Das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt wurde offiziell als eines der grundlegenden Menschenrechte anerkannt. Dies ist ein sehr wichtiger Schritt nach vorn, der am 8. Oktober 2021 gemacht wurde, als der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC) die Resolution 48/13 verabschiedete, in der die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zur Zusammenarbeit bei der Umsetzung dieses Menschenrechts aufgerufen werden. Am selben Tag verabschiedete der Menschenrechtsrat die Resolution 48/14 , mit der auch das Amt eines Sonderberichterstatters für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte im Zusammenhang mit dem Klimawandel geschaffen wurde.
Die Anerkennung des Rechts auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt ist ein wichtiger Schritt für eine Welt, in der fast ein Viertel aller jährlichen Todesfälle in Zusammenhang mit Umweltgefahren steht. In der Tat lassen uns die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichten Zahlen nachdenklich werden: Schätzungsweise stehen 24% aller weltweiten Todesfälle im Zusammenhang mit der Umwelt, was in etwa 13,7 Millionen jährlichen Todesfällen entspricht (World Health Organization, 2021). Zu diesen Risiken zählt die WHO Faktoren wie Luftverschmutzung und die Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen (WHO, 2021).
Vor der Resolution 48/13: nationaler, regionaler und internationaler Überblick
Das Recht auf eine gesunde Umwelt ist bereits mit unterschiedlichen Formulierungen in den Staatsgesetzen von mehr als 150 Ländern anerkannt, die die Bedeutung der Umweltbedingungen für die Existenz und das Wohlbefinden der Menschheit anerkennen (EJIL:Talk!, 2021).
Auf regionaler Ebene wurde das Recht auf eine gesunde Umwelt bisher in regionalen Menschenrechtsverträgen (in Afrika und Lateinamerika) sowie in „sektoralen“ Verträgen über den Zugang zu Informationen, Gerichten und die öffentliche Beteiligung in Umweltangelegenheiten (in Europa und Lateinamerika) verankert (EJIL:Talk!, 2021). Auf europäischer Ebene verabschiedete die Parlamentarische Versammlung des Europarats im September 2021 die Resolution, die die Annahme eines Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention unterstützt, um das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt im europäischen Menschenrechtssystem zu verankern (Parliamentary Assembly, 2021).
Auf der Ebene der Vereinten Nationen befasst sich der Menschenrechtsrat seit 2012 mit dem Thema Menschenrechte und Umwelt (EJIL:Talk!, 2021). 2018 kam der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Umwelt nach der Prüfung umfangreicher Rechtsprechungen und Literatur zu dem Schluss, dass die ausdrückliche Anerkennung des Rechts auf eine gesunde Umwelt reale und wirksame Vorteile bieten würde, wie etwa eine Aufwertung der Bedeutung des Umweltschutzes auf rechtlicher Ebene und eine Grundlage für den Erlass strengerer Umweltgesetze, die auch Möglichkeiten für einen besseren Zugang zur Justiz schaffen würden (Universal Rights Group , 2018).
Nach Ansicht des Sonderberichterstatters spiegelt das Recht auf eine gesunde Umwelt in einer Welt, die allzu oft die Unterschiede zwischen den Menschen hervorhebt, eine grundlegende Wahrheit wider, die uns alle vereinen sollte (OHCHR, 2021). Die Gesundheit und die Lebensqualität aller Menschen hängen von sauberer Luft, sicherem Wasser, nachhaltig produzierten Lebensmitteln, einem stabilen Klima und einer gesunden biologischen Vielfalt und gesunden Ökosystemen ab.
Die ausdrückliche Anerkennung des Rechts auf eine gesunde Umwelt würde Einzelpersonen, Gruppen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Justiz ermöglichen, zu einer besseren Umsetzung und Durchsetzung von Umweltgesetzen beizutragen (OHCHR, 2021). Auf dieser Grundlage empfahl der Sonderberichterstatter dem Menschenrechtsrat, dieses Recht in einem globalen Instrument, wie einer Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen, anzuerkennen (OHCHR, 2021). Die Aktivitäten im Zusammenhang mit der Anerkennung dieses Rechts gipfelten in der Verabschiedung der Resolution 48/13 am 8. Oktober 2021.
Schritte zur Resolution 48/13
Den Vorschlag zur Verabschiedung der Resolution 48/13 hatten Costa Rica, die Malediven, Marokko, Slowenien und die Schweiz gemacht und erhielten mit großer Mehrheit grünes Licht: 43 Fürstimmen, vier Enthaltungen (UN News, 2021). Die Länder, die nicht für die Anerkennung der Umwelt als grundlegendes Menschenrecht stimmten, waren China, Japan, Indien und Russland (UN News, 2021). Spannend war das Votum Großbritanniens, das sich in letzter Zeit skeptisch über den Vorschlag geäußert hatte, am Ende aber dafür stimmte (Un News, 2021).
Der Menschenrechtsrat erkannte zum ersten Mal an, dass eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt tatsächlich ein Menschenrecht ist, und rief die Staaten auf, gemeinsam und mit anderen Partnern an der Umsetzung dieses neu anerkannten Rechts zu arbeiten.
Der Wortlaut der Resolution verdeutlich dies in der Tat: „Der Rat erkennt das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt an und ermutigt die Staaten, Maßnahmen zu ergreifen, um das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt, gegebenenfalls auch im Hinblick auf die biologische Vielfalt und die Ökosysteme, zu verwirklichen, und ersucht die Generalversammlung, dieses Anliegen zu prüfen.“ (Resolution 48/13, 2021)
Es ist von entscheidender Bedeutung, sich daran zu erinnern, dass es bei der entschlossenen Aktion des Menschenrechtsrats zur Anerkennung des Menschenrechts auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt um den Schutz der Menschen und des Planeten geht: die Luft, die wir atmen, das Wasser, das wir trinken, die Nahrung, die wir zu uns nehmen. Es geht auch um den Schutz der natürlichen Systeme, die grundlegenden Voraussetzungen für das Leben und den Lebensunterhalt aller Menschen sind, wo immer sie leben (OHCHR, 2021).
Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, begrüßte diese historische Entscheidung und rief die Staaten dazu auf, „mutige Maßnahmen zu ergreifen, um dem Recht auf eine gesunde Umwelt sofortige und reale Wirkung zu verleihen“ (OHCR, 2021). Michelle Bachelet begrüßte auch die Tatsache, dass die Resolution „eindeutig anerkennt, dass Umweltzerstörung und Klimawandel mit Menschenrechtskrisen verbunden sind“, und erklärte, es sei von entscheidender Bedeutung, „dass diese Resolution über das Recht auf Umwelt als Sprungbrett für eine stärkere Förderung einer Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik dient, die Mensch und Natur schützt“ (OHCHR, 2021).
Darüber hinaus kommentierte David Boyd, UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Umwelt, die Verabschiedung der Resolution mit den Worten: „Die Zukunft der Welt sieht heute etwas positiver aus. Die Vereinten Nationen haben in einer historischen Entscheidung zum ersten Mal anerkannt, dass jeder Mensch überall das Menschenrecht hat, in einer sicheren, sauberen, gesunden und nachhaltigen Umwelt zu leben. Dies hat das Potenzial, das Leben in einer Welt zu verändern, in der die globale Umweltkrise jedes Jahr mehr als 9 Millionen vorzeitige Todesfälle verursacht, und wird Verfassungsänderungen und strengere Umweltgesetze auslösen, mit positiven Auswirkungen auf Luftqualität, sauberes Wasser, gesunde Böden, nachhaltig produzierte Lebensmittel, grüne Energie, Klimawandel, biologische Vielfalt und den Umgang mit Giftstoffen.“ (Geneva Environment Network, 2021)
Laut Inger Andersen, Exekutivdirektorin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), ist „die Verabschiedung der Resolution über das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ein Wendepunkt für die Umweltgerechtigkeit“. (UN-Environment Programme, 2021) Inger Andersen ist ebenfalls der Meinung, dass die Annahme dieser Resolution eine Botschaft an eine Milliarde Kinder ist, die von den Auswirkungen des Klimawandels besonders stark bedroht sind. „Eine gesunde Umwelt ist dein Recht; niemand kann dir deine Natur, saubere Luft und Wasser oder ein stabiles Klima wegnehmen. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen sieht dies als einen wichtigen Schritt, um den Planeten zu einem sicheren und gerechten Zuhause für alle zu machen.“ (UN Environment Programme, 2021)
Dieses Recht ist tatsächlich in der Stockholmer Erklärung von 1972 verankert. Fünf Jahrzehnte später ist es sehr ermutigend zu sehen, dass es durch eine Resolution des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen formell und weltweit anerkannt wird.
Bedeutung und praktische Auswirkungen der Resolution 48/13
Auch wenn die Resolution 48/13 nicht rechtsverbindlich ist, sollte ihr Wert nicht unterschätzt werden. In der Tat bestätigt diese Resolution, dass das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt universell geschützt werden sollte, und sie könnte die Bemühungen um eine formelle Anerkennung des Rechts auf eine gesunde Umwelt durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen, den Europarat und diejenigen Staaten unterstützen, die dieses Recht in ihren nationalen Rechtssystemen noch nicht ausdrücklich vorsehen (EJIL:Talk!, 2021).
Die formelle Anerkennung des Rechts auf eine gesunde Umwelt als universelles Menschenrecht auf Ebene der Vereinten Nationen macht nun glasklar, dass alle Staaten verpflichtet sind, dieses Recht zu schützen, zu achten und zu erfüllen (OHCHR, 2021). Dies wird die Staaten auf nationaler Ebene stärker darin unterstützen, ihre Leistungen in Umweltfragen zu verbessern, einschließlich derjenigen, die das Recht auf eine gesunde Umwelt in ihrer nationalen Gesetzgebung noch nicht formell anerkannt haben (OHCHR, 2021). Es wird auch einen dringend benötigten Impuls für weitere Maßnahmen auf der Grundlage der globalen Rechte angesichts der Umwelt– und Klimakrise geben (Global Alliance of National Human Rights Institutions (GANHRI, 2021).
Darüber hinaus ist der Anwendungsbereich der Resolution 48/13 sogar noch weiter gefasst, da sie ein zusätzliches Instrument darstellt, um staatliche und unternehmerische Akteure anzufechten, die es versäumt haben, rechtzeitig und angemessen gegen die dreifache Umweltkrise – Klimawandel, Umweltverschmutzung und Naturverlust – vorzugehen (OHCHR, 2021). Da nationale Gerichtsentscheidungen häufig auf dem Recht auf eine gesunde Umwelt beruhen, selbst in Ländern, in denen dieses Recht nicht ausdrücklich im nationalen Recht anerkannt ist, kann diese Resolution außerdem fortschrittliche Richter bei der Entscheidung von Umweltstreitigkeiten auf der ganzen Welt ermutigen (EJIL:Talk!, 2021).
Tatsächlich ist diese Resolution besonders wichtig für alle Menschenrechtsverteidiger im Umweltbereich, die sich – oft unter großem persönlichen Risiko – für den Schutz von Land, Luft, Wasser und Ökosystemen einsetzen, von denen wir alle abhängen (Devex, 2021). Sie ist auch für die Menschen und Gemeinschaften von entscheidender Bedeutung, die unverhältnismäßig stark unter den Auswirkungen der Umweltzerstörung leiden, darunter Frauen, Kinder, indigene Völker und andere potenziell gefährdete und marginalisierte Bevölkerungsgruppen (Devex, 2021). Daher werden die Regierungen nach dieser Resolution dringend aufgefordert, das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt in ihre Verfassungen und Gesetze aufzunehmen (OHCHR, 2021).
Sonderberichterstatter im Zusammenhang mit dem Klimawandel (Resolution 48/14)
Auf derselben Tagung beschloss der Rat, für einen Zeitraum von drei Jahren einen Sonderberichterstatter für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu ernennen (OHCHR, 2021). Die Resolution 48/14 wurde mit 42 Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme (Russland) und vier Enthaltungen (China, Eritrea, Indien, Japan) angenommen (OHCHR, 2021).
Die Resolution wurde von den Bahamas, der Europäischen Union, den Fidschi-Inseln, Panama, Paraguay, dem Sudan und den Marshall-Inseln vorgelegt und sieht vor, dass der Sonderberichterstatter unter anderem die Aufgabe hat, zu untersuchen und zu ermitteln, wie sich die nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels auf die uneingeschränkte und wirksame Wahrnehmung der Menschenrechte auswirken, den Staaten Orientierungshilfen für die Annahme eines menschenrechtsbasierten Ansatzes für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zur Abschwächung des Klimawandels zu geben sowie eng mit den Staaten zusammenzuarbeiten, um die nationalen Bemühungen zu unterstützen und dabei die länderspezifischen Herausforderungen zu berücksichtigen (OHCHR, 2021). Es ist nun an der Zeit, das internationale Bewusstsein und Verständnis für die tiefgreifende Interdependenz zwischen Menschenrechten, einer gesunden Umwelt und der Bekämpfung des Klimawandels zu schärfen.
Nachhaltig voranschreiten
Die Verabschiedung der Resolutionen 48/13 und 48/14 zeigt, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Menschenrechte im Umweltrecht und in der Umweltpolitik gewachsen ist. Die Resolutionen wurden im Zuge einer Welle globaler Lobbyarbeit verabschiedet, die darauf abzielt, die Lücken in der Rechenschaftspflicht und der Durchsetzung zu schließen, die seit jeher die Umweltpolitik auf internationaler und nationaler Ebene behindern.
Humanium hat sich zusammen mit anderen internationalen Nichtregierungsorganisationen im Rahmen der Arbeitsgruppe Umwelt für die Anerkennung des Rechts auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt eingesetzt und ist daher sehr stolz auf diesen Meilenstein, der auf der Ebene der Vereinten Nationen erreicht wurde. Es ist in der Tat wichtig, sich einen Moment Zeit zu nehmen, um mehr als 1.300 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gruppen indigener Völker, den 90.000 Kindern auf der ganzen Welt, der Globalen Allianz der nationalen Menschenrechtsinstitutionen (GANHRI) und Interessenvertretern aus dem Privatsektor für ihr unermüdliches Eintreten für die vollständige internationale Anerkennung dieses Rechts zu danken (OHCHR, 2021).
Schließlich hat der Menschenrechtsrat mit seinem Beschluss einen weiteren Schritt in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung getan. Es bleibt jedoch abzuwarten, welche konkreten Änderungen die einzelnen Staaten in naher Zukunft vornehmen werden. Nur die Zeit wird uns zeigen, wie sehr sich die Welt am 8. Oktober 2021 verändert hat.
Wenn Sie zu einer nachhaltigeren Welt für Kinder beitragen möchten, können Sie spenden, sich ehrenamtlich engagieren oder unser Mitglied werden.
Geschrieben von Federica Versea
Übersetzt von Claudia Cornelia Goecke
Korrektur gelesen von Beate Dessewffy
Weitere Informationen:
Volltext der Resolution 48/13 (Englisch)
Volltext der Resolution 48/14 (Englisch)