privat waren, haben die Bezirksgesundheitsämter Vereinbarungen mit der CHAM getroffen, um kostenlose Gesundheitsdienste für Kinder anzubieten (Pattnaik, 2018).

Seit langer Zeit gibt es eine hohe Kindersterblichkeitsrate aufgrund verschiedener Krankheiten, von denen die meisten durch Impfung vermeidbar sind. Um die Kindersterblichkeit zu bekämpfen, wurde 1979 ein Programm ins Leben gerufen, das darauf abzielt, „die Morbiditäts- und Mortalitätsrate infolge von durch Impfung vermeidbaren Krankheiten durch Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Impfdiensten zu senken“ (Health Government, s.d.). Man geht davon aus, dass eine hohe Durchimpfungsrate erreicht worden ist. Bei der Umsetzung dieses Programms werden Kinder unter einem Jahr systematisch gegen verschiedene Krankheiten geimpft (z. B. Tuberkulose, Polio, Masern, Hepatitis B, Lungenentzündung).

Auf dem Gebiet der Impfstoffe für malawische Kinder gab es bedeutende Fortschritte. Im Jahr 2017 führte der Staat den weltweit ersten Malaria-Impfstoff für Kinder im Alter von 0-2 Jahren ein. Neben Kenia und Ghana, ist Malawi Teil dieses Pilotprogramms, koordiniert von der WHO. Der Impfstoff hat bereits gezeigt, dass 4 von 10 Fällen von Malaria verhindert werden können (HRC, 2020). Für die Impfung sind vier Dosen erforderlich, die zwischen 5 und 22 Monaten verabreicht werden. Die vollständige Umsetzung und der Erfolg dieses neuen Impfstoffs würden einen enormen Fortschritt bei der Reduzierung der Kindersterblichkeit in Malawi bedeuten (WHO, 2019).

Risikofaktoren – landesspezifische Herausforderungen

Kinderheirat 

Kinderheirat ist in Malawi nach wie vor allgemein verbreitet. Fast die Hälfte aller malawischen Mädchen sind vor dem 18. Lebensjahr verheiratet (die Mehrheit dieser Mädchen ist zwischen 16 und 18 Jahre alt) (Odhiambo, 2016). Es wird erwartet, dass die Vereinheitlichung aller Gesetze, die Kinder als Personen unter 18 Jahren definieren, dazu beitragen wird, diese Praxis zu reduzieren.  Die entscheidende Einschränkung bleibt jedoch, dass nach dem malawischen Rechtssystem Eheschließungen von Kindern zwischen 15 und 18 Jahren mit Zustimmung der Eltern weiterhin möglich sind (Human Rights Watch, 2015).

Somit werden Kinderehen bis zu einer weiteren Änderung der Verfassung nach wie vor legal sein (Odhiambo, 2016). Human Rights Watch schätzt, dass im Jahr 2020 eines von zwei Mädchen verheiratet ist, wenn es das 18. Lebensjahr erreicht hat (Randolph, 2020). Zusätzlich zur Verheiratung in jungen Jahren leiden 28% der Frauen von 15 bis 19 Jahren unter Gewalt durch Intimpartner (UNAIDS, 2019). 

Kinderhandel

Abschnitt 27 der malawischen Verfassung verbietet Sklaverei, Leibeigenschaft und Zwangsarbeit. Dieses Verbot hat sich mit der Verabschiedung des Gesetzes über den Menschenhandel (2015) weiterentwickelt. Dieses Gesetz schützt Kinder vor Ausbeutung, Missbrauch, Sklaverei, Leibeigenschaft und Zwangsarbeit, indem es solche Praktiken unter Strafe stellt (HRC, 2020). Obwohl noch Anstrengungen unternommen werden müssen, schaffte es Malawi im Jahr 2020 in die Kategorie Tier-2 des US-Berichts über Menschenhandel, was bedeutet, dass es sich auf dem gleichen Niveau wie die meisten EU-Länder befindet (Department of State, 2020). Diese Einstufung betrifft den Menschenhandel im Allgemeinen und ist nicht auf Kinder beschränkt. Sie zeigt jedoch eine Verbesserung in der Prävention sowie im Kampf gegen Kinderhandel.

Um die jüngsten gesetzlichen Entwicklungen durchzusetzen, hat die malawische Regierung eine spezielle Kinderschutzabteilung innerhalb der nationalen Polizei eingerichtet. Diese Sondereinheit arbeitet mit Grenzländern und internationalen Organisationen (insbesondere Interpol) zusammen, um den Kinderhandel zu bekämpfen. So rettete die Kinderschutzabteilung 121 Kinder im Jahr 2017 (HRC, 2020).

Der häufigste Kinderhandel zu arbeitsorientiertem Zweck findet in Malawi innerhalb des Landes statt. Jungen aus den südlichen Teilen des Landes sind besonders gefährdet und werden oft gezwungen, auf Tabakfarmen in den nördlichen Teilen des Landes zu arbeiten (Department of Labour, 2019). Schlepper beuten halbwüchsige Jungen zur Zwangsarbeit auf Farmen und junge Mädchen zur sexuellen Ausbeutung in Clubs oder Bars aus. Kinderhandel findet auch von Malawi aus in andere afrikanische (z. B. Tansania, Sambia, Mosambik) oder nahöstliche Länder statt (Department of State, 2020).

Kinderarbeit

Im Jahr 2017 waren 38% der Kinder im Alter von 5 bis 17 Jahren in Kinderarbeit tätig (HRC, 2020); fast 70% dieser Kinder arbeiteten in der Landwirtschaft (Department of Labour, 2019). Bis heute sind Kinder in den schlimmsten Formen der Kinderarbeit tätig, darunter in der Tabakernte und in der kommerziellen sexuellen Ausbeutung. Jungen werden auch in Viehfarmen und in der Ziegelindustrie beschäftigt. Jede dieser Formen von Kinderarbeit ist oft das Ergebnis von Kinderhandel (Department of Labour, 2019). Die  an der Tabakproduktion beteiligten Kinder  sind aufgrund der Nikotinaufnahme krankheitsgefährdet, sowie giftigen Substanzen (Pestizide, Chemikalien) ausgesetzt und arbeiten oft mit scharfen und gefährlichen Werkzeugen.

Nicht jede Kinderarbeit ist das Ergebnis von Kinderhandel. In der malawischen Landwirtschaft sind Pachtsysteme weit verbreitet. In Kürze: in einem Pachtsystem richtet sich die Bezahlung der Pächter nach der Menge und Qualität des an die Landbesitzer übergebenen Tabaks. Der finanzielle Anreiz bringt die Eltern oft dazu, ihre Kinder einzusetzen, um ihren Verdienst zu erhöhen. In diesem Teufelskreis ist es üblich, dass die Landbesitzer die Pachten während der Tabaksaison erhöhen, so dass es für die Pächter unmöglich ist, die Pacht zu zahlen, wodurch die Familien in eine nicht enden wollende Schuldknechtschaft geraten (Department of Labour, 2019). Viele Kinder gehen unter diesen Bedingungen auch nicht zur Schule.

Malawi hat alle wichtigen internationalen Instrumente bezüglich Kinderarbeit ratifiziert. Als letztes war 2019 die Ratifizierung des Protokolls zum Übereinkommen über Zwangsarbeit (2014), das Malawi verpflichtet, Maßnahmen zur Verhinderung und zum Schutz von Opfern von Kinderarbeit zu ergreifen. Dennoch bestehen weiterhin erhebliche Diskrepanzen zwischen internationalen Instrumenten und nationalen Gesetzen. In dem Versuch, Kinderarbeit abzuschaffen, hat die malawische Regierung nationale Aktionspläne zur Unterbindung von Kinderarbeit eingeführt.

Der erste Plan dauerte von 2012 bis 2017, der aktuelle Plan, der 2019 begann, wird bis 2025 durchgeführt. Obwohl im Laufe der Jahre mehrere Programme umgesetzt wurden, gibt es immer noch einige Lücken, vor allem aufgrund mangelnder Finanzierung. 2020 wurde das Projekt Child Labour Elimination in Action for Real Change (CLEAR) von der Stiftung zur Eliminierung von Kinderarbeit im Tabakanbau gestartet.  Auf seine konkreten Auswirkungen muss man noch warten. Allerdings betrifft dieses Programm nur den Tabaksektor.

Sexuelle Ausbeutung

 Für eine der schlimmsten Formen der Kinderarbeit werden junge Mädchen in Malawi regelmäßig zu sexueller Ausbeutung eingesetzt (Department of Labour, 2019). Die sexuelle Ausbeutung von Mädchen nimmt in der Regel zwei Formen an: einige Mädchen werden unter Drogen gesetzt, gruppenvergewaltigt und für kommerziellen Sex ausgebeutet; andere Mädchen werden in jungen Jahren zur Heirat gezwungen und dann von ihrem „Ehemann“ im Sexhandel ausgebeutet (Department of State, 2020). Während die sexuelle Ausbeutung hauptsächlich im Inland stattfindet, wurden malawische Opfer sexueller Ausbeutung auch im Ausland identifiziert (Mosambik, Südafrika, Sambia, Kenia, Irak, Kuwait, Saudi-Arabien) (Department of State, 2020).

Ein tragischerweise häufiges Szenario für die erste Form der sexuellen Ausbeutung besteht darin, dass junge Mädchen aus ländlichen Gebieten auf der Suche nach Arbeit in größere Städte ziehen. Sexuelle Ausbeuter locken vor allem Kinder aus ländlichen Gebieten an, indem sie Arbeitsmöglichkeiten, Essen und Unterkunft anbieten. Oft sind die Mädchen überfordert, sodass es zu sexueller kommerzieller Ausbeutung durch erzwungene Schulden kommt (Department of Labour, 2019) (Department of State, 2020).

Leider muss angemerkt werden, dass die Strafverfolgung nicht unbedingt einen sicheren Raum  für Kinder, die an Kinderarbeit beteiligt sind, schafft. In der Tat hat es Fälle gegeben, in denen Kinder Opfer von Missbrauch, einschließlich sexueller Erpressung, durch die Polizei wurden (Department of Labour, 2019).

Weibliche Genitalverstümmelung

 Die Praktiken der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) sind Teil der traditionellen Bräuche in der malawischen Kultur. Sie sind immer noch tief in der Gesellschaft verwurzelt und führen zu Diskriminierung und Marginalisierung junger Mädchen (HRC, 2020). Diese Praktiken wirken sich negativ auf die Bildung, Gesundheit, Freiheit und Würde von Mädchen aus (Chatora, 2015). Es gibt keine Daten über die Auswirkungen von FGM in Malawi. Es wird jedoch bestätigt, dass diese Praktiken fortbestehen. Verfügbare Informationen zeigen, dass diese Praktiken hauptsächlich in der südlichen Region des Landes vorkommen (Chatora, 2015).

FGM in Malawi bedeutet die teilweise oder vollständige Entfernung der weiblichen äußeren Genitalien zu nicht-medizinischen Zwecken. Der Mangel an Daten ist auf die Geheimhaltung dieser kulturellen Praktiken zurückzuführen. Zu den besagten Praktiken gehört oft, dass junge Mädchen in der Pubertät in eigens dafür gebaute Häuser in den Wald gebracht werden, um dort die „Initiation zur Frau“ zu vollziehen. Die dafür gebauten Camps werden nach Abschluss des Übergangsritus zerstört, sodass es schwierig ist, Daten über diese Praktiken zu sammeln (Chatora, 2015) (Orchid Project, 2018). 

Kinder mit AIDS (HIV)

Es wird geschätzt, dass etwa 65 000 Kinder im Alter von 0-14 Jahren mit HIV/AIDS leben. Die Risiken der Ansteckung mit Krankheiten wie Hepatitis A, Typhus und Malaria sind sehr hoch, während der Zugang zu Ärzten begrenzt ist. Allerdings ist die Zahl der HIV-Fälle im letzten Jahrzehnt stetig zurückgegangen. Dieser Rückgang ist das Ergebnis intensiver Maßnahmen, die in den letzten Jahren von der Regierung und der Zivilgesellschaft durchgeführt wurden.

Das HIV/AIDS-Gesetz von 2018 sieht die Prävention und das Management von HIV und AIDS vor und sichert gleichzeitig die Rechte und Pflichten der von HIV/AIDS betroffenen Personen. Darüber hinaus wurde eine Nationale Kommission eingerichtet, die für die Umsetzung des Gesetzes zuständig ist, indem sie beispielsweise das Recht auf Privatsphäre der betroffenen Menschen sicherstellt.

Dieses Gesetz ist Teil eines größeren Plans für die Jahre 2015-2020, der verschiedene Maßnahmen umfasst, darunter die Sensibilisierung für die HIV-Prävention, insbesondere durch Life Skills Education (LSE) für junge Menschen sowohl in der Schule als auch außerhalb der Schule (HRC, 2020). An LSE-Kursen nahmen 53 600 Kinder teil. Dies liegt jedoch deutlich unter den angestrebten 150 000. Der LSE-Unterricht kann auch durch schlechte Unterrichtsbedingungen und mangelnde Unterstützung der Gemeinde für den Sexualkundeunterricht beeinträchtigt werden (HRC, 2020) (Avert, 2019).

Trotz zahlreicher Bemühungen zum Thema HIV-Prävention/Behandlung bleiben kritische Einschränkungen bestehen. Diese Einschränkungen sind zweifacher Art. Zum einen gibt es kulturelle Barrieren, wie z. B., als Bestandteil der Kultur Malawis, mehrere und gleichzeitige Sexualpartner für Männer. Darüber hinaus ergab eine Studie aus dem Jahr 2013, die auf Befragungen verheirateter Frauen basiert, dass Ehen in Malawi durch starke geschlechtsspezifische Ungleichheiten gekennzeichnet sind und einen Risikofaktor für HIV-Infektionen bei Frauen darstellen.

Auf der anderen Seite sind auch die rechtlichen Barrieren problematisch. Zwar gibt es kein nationales Gesetz, das HIV-positive Menschen direkt diskriminiert, aber starke Strafgesetze, die Sexarbeit und gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr kriminalisieren, hindern die Zielgruppe (die Risikopopulation in Bezug auf HIV/AIDS) daran, sich behandeln zu lassen.

Geschrieben von Léa Allix

Übersetzt von Beate Dessewffy

Letzte Aktualisierung 13. Februar 2021

Quellenverzeichnis:

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[1] Dieser Artikel gibt keineswegs vor, eine vollständige oder repräsentative Darstellung der Kinderrechte in Malawi zu geben; eine der vielen Herausforderungen sind in der Tat die kaum aktualisierten Informationen über malawische Kinder. Viele dieser Informationen sind unzuverlässig, nicht repräsentativ, veraltet oder einfach nicht vorhanden.