Die Thematik von Konflikten, Terrorismus und der Verletzung von Kinderrechten ist angesichts der Ereignisse, die in den letzten Jahren in der Sahelzone stattgefunden haben, leider nicht neu. Aufgrund der den Konflikten innewohnenden Gewalt, der großen Migrationsströme und der dringenden humanitären Bedürfnisse werden den Kindern ihre Grundrechte und der Schutz vor den sie bedrohenden Gefahren, vorenthalten. Die Kinder in der Sahelzone müssen bekommen, was ihnen verwehrt wird: Zugang zu lebensnotwendigen Dienstleistungen und die Möglichkeit, alle ihre Rechte in Anspruch zu nehmen, genauso wie alle anderen Kinder auf der Welt.
Die Sicherheitslage und die Konflikte in der Sahelzone
Die Sahelzone stellt „den Übergangsraum dar, der im Norden die Sahara-Wüste und im Süden die Sudan-Zone trennt“. Dabei handelt es sich um eine afrikanische Region, die 10 Länder umfasst: Burkina Faso, Kamerun, Gambia, Guinea, Mali, Mauretanien, Niger, Nigeria, Senegal und Tschad. (Oxfam Frankreich, 2022).
Die Sahelzone ist zwar reich an menschlichem Ressourcen und Entwicklungsmöglichkeiten, doch sieht sie sich leider auch einer multidimensionalen Krise gegenüber. Tatsächlich werden zahlreiche Krisen und Konflikte in der Region durch die tiefgreifenden Ungerechtigkeiten angeheizt, die bestimmte Bevölkerungsschichten innerhalb der Region trennen: politische Krisen, Zwangsumsiedlungen, humanitäre, wirtschaftliche, ökologische, klimatische, ernährungs- und sicherheitspolitische Krisen. (Oxfam Frankreich, 2022).
Es handelt sich um nichtstaatliche bewaffnete Gruppen, die groß angelegte Angriffe auf zivile und militärische Ziele verüben und sich um die Kontrolle und den Einfluss auf Gebiete und den Zugang zu Ressourcen bekämpfen. Gewalttätige extremistische Gruppen und Terrorismus zielen ganz spezifisch „häufig auf Grenzgebiete ab, insbesondere auf das Dreiländereck von Burkina Faso, Mali und Niger, die Region Liptako-Gourma“. (UN Info, 2023).
Kinder sind am stärksten von der zunehmenden Migration betroffen
Die zentrale Sahelzone, die unter anderem Burkina Faso, Mali, Mauretanien und Niger umfasst, leidet unter einer schweren humanitären und Schutzkrise, die bereits Millionen von Menschen, darunter viele Kinder, dazu gezwungen hat, ihre Heimat zu verlassen. (UNHCR, 2023). Dies wird hier anhand von Schlüsselzahlen bezüglich der betroffenen Länder veranschaulicht:
- Elfenbeinküste: 37.685 Ankünfte, darunter 10.867 Kinder im schulpflichtigen Alter.
- Ghana: 15.000 Ankömmlinge, hauptsächlich aus Burkina Faso, darunter 1.416 Kinder.
- Togo: 18.429 Binnenvertriebene, darunter 9.030 Kinder.
- Benin: 23.533 Binnenvertriebene, darunter 14.120 Kinder. (UNICEF, 2024).
Insgesamt sind laut UNICEF 994.000 der 1,6 Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen, die in Aufnahmeeinrichtungen untergebracht sind, Kinder. (UNICEF, 2024).
Die humanitären Bedürfnisse der Kinder in der Sahelzone
Aufgrund der häufigen grenzüberschreitenden und innerstaatlichen Vertreibung von Menschen, insbesondere wegen der Konflikte in der Sahelzone, werden die ohnehin schon schwachen sozialen Dienste in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Bildung auf eine harte Probe gestellt, und der Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen wie Nahrung, Trinkwasser und Wohnraum, die ebenfalls bereits stark eingeschränkt sind, ist äußerst problematisch. (UNICEF, 2024). Schätzungsweise sind etwa 46,7 Millionen Kinder in Westafrika mit fehlenden lebensnotwendigen humanitären Bedürfnissen konfrontiert. (UNICEF, 2023).
Ernährungsbedarf
Die Raten von Unterernährung und Wachstumsstörungen bei Kindern unter fünf Jahren in der Sahelzone gehören zu den höchsten der Welt. (United Nations Development Programme, 2024). Die Folgen von Unterernährung und Hunger bedrohen mehr als 4 Millionen Kinder unter fünf Jahren, was 35% der Gesamtbevölkerung unter fünf Jahren entspricht. (Save the Children, 2022).
In Mali, Niger und Burkina Faso werden Klimawandel, Konflikte und die durch die Pandemie verursachte steigende Armut zu einer folgenschweren Zeit zwischen Ernte und Pflanzung führen, wodurch die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln gefährdet wird und betroffene Familien ihre täglichen Mahlzeiten noch weiter einschränken müssen. (Save the Children, 2022).
Bedarf an Zugang zu Bildung
Aufgrund der Zunahme der Gewalt in der Sahelzone, insbesondere in Burkina Faso, Niger und Mali, wurden fast 7.800 Grundschulen geschlossen, was einem Anstieg der Schließungen um 20% im letzten Jahr entspricht. Im Juni 2023 erhielten folglich etwa 1,4 Millionen Kinder nicht mehr die Bildung und Fähigkeiten, die sie benötigen, um als Erwachsene am Leben ihrer Gemeinschaft teilzunehmen. (Save the Children, 2023).
Unter diesen Bedingungen gehen Kinder und Jugendliche nicht zur Schule und sind dadurch der Gefahr von Ausbeutung, Kinderheirat und Migration ausgesetzt. Dies gilt insbesondere für unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder sowie für geschlechtsspezifische Gewalt, von der Mädchen überproportional betroffen sind. (UNICEF, 2024). Darüber hinaus wurden in allen drei Ländern Schulen geschlossen, um die Ausbreitung der Pandemie zu bremsen, wodurch die Bildung von etwa 13 Millionen Kindern, die vorübergehend nicht zur Schule gehen konnten, unterbrochen wurde. (Save the Children, 2020).
Gesundheitliche Bedürfnisse
Die Gesundheitsindikatoren in der Sahelzone gehören zu den schlechtesten der Welt. Die Region weist mit 856 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten eine der höchsten Müttersterblichkeitsraten der Welt auf, was auf den unzureichenden Zugang zur Gesundheitsversorgung für Mütter und zur Fortpflanzungsmedizin sowie auf die hohe Prävalenz von Frühehen zurückzuführen ist.
Bewaffnete Angriffe auf Zivilisten und öffentliche Infrastrukturen, einschließlich Gesundheitseinrichtungen und Schulen, in Verbindung mit Dürre, Bodenverschlechterung und unberechenbarem Klima verschärfen die Notlage von Millionen Menschen in der Sahelzone. (World Health Organization, 2022).
Kinder in der Sahelzone leiden unter einem eklatanten Mangel an Wasser, sanitären Einrichtungen und Hygiene. Die Unterstützung der Grundversorgung verlangt nach längerfristigen, nachhaltigen Lösungen, die diesen gefährdeten Gemeinschaften zugutekommen, insbesondere den Kindern, deren Gesundheit und Wohlergehen davon abhängen. (UNICEF, 2024).
Kinder erfordern zusätzliche Wachsamkeit und Schutz
Der Konflikthintergrund in der Sahelzone, Migration, Unterernährung, Schulabbruch, Mangel an Wasser, Hygiene und Gesundheitsversorgung – das ist die Abwärtsspirale, der Kinder in der Sahelzone tagtäglich ausgesetzt sind.
Auch der Klimawandel stellt eine zunehmende Bedrohung für die Sahelzone dar, da steigende Temperaturen, der Meeresspiegel und schwankende Niederschlagsmuster sich negativ auf die Lebensgrundlagen, die Ernährungssicherheit, die Gesundheit und das Wirtschaftswachstum auswirken und zu weiteren Konflikten führen können. (United Nations Development Programme, 2024). Zu allem Überfluss ist der Mangel an Finanzmitteln weiterhin ein großes Hindernis für die humanitäre Hilfe in der Region. (UNICEF, 2023).
Um das Wohlergehen und den kontinuierlichen Schutz von Kindern zu gewährleisten, müssen folgende Maßnahmen von der internationalen Gemeinschaft vor Ort und den wichtigsten staatlichen Akteuren in den Sahel-Ländern umgesetzt werden:
- Einführung der für Kinder lebensnotwendigen Pflege und Verabreichung von Impfungen, insbesondere gegen Masern und Malaria (Malaria Consortium, 2015);
- Behandlung von schwerer Auszehrung bei Kindern im Alter von 6 bis 59 Monaten;
- Gewährleistung des Zugangs zu Wasser in ausreichender Menge und Qualität für den Verbrauch und den häuslichen Bedarf (UNICEF, 2023);
- Bereitstellung eines Notfall-Bildungsprogramms, das Kinderschutz, psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung integriert (Save the Children, 2022);
- Erfüllung der grundlegenden moralischen und rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Kindern gemäß dem humanitären Völkerrecht und den Menschenrechten durch die Konfliktparteien, d.h. Schulen vor militärischer Nutzung schützen, Verbot von Nahrungsentzug als Kriegswaffe, keine Behinderung des Zugangs zu Gesundheitsdiensten und sauberem Wasser (Save the Children, 2020).
Aufgrund der ernsten Lage in einigen Ländern der Sahelzone ist es dringend erforderlich, humanitäre Nothilfe für die folgenden Länder zu leisten:
- Burkina Faso, aufgrund der seit 2019 verschärften multidimensionalen humanitären Krise;
- Kamerun, aufgrund komplexer und vielschichtiger Krisen wie bewaffneten Konflikten und Gewalt benötigen 2,5 Millionen Kinder dringend humanitäre Hilfe;
- Mali, wo mehr als 40% der Bevölkerung einen wachsenden und beispiellosen humanitären Bedarf haben;
- Niger, dessen Kinder weiterhin mit anhaltenden bewaffneten Konflikten, Klimakatastrophen, Ernährungsnotfällen und Epidemien konfrontiert sind;
- Nigeria, dessen bewaffneter Konflikt weiterhin das Leben und die Zukunftsaussichten von 60% der Kinder beeinträchtigt (UNICEF, 2023).
Humanium bemüht sich durch seine eigenen Projekte, eine Welt zu schaffen, in der die Rechte der Kinder auf Bildung und Gesundheit immer respektiert werden. Wenn Sie Humaniums unterstützen möchten, können Sie dies durch eine Spende, ehrenamtliche Tätigkeit oder eine Mitgliedschaft tun.
Verfasst von Moïra Phuöng Van de Poël
Übersetzt von Margit Bertling
Korrektur gelesen von Beate Dessewffy
Quellenverzeichnis:
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